9-Euro-Ticket: Bahn-Chaos zu Pfingsten
Seit dem 1. Juni können die Menschen in Deutschland günstig mit dem sogenannten 9-Euro-Ticket im öffentlichen Nahverkehr reisen. Wenige Tage nach der Einführung stand mit dem Pfingstwochenende die erste große Bewährungsprobe für die Verkehrsbetriebe auf dem Plan. Wir blicken einmal zurück.
Das 9-Euro-Ticket: Darum geht's
Das 9-Euro-Ticket soll in Zeiten rasant zunehmender Inflationsraten die Menschen entlasten und dabei zugleich die Nutzung des ÖPNV attraktiver machen. Der Aktionszeitraum erstreckt sich vom 1. Juni bis zum 31. August. In den drei Sommermonaten Juni, Juli und August können sich Interessierte für 9 Euro ein Ticket mit der Gültigkeit für jeweils einen Monat kaufen - wer also den gesamten Aktionszeitraum abdecken möchte, muss insgesamt 27 Euro investieren. Mit dem Ticket können deutschlandweit Busse, Straßen- und U-Bahnen sowie die Züge des Nah- und Regionalverkehrs in der zweiten Klasse genutzt werden - der Fernverkehr (IC, EC und ICE) hingegen nicht. Außerdem gilt das Ticket nicht in Fernbussen und Flixtrains. Ungeachtet dessen stellt das Ticket natürlich dennoch eine günstige Alternative zu Auto und Co. dar. Dementsprechend groß war auch der Ansturm auf die günstigen Tickets, allein bis zum Start wurden ca. 7 Millionen Tickets verkauft.
Sorgen bereits vor dem Start
Schon vor dem Start gab es daher Kritik und Sorgen, die Verkehrsbetriebe würden mit dem zu erwartenden Aufkommen an Reisenden möglicherweise hilflos überfordert sein. Die potentiell große Zahl an Fahrgästen könnte Bahn und Co. an die Belastungsgrenze bringen - die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) befürchtete überfüllte Züge und die eventuelle Notwendigkeit einer Räumung von Zügen, Bahnsteigen oder sogar Bahnhöfen.
Die Lage zu Pfingsten: Überfüllte und geräumte Züge
Spezielle Sorgen gab es zudem auf Sylt: Zum einen stellt die Verbindung über den Hindenburgdamm auch ohne 9-Euro-Ticket bereits ein stark frequentiertes Nadelöhr dar, durch das viele Pendler und Reisende Tag für Tag die Insel erreichen und auch wieder verlassen, zum anderen gab es die Befürchtung, dass neben dem Ansturm von Touristen auch viele Punks die günstige Gelegenheit zu einem Trip nach Sylt nutzen und in Westerland für Chaos sorgen könnten. Letztlich blieb es jedoch größtenteils friedlich. Schwieriger stellte sich die Situation hingegen an mehreren Stellen des Nahverkehrs dar, die Deutsche Bahn und weitere Anbieter hatten mit teils erheblichen Problemen zu kämpfen. Laut eigener Aussage hatte die Bahn zwar zusätzliche Züge eingesetzt und auch das Personal verstärkt, dennoch soll es zu Pfingsten jeden Tag ca. 400 Züge mit zu hoher Auslastung gegeben haben. In "mehreren Fällen mussten überfüllte Züge geräumt werden - aber zum Glück keine Bahnhöfe", erklärte Ralf Damde, Vize-Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats DB Regio. Teilweise hätten wegen der Überfüllung Passagiere nicht mitgenommen werden können und auch das Mitführen von Fahrrädern sei mitunter nicht möglich gewesen.
Wie geht es jetzt weiter?
Wie sich die Lage zukünftig entwickeln wird, ist derweil unklar. Aufgrund des zusätzlichen Feiertags am Pfingstmontag war das Pfingstwochenende sicher eine besonders große Herausforderung für den öffentlichen Personennahverkehr, da so sehr viele Reisende die Möglichkeit für ein verlängertes Wochenende nutzen konnten. Insofern könnte in den kommenden Wochen eine leichte Entspannung möglich sein. Doch auch ohne zusätzlichen Feiertag werden sicher viele Menschen bei gutem Wetter die Möglichkeit zu einem günstigen Ausflug nutzen wollen und dann auf den Nah- und Regionalverkehr zurückgreifen. Der im norddeutschen Raum aktive Bahnbetreiber Metronom hat etwa für die kommenden Wochenenden auf manchen Strecken die Mitnahme von Fahrrädern ausgeschlossen, da von einer hohen Auslastung ausgegangen werde und Menschen vor Fahrrädern Vorrang hätten. Die Lage im Nah- und Regionalverkehr dürfte also angespannt bleiben - auch ohne zusätzlichen Feiertag. Eine besondere Herausforderung dürfte vermutlich auch die nun bald einsetzende Ferienzeit darstellen, in der sicher viele Menschen die günstige Gelegenheit für eine Reise oder einen Ausflug nutzen möchten. Reisende müssen sich daher wohl auch weiterhin auf teils sehr volle Züge einstellen und die Möglichkeit, dass sie wegen zu hoher Auslastung eventuell nicht zusteigen können. Wer dieses Risiko vermeiden und auch nicht in überfüllten Zügen dicht an andere Fahrgäste gedrängt reisen möchte, kann versuchen, abseits der Hauptverkehrszeiten zu reisen, um im Optimalfall den großen Massen so etwas auszuweichen. Ob angesichts dieser Umstände bei den Reisenden überhaupt ein entspanntes Urlaubsgefühl aufkommen kann, muss wohl jeder für sich selbst entscheiden. Aber vielleicht ist es ja auch eine gute Alternative, einfach einmal im Heimatort ins Freibad zu gehen, ein Eis auf dem heimischen Balkon zu genießen oder ein spannendes Abenteuer in einer Spielbank in der Nähe zu erleben - ganz ohne Chaos und Zugausfall.