"Heimathafen" Kellenhusen: Planungen fertig - Förderung zu gering

Marco Gruemmer 1593

Kellenhusen. Die Planungen mitsamt der Kostenschätzungen für den Neubau des Kellenhusener Gästezentrums „Heimathafen“ sind abgeschlossen. Rund 20 Millionen Euro werden für dieses Projekt veranschlagt, das als Ininitialzündung zur Saisonverlängererung angesehen wird und seit über 20 Jahren auf der Agenda des Ostseebades steht. Die Wichtigkeit dieses Vorhabens schilderten Bürgermeisterin Nicole Kohlert und Tourismusleiter Raymond Kiesby: „Der Neubau des schon lange nicht mehr zeitgemäßen Kur- und Gästezentrums an der Kellenhusener Strandpromenade genießt oberste Priorität. Die Gebäude sind asbestbelastet, energetisch eine Katastrophe und stehen zum großen Teil in der Bauverbotszone des Deichschutzstreifens.“

 

Hinter der Realisierung steht dennoch ein dickes Fragezeichen. Die fast jährlich gesunkene Förderung des Landes macht es dem Tourismus-Service und der Gemeinde Kellenhusen nahezu unmöglich, den enormen Finanzierungsbrocken eines Neubaus zu stemmen. „Gestartet sind wir 2019 bei einer 90 Prozent-Förderung“, sagt Kohlert. „Dann kam eine Verschiebung, weil wir nicht mehr auf der Förderliste des Landes standen. Da waren wir schon auf 70 Prozent abgesackt.“ Mittlerweile steht die Förderung für das Jahr 2025 bei nur noch 60 Prozent. „Nicht umsetzbar“, erläuterte Kohlert. Bei der derzeitigen Bausumme von bis zu 20 Millionen Euro würde die zusätzliche Belastung für Tourismus-Service und Gemeinde bis zu 695.000 Euro pro Jahr betragen. „Dabei haben wir schon eingespart“, so Kohlert weiter. An den Ersatz des Hallenbades denke niemand mehr. Wenn nun die ursprünglich vorgesehene Naturbadestelle und die Komplettmodernisierung des ehemaligen Kurmittelhauses dem Rotstift zum Opfer fielen, wie bereits beschlossen, müssten immer noch jährlich 574.000 Euro zusätzlich im ersten Zehnjahresdurchschnitt aufgebracht werden.

 

Ganz besonders ärgert die ehrenamtliche Bürgermeisterin, dass im gleichen Zeitraum, in dem die Förderung für Kellenhusen immer weiter absackte, große Bauprojekte an der Ostseeküste in den Genuss höchster Zuschüsse kamen. „Kleine Gemeinden, ohne eigene Verwaltung und mit ehrenamtlichen Bürgermeistern haben da einen eklatanten Nachteil gegenüber den touristischen Schwergewichten an der Küste.“

 

Dabei muss gerade das Ostseebad Kellenhusen besonders viel für seine Wettbewerbsfähigkeit tun. „Das Verhältnis von Einwohnern zu Gästebetten ist fast nirgends in Schleswig-Holstein so hoch wie hier in Kellenhusen,“ erklärt Kohlert.

 

Doch noch eine kurzfristige Finanzierung?

 

Sollte die Finanzierung nach geplanten Gesprächen mit der Landesregierung doch noch kurzfristig gesichert werden können, soll mit dem Abriss der Anlagen im April 2024 begonnen werden. Dem würden sich die Hochbauarbeiten allerdings erst 2025 anschließen, was fördertechnisch begründet ist.

 

„Wir haben vermutlich nur einmal in hundert Jahren die Chance auf den Neubau eines solchen Gebäudes“, sagt Kiesbye. Es dürfe aber keinesfalls ein Fremdkörper sein, müsse zum Ort passen. Die Besucher sollen seinen Geist spüren und erleben, dass Kellenhusen von Meer und Wald geprägt sei. Daher habe man sich für eine maritime Variante entschieden. „Die Fassade ist an einen Schiffsrumpf angelehnt“, erklärt Nicole Kohlert.

