

Oldenburg. Nichts in der Geschichte ist so stetig wie der Wandel. Gerade die Corona-Pandemie zeigt, wie persönliches Umfeld, Region und „große weite Welt“ untrennbar miteinander verwoben sind. Das beleuchten in vielen spannungsreichen Facetten auch die Beiträge des vorliegenden Jahrbuch für Heimatkunde Oldenburg / Ostholstein 2022 (65. Jahrgang).
Die Aktivität der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde Oldenburg/Ostholstein e. V. bleibt trotz der Pandemie ungebrochen: Das neue Jahrbuch fällt nochmals dicker aus als das letzte. Es ist mit 320 Seiten im Umfang der Rekordhalter in der Vereinsgeschichte. Das Jahrbuch enthält neben umfangreichen Besprechungen wichtiger Bücher zu den fürstlichen Witwen und ihren Witwensitzen in Schleswig-Holstein, zum Limes Saxoniae und zum Neustädter Wieksberg vor allem knapp 20 gut recherchierte Aufsätze, welche die Historie von der Vor- und Frühgeschichte bis hin zur Zeitgeschichte Wagriens betreffen:
Den Anfang machen eine verhinderte Braugerstenbesichtigung durch die Fähre von Großenbrode nach Gedser, von der Ingrid Brandenburger berichtet, sowie die Reisen des Bauhausmeisters Lyonal Feininger, der Maler und Komponist war und vor rund 100 Jahren nach Ostholstein kam. Hier besuchte er Heiligenhafen, Großenbrode, Ohrt a. F., Neustadt und Timmendorfer Strand, wie Martin H. W. Möllers recherchierte.
Aus der weit zurückliegenden Zeit der Vor- und Frühgeschichte in Neukirchen berichtet Elke Andresen in ihrem mit vielen Fotos gespickten Aufsatz. In diese Zeit fällt auch der Beitrag von Dieter Kohse, der die Frage stellt, ob Artefakte in der Jungsteinzeit auf Fehmarn recycelt wurden.
Einen Erfahrungsbericht aus ihrer Kindheit liefert Elisabeth Albert. Sie erinnert sich, dass alle in Blankeck badeten und dabei in Putlos geschossen wurde. Lutz Kleine beschreibt in zwei Teilen die Abenteuer, die er bei der Sanierung des alten Bauernhauses Kleinhof Rellin erlebt hat, und bettet sie ein in die Geschichte dieser Klosterhufe in einem Lübschen Dorf. Dabei zeigt er, dass Bewohner und Zeiten ihre Spuren im Dorf Rellin und auf dem Hof hinterlassen haben.
Vom arbeitsreichen Sommer in der Nachkriegszeit in Techelwitz berichtet Elisabeth Albers aus ihrer Kindheit. Und Ingrid Brandenburger hat ergänzende Ausführungen, indem sie über die Nachkriegszeit mit Flüchtlingen und über den Handel auf dem Ochsenhof in Altgalendorf erzählt. Peter Jirjahlke schreibt über die Geschichte der Sektion Fehmarn der Universitäts-Gesellschaft Schleswig-Holstein, die bald 100 Jahre alt wird. Dass jüdisches Leben bei uns in Wagrien nicht unbedeutend war, führt Dietrich Mau wie schon in den letzten beiden Jahrbüchern fort, indem er die Lebensgeschichte von Isak Rosenblum, einem jüdischen Produktenhändler in Oldenburg, dokumentiert.
Weiter in die Historie zurück geht Elisabeth Albert, die über Seuchen, Krieg und eine Kindheit zu Zeiten Napoleons in Heiligenhafen referiert. Norbert Kahl berichtet von dem Mord des Jahrhunderts, der sich 1897 in New York ereignete, und stellt die Frage, ob das Opfer aus Oldenburg kam. Gudrun Köhler hat die Familiengeschichte der Köhlers aufgeschrieben, die in Heiligenhafen seit 1866 zuhause sind und dort als Kaufleute und Dienstleister für die Heiligenhafener eine gesellschaftliche Bedeutung haben.
In einem ersten Teil dokumentiert Martin H. W. Möllers - mit aktuellen Fotos unterlegt - die Heimatschutzarchitektur im Oldenburger Land und auf Fehmarn zwischen Historismus und Moderne, die an einzelnen Gebäuden und an ganzen Häusergruppen immer noch zu sehen ist. Und Gernot-Rainer Storm beschreibt den politischen Neubeginn im damaligen Kreis Oldenburg in Holstein nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges anhand des Lebenswegs seines Vaters, der Bundestagsabgeordneter war. Jürgen Schröder hat zum Schmunzeln sein Erlebnis von „De Terrorist vun Dannau“ in Niederdeutsch aufgeschrieben. In einem weiteren Beitrag gibt er als Bildchronist sein Insiderwissen von den Schulen in Dannau und Klein Wessek wieder.
Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft für Heimatkunde Oldenburg/Ostholstein e. V. bekommen dieses und alle weiteren Jahrbücher zugeschickt für den Jahresmitgliedsbeitrag von nur 16 Euro. Sie wer-den außerdem zu den Mitgliederversammlungen, zu akademischen Vorträgen zur Archäologie und Geschichte Wagriens und zu den veranstalteten Ausflügen eingeladen, wenn höhere Gewalt wie die Corona-Pandemie dies nicht zunichte macht. Nichtmitglieder können das aktuelle Jahrbuch für 23,95 Euro in den Buchhandlungen Ton und Text, Oldenburg, Heiligenhafen und Grömitz; Inselbuchhandlung Burg/Fehmarn; Buchstabe Hochtorstraße und Buchstabe Am Markt, Neustadt sowie Buchladen Lensahn erwerben. (red)