Aus Alt mach Neu
Reporter Eutin
618
Am Heidberg 9, 24226 Heikendorf: Eine ganz normale Adresse, wo ein ganz normales Haus steht. Eine Doppelhaushälfte mit kleinem Vorgarten und Garage, ein weiß gestrichenes Eigenheim wie Tausend andere. Nichts scheint ungewöhnlich. Auffällig ist nur ein kleines, hellgrünes Schild mit der Hausnummer „9“, als Qualitätssiegel für ein “Klimahaus”. Es bestätigt: Dieses Gebäude erfüllt die hohen Anforderungen an ein KfW-Effizienzhaus. Ein Blick hinter die unspektakuläre Fassade macht deutlich, wie sich das Beste aus zwei Welten vereinen lässt. Den Charme eines traditionellen Fischerheims zu bewahren und nachhaltig begrenzte Ressourcen zu nutzen.
Eigentümer des Hauses ist Andreas Luczak. Er wohnte mit Frau und zwei Söhnen im Großraum Nürnberg. Dort realisierte der promovierte Physiker bis 2016 für den Elektroanlagenbauer Siemens vielfältige Projekte. Dann erreichte ihn ein Ruf an die Fachhochschule Kiel, die einen Professor für „Regenerative Energiesysteme“ suchte. Luczak nahm die Herausforderung gerne an. Doch wo wohnen? Luczak hatte sich in eine Doppelhaushälfte in der Heikendorfer Fischersiedlung verliebt, die ab den fünfziger Jahren entstand. Ein Haus von 1964, mit 150 Quadratmeter Wohnfläche und großzügigem Gartengrundstück. „Das schien perfekt“, erinnert sich Luczak. Die Vorteile lagen auf der Hand. “Man wohnt nah an der Förde, und kann problemlos zur Hochschule radeln“, erzählt er. Doch die Sache hatte einen Haken: „Energetisch gesehen war das charmante Gebäude nicht tragbar“. Damit die Räume einigermaßen warm werden, müssen rund 42.000 Kilowattstunden Energie pro Jahr verfeuert werden. Trotz moderner Gasheizung. Energiekosten pro Jahr: rund 4.500 Euro. Denn: Fassade und Dach waren nur minimal gedämmt. Am liebsten hätte Luczak alles abgerissen und neu gebaut. Doch wegen gemeinsamer Innenwand mit der Nachbarhälfte kam das nicht in Frage. Was also tun? Der guten Lage und des traditionellen Charmes wegen sollte dieses alte Fischerhaus das neue Eigenheim werden. Es gab nur eine Lösung: Kernsanierung und umfangreiche Wärmedämmung. Um das zu realisieren, ließ Luczak das bislang unisolierte Dach mit 20 Zentimeter Pavatherm-Plus Elementen dämmen, und zusätzlich mit dicken Bahnen aus Mineralwolle noch besser gegen Temperatureinflüsse schützen. So ließ sich ein hervorragender Dämmwert von 0,14 erreichen. Die Fassade erhielt einen “umfassenden Vollwärmeschutz” nach KfW-Anforderungen. Sämtliche Fenster wurden ausgetauscht, mit Dreifachverglasung, als Holz/Aluminiumkonstruktion. Gesamtkosten für die energetische Erneuerung: Rund 90.000 Euro. Weil die Maßnahmen als “nachhaltig” gelten, übernahm die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 5.000 Euro. Folge der umfassenden Renovierung: trotz hoher Gaspreise sind die Heizkosten auf etwa 1.000 Euro pro Jahr zusammengeschrumpft. Das Ergebnis lässt sich nicht nur sehen, sondern vor allem fühlen. Das macht ein Besuch an einem warmen Sommertag im August deutlich. Schon am frühen Vormittag zeigt das Thermometer 25 Grad, die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel herab. Doch im Obergeschoss des alten Fischerhauses ist es angenehm kühl. Auffällig: Im Gegensatz zur kalten Einheitsarchitektur moderner Neubauten, verleihen alte Dachbalken dem Arbeitszimmer unter dem Dach ein heimeliges Wohngefühl. Noch angenehmer ist es im Erdgeschoss, in das eine alte, steile Holztreppe hinunterführt. Selbst Luczaks Pudel Philly fühlt sich hier