 

Das neue Gästezentrum, dessen Name mit „Heimathafen“ geradezu Programm wäre, so Kiesbye, enthielte alle Einrichtungen, die auch im bisherigen Gebäude untergebracht waren. Nur eben zeitgemäß und damit wettbewerbsfähig. So habe der Kursaal mit fast 200 Plätzen die jetzige Größe, wäre aber brandschutz-, licht- und tontechnisch auf dem aktuellen Stand.

 

Für die Zielgruppe der Familien besonders wichtig ist auch der großzügige Käpt´n Kelli- Klub, der sogar über zwei Etagen geht. Schließlich war Kellenhusen das erste Ostseebad, das Kinderanimation angeboten hat.

 

Der Umzug der Tourist-Information in die Ortsmitte im Jahr 2020 hat dem Zuspruch zwar wenig geschadet. „Dennoch gehört eine solche Einrichtung auch an die Promenade“, findet Kiesbye. Hier tummeln sich die Gäste und es ergäbe sich daher viel Laufkundschaft. Eine Dependance solle in der Waldstraße aber erhalten bleiben, um auch die Ortsmitte zu beleben.

 

Um den Urlaubern das Meer, die Fischerei und die Sturmfluten nahezubringen, aber auch den Wald und nicht zuletzt die Gefahren für die Küste durch den Klimawandel, gibt es im Erdgeschoss eine Ausstellungsfläche. Sie wird von der Tourist-Information mitbetrieben und kann auch für gemeinnützige Veranstaltungen und Ausstellungen genutzt werden.

 

Erhalten bleibt das ehemalige Kurmittelhaus, das aus der Mitte der achtziger Jahre stammt und damit deutlich jünger ist, als der Rest. „Wir sind dem Landesbetrieb für Küstenschutz sehr dankbar dafür, dass er uns die Rettung des Gebäudes ermöglicht hat. Schließlich steht es zur Hälfte im Deichschutzstreifen und hätte mit abgerissen werden müssen“, sagt Raymond Kiesbye. Damit könnten auch die dortige Physiopraxis und die Gymnastikräume erhalten bleiben.

 

Die große Schwimmbadwiese vor dem früheren Hallenbad hat sich in der Corona-Pandemie zu einem gut besuchten Veranstaltungsort entwickelt. „Das wollen wir beibehalten, wobei allerdings eine Art Dünenlandschaft geplant ist“, sagt Kiesbye. Die Außen-WCs würden dementsprechend für Veranstaltungen mit bis zu 800 Gästen ausgelegt.

 

„Es gibt natürlich auch Konzessionen, die man bei einem solch teuren Bauprojekt eingehen muss“, stellt Kiesbye schweren Herzens fest. Leider habe das geplante Naturbad aus Kostengründen gestrichen werden müssen. „Die späteren Betriebskosten wären zwar niedrig, aber es kostet allein zwei Millionen Euro“, bedauert Kiesbye den Wegfall eines Außenbads.

 

Aufgrund der guten energetischen Bauausführung, einer großen Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und deutlich geringerer Gebäudemasse als vorher, ist das neue Gästezentrum „Heimathafen“ aber auch für die Umwelt ein Gewinn.

Noch ein anderes Argument führt Nicole Kohlert ins Feld: „Wir benötigen das neue Gästezentrum für die Umsetzung der Saisonverlängerung – besser sogar für den Einstieg in den Ganzjahrestourismus.“ Mit den so geschaffenen zusätzlichen Angeboten kämen auch im Winter Tagesgäste und Kurzurlauber. „Bislang ist ab Anfang November nahezu kein touristisches Leben mehr in Kellenhusen.“

 

Nicole Kohlert hofft, den erforderlichen Baukostenzuschuss von 90 Prozent für das Gästezentrum „Heimathafen“ doch noch beim Land locker machen zu können. Zumal der Tourismus-Service den Abriss der maroden Gebäude 2024 vorfinanzieren würde. „Eigentlich, so resümiert Kohlert, käme das Land schon aus Umwelt- und Küstenschutzgründen um die hohe Förderung nicht herum.“ (mg)