„In Eutin wird es sicher auch in 30 Jahren eine Buchhandlung geben“
Reporter Eutin
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Eutin (aj). Als Jan Hoffmann mit der Idee kam, einen TikTok-Account für die Buchhandlung einzurichten, waren seine Mitarbeiterinnen Sarah Natusch und Mareile Hintz zunächst skeptisch. Mittlerweile sind sie nicht nur Expertinnen, sie haben mit ihrem Wissen und ihrem Gespür für Bücher, Menschen und dafür, beides auch digital zu verbinden, einen Preis gewonnen. In der größten Halle der Frankfurter Buchmesse konnten sie den TikTok-Award als „Beste unabhängige Buchhandlung“ entgegennehmen. Ein Erfolg, der nicht nur zeigt, dass der Eutiner Buchhandlung Hoffmann der Brückenschlag zwischen Büchern und neuen Medien gelingt, sondern auch etwas über die Verbindung zwischen den Kund*innen, Follower*innen und ihren Buchprofis und damit über den Stellenwert des Buches an sich aussagt. Nachdem es von 20 Buchhandlungen auf der Longlist vier in die finale Auswahl geschafft hatte, war die jeweilige Community gefragt. „Und obwohl wir mit 1.500 Follower*innen deutlich kleiner sind als die anderen, haben wir es geschafft“, erklärt Sarah Natusch stolz. TikTok verleiht Preise in vielen Bereichen, der Kanal BookTok aber erhält eine eigene Bühne. Bücher zu lesen und darüber zu sprechen, dafür hat sich die Plattform während der Coronazeit etabliert: „Es geht um Austausch“, erläutert Mareile Hintz. Für diesen Austausch muss man am Ball bleiben, wissen, welche Lieder und Trends angesagt sind, kurz: die TikTok-Sprache beherrschen. Im Vergleich mit Instagram, wo ein gutes Foto mit einer stimmigen Zeile funktioniert, fordert ein sorgfältig betriebener TikTok-Kanal deutlich mehr Aufmerksamkeit: „Das macht man nicht mal nebenbei“, betonen Natusch und Hintz.
Auch wenn Inhaber Jan Hoffmann früh erkannt hat, dass das Internet eine Konkurrenz ist, die man sich zunutze machen muss, deshalb zeitgleich mit Amazon einen Onlineshop eröffnet hat, Social Media bespielt, nicht nur während der Pandemie auf digitalem Weg Bücher verkauft und natürlich auch E-Books anbietet, hat er das Konzept der Buchhandlung in der Stadt beständig weiterentwickelt – räumlich und inhaltlich. Das Fachgeschäft in der Peterstraße beschreibt er so: „Seit Jahrzehnten nennen wir uns DIE Buchhandlung in Ostholstein und sind als solche für Familien, Behörden, Firmen gleichermaßen Anlaufpunkt.“ Diese Bandbreite sieht er gleichermaßen als Herausforderung und Chance.
Im breitgefächerten Sortiment Schwerpunkte zu setzen, ist eine Hoffmannsche Antwort auf den schnellen Kauf im Internet: „Wir haben den Sachbuchbereich verstärkt, sind zum Beispiel Buchpartner des Deutschen Gartenbuchpreises“, erklärt Jan Hoffmann. Eine Auswahl, die ein qualitätsbewusstes Publikum ansprechen soll. Dass auch das besondere Buch Interesse wecken kann, hat er früh beobachtet. Nach seiner Ausbildung in einer Universitätsbuchhandlung im Harz arbeitete er in Hamburg in Norddeutschlands größter technischer Buchhandlung. Dort wuchs in den Abteilungen für Astronomie und Unterhaltsame Mathematik die Erkenntnis: „Wenn es zur Zielgruppe passt, kann man die verrücktesten Sachen anbieten.“
