Wenn Ötzi mit Tatütata ins Krankenhaus muss

Marlies Henke 577
Experte in Sachen Mumien: der Direktor vom Museum für Archäologie Schloss Gottorf Dr. Ralf Bleile.

Experte in Sachen Mumien: der Direktor vom Museum für Archäologie Schloss Gottorf Dr. Ralf Bleile.

Bild: Marlies Henke

Neustadt in Holstein. Was haben Lenin, Ötzi und eine Katze aus dem Neustädter Pagodenspeicher gemeinsam? Antwort: Alle drei sind schon sehr lange tot. Ihre Körper sind der Nachwelt aber erhalten geblieben. Als Mumien.

 

Dass die natürliche Verwesung der Leichname und Kadaver dabei infolge ganz unterschiedlicher Konservierungsprozesse verhindert wurde, konnte man am vergangenen Samstag bei der Kinderuni lernen. Jedenfalls, wenn man zwischen acht und 12 Jahre alt war und unerschrocken genug, um sich die Bilder von den Mumien anzusehen. Referent Dr. Ralf Bleile, Direktor vom Museum für Archäologie Schloss Gottorf, hatte nämlich allerhand wissenschaftliches Bildmaterial mitgebracht: Fotos von Menschen und Tieren, die vor vielen tausend Jahren in Wüsten, Gletschern, Mooren oder Höhlen zu Tode gekommen waren. Ideale Bedingungen für die Mumifizierung, erklärte der Archäologe, denn an solchen Orten würden schlechte Bedingungen herrschen für Bakterien, die unter anderem für die Zersetzung von Leichen oder Tier-Kadavern sorgen.

 

Bei Gletschermumien funktioniert der Konservierungsprozess durch natürliche Gefriertrocknung. So, wie bei Ötzi, dessen nahezu vollständiger Leichnam im Jahr 1991 nach über 5.000 Jahren freigelegt wurde. Seine Mumie ist in einer speziellen Kühlkammer im Südtiroler Archäologiemuseum in Bozen gelagert. Fällt dort das Kühlsystem aus, gibt es einen Notfallplan, erklärte Bleile: „Für Ötzi geht es mit Tatütata ins nächstgelegene Krankenhaus, wo extra für ihn eine Kühlkammer gebaut wurde.“

 

Weiter ging es auf der Zeitreise durch die Welt der künstlichen Mumien, die durch besondere Haltbarmachung erzeugt wurden, um die Verstorbenen und auch ihre Seele zu erhalten. Denn nur so konnten sie im Reich der Toten ihr irdisches Leben fortsetzen, glaubte man. Diese Mumien sind nicht nur aus dem alten Ägypten berühmt, auch in anderen Kulturen und Jahrhunderten wurden sie angefertigt. Der Leichnam des russischen Revolutionsführers Lenin beispielsweise wurde gerade mal vor knapp hundert Jahren einbalsamiert und ist seitdem in einem Mausoleum im Kreml ausgestellt.

 

Warum Mumien überhaupt wissenschaftlich erforscht werden, war ebenfalls Thema der Vorlesung. So konnten Wissenschaftler viel über die Todesursache und Lebensweise der Menschen und Tiere in früheren Zeiten ermitteln. „Ein Drogentest an einer Kindermumie in Südamerika hat zum Beispiel ergeben, dass das Kind geraucht hat - im Alter von zweieinhalb Jahren“, berichtete Bleile, der abschließend alle anwesenden Kinderunistudenten zu einem Besuch im Museum für Archäologie Schloss Gottorf einlud, um dort echte Moorleichen zu besichtigen. Katinka Walter vom Orga-Team der Kinderuni wies zudem darauf hin, dass es auch bei uns eine Mumie gibt: die Katze im zeiTTor. Der Kadaver wurde vor Jahrzehnten unter den Dielen des Pagodenspeichers gefunden und kann jetzt in dem Neustädter Museum angesehen werden. (he)