pudelwohl. Dass trotz des hochsommerlichen Wetters überall ein komfortables Raumklima herrscht, sei leicht nachzuvollziehen, erklärt Luczak. „Energetisch gesehen liegt das Haus auf ähnlichem Niveau wie ein Neubau”. Fast nebensächlich sei, dass sich die Investition in spätestens 25 Jahre amortisiert hat. “Das klingt zwar erstmal lange”, meint der Professor, doch erstens sei das typisch, zweitens könne das angesichts galoppierender Gaspreise deutlich schneller gehen. “Weiß ja keiner, wie sich das entwickelt”, meint er. Und drittens, und das sei möglicherweise am wichtigsten, käme die enorme Wohnqualität hinzu. „Das gute Raumklima ist ein Gewinn, der sich nicht in Geld ausdrücken lässt”. Als vierter Vorteil kommt hinzu: Um das Haus während der Heizperiode gemütlich warm zu machen, genügt eine Vorlauftemperatur von 40 Grad locker aus. Somit wäre auch ohne den aufwändigen Einbau einer Fußbodenheizung der Umstieg von Gasverbrennung auf Wärmepumpe jederzeit problemlos möglich. Auch für diesen Schritt sieht sich Luczak bestens gerüstet. Denn bei der Dachrenovierung hat er Nägel mit Köpfen gemacht, eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 4,5 kWp installieren lassen. Die Module sind gleichmäßig nach Osten und Westen ausgerichtet. “Für die maximale Leistungsausbeute ist das natürlich nicht optimal”, räumt er ein. Dennoch biete diese Anordnung einen Vorteil: “Die Module liefern die höchste Leistung am Vormittag und am Nachmittag, ausgerechnet dann, wenn der meiste Strom gebraucht wird”. Auch ohne Energiespeicher habe sich die Anlage in spätestens zehn Jahren amortisiert, dessen sei er sicher. Ein kleines Problem bleibt. Bis auf das kleine Schild sehe man dem Haus von außen kaum an, wie nachhaltig man darin wohnen könne. Das stünde in einem krassen Kontrast zu anderen Lebensentwürfen. “Manche Menschen stecken Geld lieber in ein neues Auto oder machen attraktive Reisen. Denn das sieht man ja”. Doch um Klimaziele zu erreichen, müssten wesentlich mehr Altbauten energetisch umfassend saniert werden. “Nur mit Neubauten wird das nichts”, sagt er.
Eigentümer des Hauses ist Andreas Luczak. Er wohnte mit Frau und zwei Söhnen im Großraum Nürnberg. Dort realisierte der promovierte Physiker bis 2016 für den Elektroanlagenbauer Siemens vielfältige Projekte. Dann erreichte ihn ein Ruf an die Fachhochschule Kiel, die einen Professor für „Regenerative Energiesysteme“ suchte. Luczak nahm die Herausforderung gerne an. Doch wo wohnen? Luczak hatte sich in eine Doppelhaushälfte in der Heikendorfer Fischersiedlung verliebt, die ab den fünfziger Jahren entstand. Ein Haus von 1964, mit 150 Quadratmeter Wohnfläche und großzügigem Gartengrundstück. „Das schien perfekt“, erinnert sich Luczak. Die Vorteile lagen auf der Hand. “Man wohnt nah an der Förde, und kann problemlos zur Hochschule radeln“, erzählt er. Doch die Sache hatte einen Haken: „Energetisch gesehen war das charmante Gebäude nicht tragbar“. Damit die Räume einigermaßen warm werden, müssen rund 42.000 Kilowattstunden Energie pro Jahr verfeuert werden. Trotz moderner Gasheizung. Energiekosten pro Jahr: rund 4.500 Euro. Denn: Fassade und Dach waren nur minimal gedämmt. Am liebsten hätte Luczak alles abgerissen und neu gebaut. Doch wegen gemeinsamer Innenwand mit der Nachbarhälfte kam das nicht in Frage. Was also tun? Der guten Lage und des traditionellen Charmes wegen sollte dieses alte Fischerhaus das neue Eigenheim werden. Es gab nur eine Lösung: Kernsanierung und umfangreiche