Mein erster Schultag! Sonderausstellung im Kindheitsmuseum Schönberg

Reporter Eutin 397
Schönberg (mm). Unten spitz, oben rund- prall gefüllt mit Süßigkeiten. Jeder kennt sie, die bunten Tüten, die Kinder anlässlich ihres ersten Schultages geschenkt bekommen. Wie sich diese Tradition entwickelt hat, das macht jetzt eine neue Sonderausstellung des Kindheitsmuseums deutlich. Alle zwei Jahre präsentiert das Museum in der Knüllgasse 16 eine neue Sonderausstellung. Nun ist es wieder so weit. „Schulanfang“, so das Thema. Kern der Ausstellung bilden rund 100 Schultüten aus mehr als einem Jahrhundert. Zu sehen sind zudem viele interessante Fotos, die Traditionen rund um die Einschulung im Wandel der Zeit dokumentieren. Abgerundet wird die Schau durch persönliche Erlebnisberichte und allerlei Utensilien, etwa Fibeln und Schulranzen. Die Schultüten hatte der Hamburger Lehrer Hans-Günter Löwe gesammelt und dem Kindheitsmuseum geschenkt.

„Die Objekte angemessen zu präsentieren, war gar nicht so einfach“, verriet Bernd Haase, Vorsitzender des Museumsvereins, anlässlich der Eröffnungsfeier Anfang Juni. Doch das Ergebnis kann sich lassen. Gruppiert nach Epochen scheinen die bunten Tüten wie von Geisterhand gehalten an der Wand zu schweben. Tatsächlich hängen sie an dünnen Angelschnüren, die an grobmaschigen Netzen befestigt sind. In der Mitte des Ausstellungsraums finden sich auf hölzernen Staffeleien unzählige Schwarz-Fotos, die Aufnahmen von Kindern bei ihrem ersten Schultag zeigen. Geordnet nach Jahrzehnten. Die alten Aufnahmen dokumentieren nicht nur den ersten Schultag, sondern auch soziale Bezüge zu Familie und Schule, geben Einblick, wie Kinder im Laufe dieser Zeitepochen aufgewachsen sind, wie sie spielten, lernten und vielfach schon arbeiten mussten. Neben den Fotos sind Erlebnisberichte zu lesen. Darin erzählen Menschen ihre „Erinnerungen an den ersten Schultag“. Ungeschminkt decken sie damit gesellschaftliche Hintergründe auf. Horst zum Beispiel, der 1936 eingeschult wurde. „Kinder waren mit Holzschwertern wie kleine Soldaten ausgestattet“, so sein persönlicher Rückblick. Und ein Lied habe man singen müssen: „Wer will unter die Soldaten, der muss haben ein Gewehr. Das muss er mit Pulver laden und mit einer Kugel schwer“. Bürger aus Schönberg und Umgebung hatten private Fotoalben durchforstet und dem Museum zur Verfügung gestellt.

Etliche von ihnen waren beim offiziellen Start der Schau mit von der Partie. Kein Wunder, dass bei der Eröffnungsfeier angeregt geschnattert und in alten Zeiten geschwelgt wurde: Ziel der Ausstellung erreicht. „Sie soll interaktiv sein, einladen, eigene Erinnerungen wieder aufleben zu lassen“, sagte Haase. Die Präsentation gefällt. „Das Museum hat sich viel Mühe gegeben, eine tolle Sache, die echt kreativ gemacht ist“, fasste Bürgervorsteherin Christine Nebendahl zusammen, die neben Bürgermeister Peter Kokocinski ebenfalls bei der Eröffnung dabei war. Der Brauch, Kindern anlässlich ihres ersten Schultages eine bunte Tüte mit Süßigkeiten zu schenken, entstand Endes des 18. Jahrhunderts in Sachsen und Thüringen. Von Anfang an war sie rund und spitz, zunächst gefüllt mit Zuckerplätzchen, Konfekt oder Mandelbrot. In Berlin gehörte die Schultüte ab 1925 zu jeder Einschulung. Erst ab 1948 breitete sich der Brauch aus in ganz Deutschland. Im Ausland ist die Tradition eher unbekannt. Zu sehen ist die Ausstellung während der Öffnungszeiten des Museums. Von Juni bis Oktober 2024 dienstags bis sonntags, von 14 bis 17 Uhr, donnerstags zusätzlich von 10 bis 12 Uhr. Weitere Informationen unter www.kindheitsmuseum.de