Wie die Streetworker von Preetz das Spendengeld einsetzen

Reporter Eutin 254
Die Preetzer Streetworker Pascal Bolde und Rüdiger Wiese (v. l.) freuen sich über die Unterstützung ihrer sozialen Arbeit durch den Plöner Lions Club.

Die Preetzer Streetworker Pascal Bolde und Rüdiger Wiese (v. l.) freuen sich über die Unterstützung ihrer sozialen Arbeit durch den Plöner Lions Club.

Bild: L. Schneider

Plön (los). Mit einer Spendensumme von insgesamt 17.000 Euro hat der Plöner Lions Club 2024 fünf Projekte unterstützt. Je 5000 Euro erhielten die Tafel-Vereine von Plön und Preetz, 2000 Euro die Praxis ohne Grenzen (wir berichteten in den Ausgaben 2. und 9. Oktober). Lesen Sie nun, wie die Preetzer Streetworker ihre 2000 Euro Spendengeld einsetzen. Kommende Woche erfahren Sie, wie der Verein Diabeteshelden arbeitet.
Wenn die Preetzer Streetworker Rüdiger Wiese und Pascal Bolde von ihrer Sozialarbeit berichten, fällt es in Anbetracht der Komplexität nicht leicht, den Überblick zu behalten; meist kennzeichnen Suchterkrankungen und deren Folgen die Biographie ihrer Schützlinge, deren Leben sie in stabile Bahnen zu lenken versuchen. Um mit diesen Menschen gut arbeiten zu können, ist jede Unterstützung hoch willkommen. Auch über die 2000 Euro des Plöner Lions Clubs freuen sich die Streetworker. Denn mit dem Geld kann benötigtes Verbrauchsmaterial für die projektbezogene Arbeit im Haus Am Sandberg beschafft werden. Hier befindet sich die Anlaufstelle, wo Hilfesuchende in der Regel Kontakt zu den Streetworkern aufnehmen. Hier ist auch der Ort, wo „Arbeitsgelegenheiten“, sogenannte AGH-Maßnahmen des Jobcenters umgesetzt werden, erläutert Rüdiger Wiese. Er und Pascal Bolde begleiteten diese Maßnahmen als sogenannte Anleiter. Aktuell seien elf Kunden in diesen Maßnahmen tätig.
Stets sei ein Aspekt für diejenigen, denen eine solche AGH-Maßnahme vom Jobcenter bewilligt wurde, herausragend: Eine regelmäßige Tagesstruktur zu erlangen. „Es geht hier darum, dass sie Verlässlichkeit haben und dass man sie unterstützt in allen Lebenslagen“, führt Wiese aus, „da in der Regel große Probleme mit Sucht und den zusammenhängenden Krankheiten bestehen.“ Dazu zählten auch psychische Erkrankungen, weshalb es das Ziel sei, immer eine familiäre Atmosphäre im Haus Am Sandberg hinzubekommen, fügt Pascal Bolde hinzu. Praktisch stünden den Streetworkern im Haus Am Sandberg Gartenbereich und Küche sowie Fahrrad- und Holzwerkstatt zur Verfügung. Wann und wie sie genutzt werden – so etwa für das Upcycling von Möbeln, die Reparatur von Fahrrädern, gartenbauliche Tätigkeiten oder das Verarbeiten von Obst und Gemüse – sei je nach Neigung ganz unterschiedlich - entsprechend unterschiedlich auch die Verbräuche an Materialien wie zum Beispiel Farben oder Pflanzen.
Auf die persönlichen Neigungen einzugehen, sei ein Schlüssel zum Erfolg, nämlich die Maßnahme durchzuziehen, sagen die beiden Steetworker. Ohne ein Maß an Vertrauen geht es nicht. „80 Prozent unserer Arbeit ist Beziehungsarbeit“, unterstreicht Pascal Bolde. Und diese ist breit gestreut: Werden derzeit elf AGH-Kunden im Haus Am Sandberg von den Streetworkern angeleitet, so betreuen sie darüber hinaus „deutlich über 100 Menschen in Preetz“. Vielfach seien es junge Erwachsene, auch Jugendliche. Manche seien erst 14 Jahre alt, berichtet Pascal Bolde. Belastete Familien, desolate Wohnsituationen, Schulden, Gerichtsvorladungen, Alkohol- und Drogensucht kennzeichnen die Lebensgeschichten.
Allzu häufig erweist sich das soziale Abseits, in dem die Kunden der Streetworker sich befinden, als Hindernis und Hemmschuh bei dem Versuch eines Befreiungsschlags. Denn der kann nur vom Umfeld abgenabelt und suchtbefreit mit einem festen Arbeitsplatz und einer eigenen Wohnung als Neustart auf ganzer Linie gelingen. Doch der Wohnungsmarkt ist bekanntermaßen leergefegt. Wer es zu einer Anstellung auf dem Arbeitsmarkt bringt, habe als Bewohner in einer Obdachlosenunterkunft ein äußerst schwieriges Lebensumfeld mit Auswirkung auf die persönlichen Tagesabläufe in allen denkbaren Varianten. Ohnehin haben die Menschen darüber hinaus mit Stigmata sowie verlorenem Selbstvertrauen zu kämpfen, letzteres häufig schon im Elternhaus nicht mitbekommen, sagen die beiden Streetworker. Der Weg in die Drogensucht ist bei den Jugendlichen dann mitunter früh vorgezeichnet. Heutzutage ist die Lage aber komplizierter geworden. „In meiner Anfangszeit haben die Leute gekifft – heute probieren sie jeden Sch-ß“, schimpft Rüdiger Wiese, der seit 1. April 2004 in Preetz den Job macht.
Glücklich also, wer seine Vergangenheit erfolgreich hinter sich lässt, in einer AGH-Maßnahme etwas Boden unter die Füße bekommt und später vielleicht einen festen Arbeisplatz - wenn er denn durchhält. Dies zeigt, warum das Haus Am Sandberg nicht nur als Anlaufstelle, sondern als geschützter Raum von zentraler Bedeutung ist. Zusammen kochen, gemeinsam essen, das soziale Miteinander und seine Grundregeln gehören dazu. „Überhaupt eine warme Mahlzeit zu bekommen, ist für einige ein richtiges Highlight“, verdeutlicht Rüdiger Wiese.