Verrückt ist nicht das passende Attribut für die junge Literatur, die unter dem Begriff „New Adult“ längst eine eigene Marke geworden ist, gleichwohl hat dieser Lesestoff mit Sicherheit dazu beigetragen, dass vermeintlich konservative Grenzen für die entsprechende Zielgruppe nicht mehr gültig sind. Hier wird zum Beispiel die queere Liebe selbstverständlich aufgenommen: „Das sind Bücher, die die Lücke zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur schließen, Themen wie Selbstfindung und sexuelle Erfahrungen beleuchten“, führt Sarah Natusch aus. Queere Literatur, Mangas und Kinder- und Jugendbücher sind ihre Spezialgebiete, sie liest gern am Mainstream vorbei. Schon in der siebten Klasse wusste sie: „Ich will Buchhändlerin werden, Bücher empfehlen, verkaufen und die Vorteile des Buchhandels nutzen“, erinnert sie sich. Seit neun Jahren lebt sie ihren Traumberuf in der Buchhandlung Hoffmann, wo ihre Kompetenz geschätzt wird und Raum ist mitzugestalten. Mareile Hintz gehört seit sechs Jahren zum Team und kennt sich bestens aus, wenn es um Belletristik geht. Was sie gern liest? „Krimis und die dürfen gern ungewöhnlich sein“, verrät sie. Im Durchschnitt bringen es die Berufsleser*innen auf ein bis zwei Bücher in der Woche. Und dass sie auf die Frage nach passenden Titeln eine persönliche Antwort geben können, haben sie dem Internet voraus: „Wer sich auf dem riesigen Markt nicht auskennt, muss lange suchen, also lautet der Tipp: Fragen Sie uns“, so bringt es Sarah Natusch auf den Punkt. Infoabende rund um Neuerscheinungen und persönliche Empfehlungen gehören fest zum Programm der Buchhandlung und sind immer bestens besucht. Genau wie die Lesungen, die regelmäßig direkt vor Ort zwischen Regalen und Büchertischen stattfinden. Früher standen dabei prominente Namen im Fokus: „Jetzt bieten wir auch jungen Autor*innen ein Forum und erreichen damit auch ein neues Publikum“, legt Jan Hoffmann dar. Er sieht in einem wachen Blick auf Markt und Gesellschaft einen Schlüssel, sich als Buchhandlung zu behaupten. Was passieren kann, wenn man starr an alten Mustern hängt, zeigt der Weg mancher großen Verlage, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben und kaum noch eine Rolle spielen.
Stillstand ist bei Hoffmann nicht zu befürchten, auch das bezeugt der TikTok-Award: „Ohne die beiden ständen wir nicht mit dem Preis hier“, hebt Jan Hoffmann die Leistung seiner Mitarbeiterinnen hervor.
Dass gerade junge Menschen Freude am Buch finden und Lust haben, über Gelesenes zu sprechen, stimmt hoffnungsvoll. Bleibt am Ende die Frage, ob Bücher die Welt besser machen. Jan Hoffmann hat angesichts der aktuellen Weltlage seine Zweifel: „Das wird die Zeit zeigen.“ Sicher ist aber, dass Bücher eine Gegenwelt sein können: „Man kann abtauchen“, so formuliert es Sarah Natusch. Und darin liegt auch eine Kraft. So mag der Blick auf die Buchlandschaft hoffnungsvoll stimmen: „Die ist wirklich besser geworden in Sachen Diversität“, so Natusch. Und auch Jan Hoffmann blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Ich bin mir sicher, dass es in 30 Jahren eine Buchhandlung in Eutin gibt.“
Auch wenn Inhaber Jan Hoffmann früh erkannt hat, dass das Internet eine Konkurrenz ist, die man sich zunutze machen muss, deshalb zeitgleich mit Amazon einen Onlineshop eröffnet hat, Social Media bespielt, nicht nur während der Pandemie auf digitalem Weg Bücher verkauft und natürlich auch E-Books anbietet, hat er das Konzept der Buchhandlung in der Stadt beständig weiterentwickelt – räumlich und inhaltlich. Das Fachgeschäft in der Peterstraße beschreibt er so: „Seit Jahrzehnten nennen wir uns DIE Buchhandlung in Ostholstein und sind als solche für Familien, Behörden, Firmen gleichermaßen Anlaufpunkt.“ Diese Bandbreite sieht er gleichermaßen als Herausforderung und Chance.
