Die Opfer des NSU – Ausstellung gegen rechtsextreme Gesinnung und Gewalt in der KJN-Projektwerkstatt
Neustadt. Von 2000 bis 2007 wurden zehn Menschen von der rechtsextremen Vereinigung „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) ermordet. Die Namen der Täter Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe kennt fast jeder. Aber die der Opfer nicht. Genau hier setzt die Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ an, die in der Projektwerkstatt des Kinder- und Jugendnetzwerkes zu sehen ist.
Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kiliç, Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik, Halit Yozgat und Michèle Kiesewetter heißen die Mordopfer, deren Biografien die Ausstellung mit vielen persönlichen Einblicken auf großen Schautafeln zeigt.
Im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ hat Danny Seidel, Jugendcoach und Leiter Koordinierungs- und Fachstelle, diese Wanderausstellung nach Neustadt geholt. Als ein Bildungsangebot des Instituts für sozialwissenschaftliche Forschung, Bildung und Beratung (ISFBB) wurde sie seit 2013 (seit 2018 in aktualisierter Form) bundesweit bereits zweihundert Mal gezeigt. Sie soll aus Opferperspektive zum Nachdenken anregen und für das Thema rechtsradikale Gesinnung und Gewalt sensibilisieren.
Nach den Ausstellungen zum Thema „Die Kinder von Auschwitz“ (2018) und „Jüdisches Leben“ (2019) ist dies die dritte Ausstellung im Rahmen von „Demokratie leben“. „Neben unseren vielfältigen Projekten sind Ausstellungen für uns ein weiteres Medium, um präventiv tätig zu werden. Die Räumlichkeiten der Projektwerkstatt bieten dabei einen niedrigschwelligen Zugang“, erklärt Danny Seidel. Das Thema habe zudem regionalen Bezug: Das Täter-Trio hat von 2007 bis 2011 in Pelzerhaken und auf Fehmarn Urlaub gemacht. „Wer weiß, vielleicht ist jemand hier mit denen baden gegangen“, so der Jugendcoach, dem der Urlaubsaufenthalt von Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt beim Lesen der Verhandlungsprotokolle aufgefallen war. „Man denkt ja eigentlich, das ist alles soweit weg!“
Trotz der Weltoffenheit der meisten Neustädter, sei Rechtspopulismus in der Region nicht von der Hand zu weisen. „Wir haben hier zwar nicht die große Neonazi-Szene, keine AfD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung und keine Probleme mit der Flüchtlingsthematik, aber Rechtspopulismus ist zum Beispiel in den sozialen Netzwerken feststellbar. Rassistische Äußerungen sind dort durchaus salonfähig geworden.“ Im Vergleich zu den neuen Bundesländern, wo Rechtsextreme ähnliche Veranstaltungen behindern würden oder zum Beispiel im Fall Bad Segeberg, wo ein mehrfach verurteilter Neonazi versucht hat, Schüler für ein rechtsextremes Netzwerk zu gewinnen, sei Neustadt wie „ein kleines gallisches Dorf“, das es zu verteidigen gelte. „Wir müssen ganz viel tun, damit das so bleibt“, betonte Seidel. Das geschehe vor allem auch dadurch, dass in Neustadt bereits seit 2007 mit den Bundesprogrammen „Vielfalt tut gut“ und „Demokratie leben“ zahlreiche präventive Projekte vor allem für Jugendliche angeboten werden. „Dadurch wird den Schülerinnen und Schülern viel Handwerkszeug mitgegeben, um zu sagen: Ohne mich!“
Die Ausstellung „Die Opfer des NSU und die Aufarbeitung der Verbrechen“ beschäftigt sich neben den Mordopfern auch mit den Verstrickungen von neonazistischen V-Leuten aus Verfassungsschutzbehörden. Außerdem wird analysiert, warum die Mordserie lange nicht aufgedeckt wurde und wie gesellschaftspolitisch mit dem Themenkomplex umgegangen wird.
Die Wanderausstellung wurde im Rahmen der Auftaktkonferenz „Demokratie leben“ in der vergangenen Woche mit einem Vortrag der Sozialwirtin und Ausstellungsmacherin Birgit Mair vom ISFBB eröffnet und kann noch bis zum 10. März in der Projektwerkstatt in der Brückstraße 20 besucht werden. Geöffnet ist montags bis freitags von 10 bis 12 Uhr sowie montags, dienstags, donnerstags und freitags von 15 bis 18 Uhr. (he)