Häusliche Gewalt: Was tun gegen steigende Opferzahlen?

Reporter Eutin 46
Preetz (vg). Die statistischen Zahlen sind erschreckend: Im Jahr 2023 hat die Beratungs- und Fachstelle bei Gewalt an Mädchen und Frauen im Kreis Plön insgesamt 1596 Beratungskontakte von 687 Klientinnen verzeichnet. Dabei sind allein die Fälle, die von der Polizei nach Einsätzen bei Partnergewalt an die Beratungsstelle weitergeleitet wurde, im Vergleich zum Vorjahr um 70 Prozent gestiegen. Auch im laufenden Jahr geht man von abermals höheren Fallzahlen aus. Allein diese Fakten zeigen, wie wichtig es ist, gegenzusteuern und aufzuklären. Ein starkes Zeichen gegen Gewalt an Frauen und Mädchen setzen jetzt wieder die Gleichstellungsbeauftragten in Zusammenarbeit mit weiteren frauenspezifischen Organisationen im Kreisgebiet.
Im Rahmen der UN-Aktionswoche „Orange the World“, die vom „Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen und Mädchen“ am 25. November bis zum 10. Dezember, dem „Tag der Menschenrechte“, dauert, wollen die Initiatorinnen mit fünf Aktivitäten die Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren. „Wir wollen mit Frauen und Männern ins Gespräch kommen. Außerdem wollen wir auch allen, die politische Verantwortung tragen, klarmachen, dass sie Maßnahmen ergreifen müssen, um der negativen Entwicklung entgegenzuwirken“, betont Yvonne Deerberg, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Plön.

Los geht es bereits am Freitag, 22. Dezember, auf dem Plöner Wochenmarkt. Von 10 bis 13 Uhr bauen dann die „Marktweiber“ einen Infotisch auf. Die Plöner Gleichstellungsbeauftragte Marianne Terstiege-Lambers bietet in Kooperation mit anderen Institutionen ein niederschwelliges Angebot zum Thema „Gewalt an Frauen und Mädchen“ an. Die Akteure stehen mit Infomaterial bereit und für Gespräche und Diskussionen zur Verfügung.
Außerdem folgt am 22. November um 18 Uhr in der Kleinen Kirche der Preetzer Stadtkirche ein Gottesdienst nur für Frauen. „Seit 2008 feiern wir am Freitag vor dem Ewigkeitssonntag diesen reinen Frauengottesdienst. Er dient auch als Schutzraum für Frauen, die möglicherweise Gewalterfahrungen gemacht haben“, erläutert Diakonin Julia Jünemann vom Kirchenkreis. Das Thema lautet „Mütter-Wunden“, denn es gibt ein Bedürfnis, über Erlebnisse von Müttern zu sprechen – über anderem über das Problem der Gewalt unter der Geburt. „Wir stellen fest, dass die Überlastung der Klinikteams aufgrund von Krankenhausschließungen größer wird und zu Stress führt. Werdende Mütter finden keine geborgene Situation vor und können unter diesen Umständen nicht gut gebären – mit Folgen für Kind und Familie“, warnt Anja Handrich-Haack vom Hebammenverband. Zum Gottesdienst sind auch Frauen anderer Religionen oder ohne Konfession eingeladen. Es besteht die Möglichkeit, sich untereinander zu vernetzen.
Für die seit Jahren bekannte Brötchentütenaktion „Gewalt kommt nicht in die Tüte!“ mischen sich die Organisatorinnen an zwei Terminen unter die Menschen: Am Mittwoch, 27. November, von 10 bis 13 Uhr findet die Aktion vor dem Rewe-Markt in Wankendorf, Bornhöveder Landstraße 2, statt. In Preetz werden die Gratis-Brötchen am Sonnabend, 30. November, von 10 bis 13 Uhr auf dem Wochenmarkt verteilt. Unter anderem ist jeweils auch das Frauenhaus mit einem Infostand dabei. Die Brötchen für die Aktion stiftet in Preetz die Bäckerei Steiskal und in Wankendorf die Firma Andresen. Wichtig ist, dass auf den besonderen Papiertüten des Bäckerhandwerks die Nummer des bundesweiten Hilfetelefons, 116016, gedruckt ist. Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, erhalten unverfänglich die nötigen Infos, wie sie ihrer Qual entkommen können.

Zum Abschluss der Reihe findet am Mittwoch, 4. Dezember, um 17 Uhr eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung im Plöner Kreishaus, Hamburger Straße 17/18, statt. Der Kreis Plön und der Frauenpolitische Beirat wollen mit dieser Veranstaltung darauf aufmerksam machen, dass Mädchen und Frauen ein Leben ohne Gewalt ermöglichst werden muss. Eine Selbstverständlichkeit, die nicht selbstverständlich ist. Zum Thema hält Professor Dr. Fabian Lamp von der Fachhochschule Kiel einen Vortrag, dessen eindringlicher Titel „Jede dritte Frau erlebt Gewalt – Männer, wir müssen reden!“ lautet. An zahlreichen Ständen informieren frauenspezifische Organisationen außerdem über ihr Angebot. Der Eintritt sowie ein Imbiss sind kostenfrei. Da die Anzahl der Plätze begrenzt ist, wird umgehend um Anmeldung per E-Mail an anmeldung@FPB-Event.de gebeten. Alternativ besteht die Chance, nach dem Event ein Video der Veranstaltung anzuschauen. Auch dafür wird um Anmeldung gebeten.
Bei den für alle offenen Veranstaltungen gibt es übrigens auch für Männer Infos – für selbst von Gewalt betroffene als auch für potenzielle Schläger, damit sie keine Täter werden.

Hilfe & Unterstützung
Von Gewalt Betroffene sowie alle, die Informationen rund um das Thema benötigen, können sich im Kreis Plön an verschiedene Stellen wenden – an die Beratungs- und Fachstelle bei Gewalt an Mädchen und Frauen (Telefon 04342-309939 oder E-Mail info@frauenberatung-kreisploen.de), das Frauenhaus Kreis Plön (Telefon 04342-82616) oder das Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen (Telefon 116016, www.hilfetelefon.de).
In akuten Bedrohungssituationen wendet man sich an die Polizei unter Telefon 110.