Marco Gruemmer

Volkstrauertag: „Gedanken und Trauern im Zeichen der Hoffnung“

Lensahn. „Heute richten wir unsere Gedanken an all diejenigen, die in dieser Welt unter der Herrschaft von Gewalt und Terror leben und leiden müssen“, eröffnete Pastor Hans Hillmann den als Friedensgottesdienst titulierten Gottesdienst zum Volkstrauertag in der St. Katharinen-Kirche in Lensahn. Die Menschen waren am vergangenen Sonntag in vielen Städten und Orten unserer Region zusammengekommen, um allen Opfern von Gewalt und Krieg zu gedenken – den Kindern, Frauen und Männern aller Völker. Dies wird in Deutschland – in wechselnder Art und Weise – nunmehr seit 1919, sprich seit mehr als 100 Jahren getan. Dabei wird nicht nur der Opfer der beiden Weltkriege gedacht, sondern auch der Opfer von Kriegshandlungen, Gefangenschaft, Vertreibung, Flucht, Terror und politischer Verfolgung.

Gedenken an beschämendes Kapitel ostholsteinischer Geschichte

In vielen Kirchengemeinden im Kirchenkreis Ostholstein galt das Gedenken diesmal vor allem den Kindern von Zwangsarbeiterinnen, die im sogenannten „Kinderheim Ost“ in Lensahn nur wenige Tage oder Monate nach der Geburt starben. Die Baracke im Schwienkuhler Weg war vor 80 Jahren vom NS-Regime für den damaligen Landkreis Oldenburg errichtet worden. Zwischen 1944 und 1945 kamen von den 63 dort geborenen Säuglingen 34 ums Leben.

In der eher einer Kinderverwahranstalt als einem Kinderheim gleichenden Baracke wurden polnische und sowjetische Zwangsarbeiterinnen untergebracht, die kurz vor der Entbindung standen und nach der Geburt möglichst schnell wieder zum Arbeitseinsatz geschickt werden sollten. Nur alle zwei Wochen durften sie ihre Kinder sonntags besuchen. Neben einem Gebet für die Menschen wurden von Pastor Hillmann auch die Namen der Kinder in Gottesdiensten zu Gehör gebracht.

Kinder von Zwangsarbeiterinnen galten im nationalsozialistischen Deutschland als unerwünscht. Wurden Frauen trotz ihrer ohnehin prekären Lebensumstände schwanger, wurden viele von ihnen zu Abtreibungen genötigt. Andere mussten ihre Neugeborenen in einfachsten Einrichtungen wie der in Lensahn abgeben.

„Für mich als Bundeswehrsoldat, der sich 2009 für den Dienst an der Waffe entschieden hat, bedeutet der Volkstrauertag vor allem die Erinnerung an die 119 Bundeswehrsoldaten, die ihr Leben in den Auslandseinsätzen der Bundeswehr sowie in sogenannten anerkannten Missionen verloren, weit entfernt von der Heimat – in Kambodscha, Georgien, Bosnien, dem Kosovo, in Afghanistan, dem Irak, Mali und Litauen. 37 von ihnen fielen in Gefechten oder wurden bei Anschlägen getötet.

Insgesamt gedenken und trauern wir exakt um 3.421 Soldaten, Soldatinnen und zivile Mitarbeitende der Bundeswehr, die seit 1956 ihr Leben im Dienst ließen. Unser Gedenken und Trauern steht dabei immer im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern und damit im Zeichen der Hoffnung auf eine bessere, ja friedlichere Zukunft“, sagte Major David Cacic, Kompaniechef der Lensahner Patenkompanie. Er ergänzte: „Die Hoffnung allein ist kein handlungsleitendes Planungsprinzip für eine sichere und gerechte Welt sowie ein friedfertiges Miteinander aller Völker. Aus meiner Sicht benötigt es dafür unseres kräftigen Zutuns. Dementsprechend ist auch das heutige Totengedenken für mich erneut eine lebendige Erinnerung an unsere Verantwortung für Frieden unter den Menschen zu sorgen, zu Hause und in der ganzen Welt und wider den kollektiven Irrglauben, dass die Menschheit ihre Lektion bereits gelernt hätte. Und wenn ich hier heute als Soldat stehe, dann macht es mir noch mehr Mut zu sehen, dass ich, dass wir Soldaten uns nicht alleine auf den Weg gemacht haben und machen. Denn ich sehe nicht nur heute hier vor mir viele engagierte Bürgerinnen und Bürger, Vertreter von Vereinen und weiteren Blaulichtorganisationen, die bereit sind ihren Beitrag für Frieden und Freiheit wehrhafter Demokratien zu leisten.“ (mg)


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