Bildung, Werte und Geschichten

Till Muchow 357

Vor 40 Jahren hielten die Bücher in Neustadt Einzug. Natürlich hatte man auch schon vorher hier gelesen, aber als Anneliese Runge ihre Buchhandlung im Jahr 1980 in der Waschgrabenallee eröffnete, gab es endlich einen einfachen und direkten Weg, alles, was das Bücherherz begehrt, zu beschaffen. Ein paar Jahre später fing Gabriela Bendfeldt in der Buchhandlung an. 1989 folgte der Umzug in die Hochtorstraße, dort übernahm sie den Laden als Buchhandlung Buchstabe. Gabriela Bendfeldt ist eine Frau mit klaren Werten, für die sie auch in ihrer geliebten Buchhandlung steht.
 
Das kam nicht bei allen gut an, so passierte es, dass sie eine zeitlang sogar unter Polizeischutz stand. „Wir hatten einen Drohbrief, wahrscheinlich von Neonazis, bekommen, indem wir aufgefordert worden sind, Bücher über die Befreiung von Ausschwitz aus unserem Schaufenster zu nehmen“, erinnert sie sich. Einschüchtern ließ sie sich allerdings nicht, im Gegenteil: „Wir haben den Drohbrief dann ins Schaufenster zu den besagten Büchern gehängt, damit jeder ihn lesen konnte.“
 
Bücher sind Kultur und Kultur ist der engagierten Rogerin wichtig. So hat sie zum Beispiel zu der Gründung der Kulturwerkstatt Forum und des Kommunalen Kinos beigetragen und holt immer wieder Autoren in die Hafenstadt, die aus ihren Büchern lesen. Überhaupt sei es wichtig, vernetzt zu sein, sich gegenseitig zu unterstützen und Hand in Hand zu arbeiten, findet Gabriela Bendfeldt. In den Buchstaben in der Hochtorstraße kommen nämlich nicht nur Menschen, die ein Buch kaufen wollen. Gerade in der Hauptsaison tritt man hier auch mal in die Funktion der Touristiformation, gibt Tipps, wo man was findet und hilft auch darüber hinaus mit dem langjährigen Wissen aus der Kleinstadt. Für einen Klönschnack ist die Belegschaft im Buchstaben natürlich auch immer zu haben. Nicht nur, weil Bücher wunderbaren Gesprächsstoff bilden, sondern auch, weil hier jeder mit Herz und Seele dabei ist und immer ein offenes Ohr für die Kunden hat. Für die gibt es daher auch immer persönliche Leseempfehlungen. Im Moment lautet Gabriela Bendfeldts persönlicher Lesetipp: „Die Vögel“ von Tarjei Vesaas.
 
„Mein Team leistet wirklich tolle Arbeit. Alle hier sind mit Kreativität und Engagement dabei. Ohne mein Team ginge nichts“, sagt Gabriela Bendfeldt, die mit Sabine Lettow, Christina Reimann, Anne-Kathrin Abraham und Hans-Dieter Holtz für die Belange der Kunden im Buchstaben in der Hochtorstraße da ist.
 
Auch Kinder finden dort eine ganze Abteilung nur für sich. Jugendliteratur, Kinderbücher, Klassiker und Spielzeug sind im Sortiment vertreten und natürlich kann jedes Buch auch bestellt werden. Was im Laden landet, hat meistens eine kleine Besonderheit, wie zum Beispiel ein ausgefallenes, künstlerisches Design oder eine Baumpflanzaktion des Verlages. Überhaupt wird das Thema Nachhaltigkeit im Buchstaben in der Hochtorstraße groß geschrieben. Die Spielzeuge sind meist aus Holz, die Bücher auf zertifizierten Papieren gedruckt. Auch Papeterie und kleine Geschenkideen werden nach diesen Grundsätzen ausgewählt.
 
Die Bücher stehen aber immer ganz klar im Vordergrund. Für Kinder zum Beispiel die Reihe von Mac Barnett und Jan Klassen, in der die Protagonisten „Dreieck, Quadrat und Kreis“ kindgerecht philosophische und ethische Fragen aufwerfen. Diese Exemplare und noch unzählige andere, gibt es in der Buchhandlung Buchstabe in der Hochtorstraße. Sollte ein Buch mal nicht vor Ort sein, wird es bestellt und ist innerhalb von 24 Stunden vefügbar. (ko)
 
Lesetipp: „Die Vögel“
In »Die Vögel« erzählt Tarjei Vesaas von dem Außenseiter Mattis, der sich in eine kindliche innere Welt zurückgezogen hat und von den anderen Dorfbewohnern als zurückgeblieben verlacht wird. Seinen Lebensunterhalt versucht er mit kleinen Hilfsarbeiten auf dem Feld und im Wald zu bestreiten. Mattis lebt in einer Hütte am See mit seiner Schwester Hege, die den Haushalt führt und ihn versorgt, und er fühlt sich mit der Natur ringsum verbunden. Besonders ziehen ihn die Waldschnepfen an, deren frühlingshaften Balzflug er als Zeichen sieht, als Verheißung, die er nicht entschlüsseln kann. Als eines Tages der Holzfäller Jørgen auftaucht, sich in Hege verliebt – und dann auch noch eine Schnepfe erschossen wird, wirft es Mattis aus der Bahn. Neustadt.