Wärmedämmung. Um das zu realisieren, ließ Luczak das bislang unisolierte Dach mit 20 Zentimeter Pavatherm-Plus Elementen dämmen, und zusätzlich mit dicken Bahnen aus Mineralwolle noch besser gegen Temperatureinflüsse schützen. So ließ sich ein hervorragender Dämmwert von 0,14 erreichen. Die Fassade erhielt einen “umfassenden Vollwärmeschutz” nach KfW-Anforderungen. Sämtliche Fenster wurden ausgetauscht, mit Dreifachverglasung, als Holz/Aluminiumkonstruktion. Gesamtkosten für die energetische Erneuerung: Rund 90.000 Euro. Weil die Maßnahmen als “nachhaltig” gelten, übernahm die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) 5.000 Euro. Folge der umfassenden Renovierung: trotz hoher Gaspreise sind die Heizkosten auf etwa 1.000 Euro pro Jahr zusammengeschrumpft. Das Ergebnis lässt sich nicht nur sehen, sondern vor allem fühlen. Das macht ein Besuch an einem warmen Sommertag im August deutlich. Schon am frühen Vormittag zeigt das Thermometer 25 Grad, die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel herab. Doch im Obergeschoss des alten Fischerhauses ist es angenehm kühl. Auffällig: Im Gegensatz zur kalten Einheitsarchitektur moderner Neubauten, verleihen alte Dachbalken dem Arbeitszimmer unter dem Dach ein heimeliges Wohngefühl. Noch angenehmer ist es im Erdgeschoss, in das eine alte, steile Holztreppe hinunterführt. Selbst Luczaks Pudel Philly fühlt sich hier pudelwohl. Dass trotz des hochsommerlichen Wetters überall ein komfortables Raumklima herrscht, sei leicht nachzuvollziehen, erklärt Luczak. „Energetisch gesehen liegt das Haus auf ähnlichem Niveau wie ein Neubau”. Fast nebensächlich sei, dass sich die Investition in spätestens 25 Jahre amortisiert hat. “Das klingt zwar erstmal lange”, meint der Professor, doch erstens sei das typisch, zweitens könne das angesichts galoppierender Gaspreise deutlich schneller gehen. “Weiß ja keiner, wie sich das entwickelt”, meint er. Und drittens, und das sei möglicherweise am wichtigsten, käme die enorme Wohnqualität hinzu. „Das gute Raumklima ist ein Gewinn, der sich nicht in Geld ausdrücken lässt”. Als vierter Vorteil kommt hinzu: Um das Haus während der Heizperiode gemütlich warm zu machen, genügt eine Vorlauftemperatur von 40 Grad locker aus. Somit wäre auch ohne den aufwändigen Einbau einer Fußbodenheizung der Umstieg von Gasverbrennung auf Wärmepumpe jederzeit problemlos möglich. Auch für diesen Schritt sieht sich Luczak bestens gerüstet. Denn bei der Dachrenovierung hat er Nägel mit Köpfen gemacht, eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 4,5 kWp installieren lassen. Die Module sind gleichmäßig nach Osten und Westen ausgerichtet. “Für die maximale Leistungsausbeute ist das natürlich nicht optimal”, räumt er ein. Dennoch biete diese Anordnung einen Vorteil: “Die Module liefern die höchste Leistung am Vormittag und am Nachmittag, ausgerechnet dann, wenn der meiste Strom gebraucht wird”. Auch ohne Energiespeicher habe sich die Anlage in spätestens zehn Jahren amortisiert, dessen sei er sicher. Ein kleines Problem bleibt. Bis auf das kleine Schild sehe man dem Haus von außen kaum an, wie nachhaltig man darin wohnen könne. Das stünde in einem krassen Kontrast zu anderen Lebensentwürfen. “Manche Menschen stecken Geld lieber in ein neues Auto oder machen attraktive Reisen. Denn das sieht man ja”. Doch um Klimaziele zu erreichen, müssten wesentlich mehr Altbauten energetisch umfassend saniert werden. “Nur mit Neubauten wird das nichts”, sagt er.