Im breitgefächerten Sortiment Schwerpunkte zu setzen, ist eine Hoffmannsche Antwort auf den schnellen Kauf im Internet: „Wir haben den Sachbuchbereich verstärkt, sind zum Beispiel Buchpartner des Deutschen Gartenbuchpreises“, erklärt Jan Hoffmann. Eine Auswahl, die ein qualitätsbewusstes Publikum ansprechen soll. Dass auch das besondere Buch Interesse wecken kann, hat er früh beobachtet. Nach seiner Ausbildung in einer Universitätsbuchhandlung im Harz arbeitete er in Hamburg in Norddeutschlands größter technischer Buchhandlung. Dort wuchs in den Abteilungen für Astronomie und Unterhaltsame Mathematik die Erkenntnis: „Wenn es zur Zielgruppe passt, kann man die verrücktesten Sachen anbieten.“
Verrückt ist nicht das passende Attribut für die junge Literatur, die unter dem Begriff „New Adult“ längst eine eigene Marke geworden ist, gleichwohl hat dieser Lesestoff mit Sicherheit dazu beigetragen, dass vermeintlich konservative Grenzen für die entsprechende Zielgruppe nicht mehr gültig sind. Hier wird zum Beispiel die queere Liebe selbstverständlich aufgenommen: „Das sind Bücher, die die Lücke zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur schließen, Themen wie Selbstfindung und sexuelle Erfahrungen beleuchten“, führt Sarah Natusch aus. Queere Literatur, Mangas und Kinder- und Jugendbücher sind ihre Spezialgebiete, sie liest gern am Mainstream vorbei. Schon in der siebten Klasse wusste sie: „Ich will Buchhändlerin werden, Bücher empfehlen, verkaufen und die Vorteile des Buchhandels nutzen“, erinnert sie sich. Seit neun Jahren lebt sie ihren Traumberuf in der Buchhandlung Hoffmann, wo ihre Kompetenz geschätzt wird und Raum ist mitzugestalten. Mareile Hintz gehört seit sechs Jahren zum Team und kennt sich bestens aus, wenn es um Belletristik geht. Was sie gern liest? „Krimis und die dürfen gern ungewöhnlich sein“, verrät sie. Im Durchschnitt bringen es die Berufsleser*innen auf ein bis zwei Bücher in der Woche. Und dass sie auf die Frage nach passenden Titeln eine persönliche Antwort geben können, haben sie dem Internet voraus: „Wer sich auf dem riesigen Markt nicht auskennt, muss lange suchen, also lautet der Tipp: Fragen Sie uns“, so bringt es Sarah Natusch auf den Punkt. Infoabende rund um Neuerscheinungen und persönliche Empfehlungen gehören fest zum Programm der Buchhandlung und sind immer bestens besucht. Genau wie die Lesungen, die regelmäßig direkt vor Ort zwischen Regalen und Büchertischen stattfinden. Früher standen dabei prominente Namen im Fokus: „Jetzt bieten wir auch jungen Autor*innen ein Forum und erreichen damit auch ein neues Publikum“, legt Jan Hoffmann dar. Er sieht in einem wachen Blick auf Markt und Gesellschaft einen Schlüssel, sich als Buchhandlung zu behaupten. Was passieren kann, wenn man starr an alten Mustern hängt, zeigt der Weg mancher großen Verlage, die die Zeichen der Zeit nicht erkannt haben und kaum noch eine Rolle spielen.
Stillstand ist bei Hoffmann nicht zu befürchten, auch das bezeugt der TikTok-Award: „Ohne die beiden ständen wir nicht mit dem Preis hier“, hebt Jan Hoffmann die Leistung seiner Mitarbeiterinnen hervor.
Dass gerade junge Menschen Freude am Buch finden und Lust haben, über Gelesenes zu sprechen, stimmt hoffnungsvoll. Bleibt am Ende die Frage, ob Bücher die Welt besser machen. Jan Hoffmann hat angesichts der aktuellen Weltlage seine Zweifel: „Das wird die Zeit zeigen.“ Sicher ist aber, dass Bücher eine Gegenwelt sein können: „Man kann abtauchen“, so formuliert es Sarah Natusch. Und darin liegt auch eine Kraft. So mag der Blick auf die Buchlandschaft hoffnungsvoll stimmen: „Die ist wirklich besser geworden in Sachen Diversität“, so Natusch. Und auch Jan Hoffmann blickt zuversichtlich in die Zukunft: „Ich bin mir sicher, dass es in 30 Jahren eine Buchhandlung in Eutin gibt.“