Neumünster/Neustadt. Der Rahmen hätte besser nicht sein können. Es ist das Reitsport-Spektakel in Schleswig-Holstein: Die VR Classics in den Holstenhallen Neumünster. Für Dressur-Reiterin Anna-Lisa Wehr aus Neustadt war die diesjährige Auflage ein ganz spezieller Moment ihrer noch jungen Karriere. Sie erhielt das Goldene Reitabzeichen, die höchste Auszeichnung, die es im Reitsport gibt.

„Für mich als Amateur ist die Auszeichnung etwas ganz besonderes, da der Sport neben meiner vollen Tätigkeit als Communications Managerin bei Dräger in Lübeck nur mit sehr viel Disziplin auszuüben ist“, berichtete Anna-Lisa Wehr dem reporter. Sie selbst ist seit 2018 in Neustadt zuhause. Ihr Pferd Quintessens BS steht in Merkendorf auf dem Hof Behrens. Anna-Lisa Wehr ist seit dem 8. Lebensjahr als Reiterin aktiv. Vor gut 22 Jahren nahm sie ihre ersten Reitstunde. Die erste Reitbeteiligung auf dem Schulpony „Pünktchen“ folgte.

Dem Ponymaß entwuchs sie schnell, sodass ein frühzeitiger Umstieg auf Großpferde erfolgte. Der Traum vom eigenen Pferd wurde bald Wirklichkeit. „Still und heimlich kauften Mama und ich – ohne den Papa einzuweihen – unser erstes Pferd Nuja. Die schwarz-braune Mecklenburger Stute war das schnellste Pferd im Stall und ich träumte von einer Springreiterkarriere“, erinnert sich Anna-Lisa Wehr.

Doch es sollte anders kommen. Durch einen Reitunfall mit 13 Jahren rückte das Dressurreiten in den Vordergrund. Mit 15 Jahren wurde ihr eine selbstgezogene, vierjährige Stute zur Verfügung gestellt. Die gemeinsamen Jahre waren erfolgreich, der Sprung von E bis L-Dressur erfolgte schnell. Der Verkauf der Stute führte Anna-Lisa Wehr ein paar Jahre später mit „Hope of September“ zusammen. Schnell wurde klar: Das passt. Auf dem 1,80 Meter großen Wallach durfte sie die schweren Lektionen erlernen. Die erste Landesmeisterschafte auf M**-Niveau konnte mit dem Einzug ins Finale abgeschlossen werden.

Mit Beginn des Studiums 2012 in Hamburg endete diese Möglichkeit und Anna-Lisa Wehr konzentrierte sich auf Nachwuchshoffnung „Absolut“, ein Wallach war der neue Sportpartner an ihrer Seite. Siege und Platzierungen in Dressurprüfungen der Klasse M konnten gemeinsam erzielt werden.

In den Semesterferien half Anna-Lisa Wehr in einem Stall aus und konnte ihr Reitgefühl auf jungen Pferden ausbauen. So wurde auch der Züchter von ihres heutigen Erfolgspferd Quintessenz BS auf sie aufmerksam. Trotz bester Springabstammung bekam sie Quints, um ihn dressurmäßig auszubilden. Zwar war die erste Reitpferdeprüfung nicht von Erfolg gekrönt, doch in den Folgeklassen überzeugte Quints auf ganzer Linie. „5-jährig wechselte der Wallach unter der Bedingung, alle Kosten rund um das Pferd selbst zu tragen, in meinen Besitz“, erzählt Anna-Lisa Wehr. Neben dem Studium in Hamburg hieß es nun viel arbeiten und Reitunterricht geben, um den Unterhalt, den Schmied, Tierarzt und Unterrichtsstunden zu bezahlen. Doch der Aufwand zahlte sich aus: Von Dressurpferde A bis M avancierte Quints zum Seriensieger.

Der Einstieg in die schwere Klasse hingegen war etwas beschwerlich. Auf dem Weg in die Königsklasse wurde Anna-Lisa Wehr von einigen Trainern begleitet. Seit 2021 starten sie kontinuierlich auf Grand-Prix-Niveau und konnten sich in nahezu jeder S***-Prüfung platzieren. Völlig unverhofft gelangen auch die ersten Siege in der Königsklasse.Im Jahr 2022 konnten Pferd und Reiterin Platzierungen unter den Top 3 in 4-Sterne Grand Prix Prüfungen erzielen, sich für die Youngster-Tour „Derby Future Stars“ qualifizieren und sich sowohl im Halbfinale als auch im Finale beim „Agravis Cup“ in Münster platzieren.

Das Goldene Reitabzeichen ist durch Erfolge mit nur diesem einen Pferd erfüllt: Anna-Lisa Wehr hat Quints von Beginn an selbst ausgebildet, mit ihm Reitpferdeprüfungen bis Grand Prix bestritten. Gemeinsam haben sie Höhen und Tiefen durchlebt. „Ein Pferd zum Ausreiten, Springen, Spaß haben und ganz nebenbei Grand-Prix Dressur reiten. Quints ist ein vierbeiniger Partner fürs Leben und ein echter Freund“, erklärt Anna-Lisa Wehr. (red/mg)