Petra Remshardt

Kirche muss und will sich ändern

Pastorin Kristina Warnemünde, Helga Zettier und Katja Rode (v. lks.). (Foto: KKOH/Heinen)

Pastorin Kristina Warnemünde, Helga Zettier und Katja Rode (v. lks.). (Foto: KKOH/Heinen)

Neustadt in Holstein. Kirche muss sich ändern, wenn sie von den Menschen weiterhin als wichtige Größe in ihrem Leben wahrgenommen werden will. Zu unterschiedlich sind die zehn sozialen Milieus, in die die Wissenschaft die Gesellschaft - auch in Ostholstein - unterteilt, als dass sich Kirche weiterhin einfach nur an ihren Traditionen orientieren könnte, um alle gesellschaftlichen Gruppen anzusprechen. Es kommt darauf an, stärker auf die unterschiedlichen Erwartungen und Bedürfnisse der Menschen einzugehen, sei es bei Taufen, Heirat oder Beerdigungen.
Das ist - kurzgefasst - der Tenor der Kirchenkreissynode, die am Samstag, dem 11. September in der Ausstellungshalle der ancora Marina in Neustadt stattgefunden hat.
Daniel Hörsch, sozialwissenschaftlicher Referent der in Berlin ansässigen Evangelischen Arbeitsstelle für missionarische Kirchenentwicklung und diakonische Profilbildung, erläuterte den 49 anwesenden Synodalen die sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen, die unter dem Fachbegriff der „Sinus-Milieus“ zusammengefasst werden und auf deren Einstellungen und Lebensverhältnisse die Kirche gezielter als bisher eingehen will. Mehrere Veranstaltungen im Kirchenkreis fanden bereits zu diesem Themenkomplex statt. Daniel Hörsch legte dazu speziell auf Ostholstein bezogene Zahlen vor.
„Die Frage ist: Was bedeutet das für uns als Kirche in Ostholstein?“, resümierte Propst Peter Barz später. Mit Blick auf den Regionenprozess des Kirchenkreises erwarte er von den Gemeinden, dass künftig noch stärker die Menschen in den Blick genommen würden, sagte Barz.
„Wir sprechen eine bestimmte Sprache, die andere nicht immer verstehen können“, merkte eine Synodale an. Sie forderte, bereits bei der Ausbildung der Pastorinnen und Pastoren mehr Offenheit gegenüber den verschiedenen Milieus zum Thema zu machen.
Propst Dirk Süssenbach betonte, es gehe vor allem darum, „eine andere Brille aufzusetzen und eine andere Haltung einzunehmen.“ Jede Kirchengemeinde sei aufgerufen, sich „als Gastgeber für diese verschiedenen Milieus zu definieren“, so Süssenbach. Diese Grundhaltung müsse bei der Personalentwicklung nicht nur für Pastorinnen und Pastoren berücksichtigt werden, sondern beispielsweise auch für die Bereiche Kirchenmusik oder Küsterdienste. Präses Dr. Peter Wendt konstatierte eine auch aus seiner Sicht „neue Perspektive“. Habe man im Blick, die Menschen der verschiedenen Milieus „in den Sonntagsgottesdienst zu bekommen?“, fragte er. Alles das seien „aus soziologisch kirchenrelevanter Perspektive hochaktuelle Fragen und sie provozieren“, stellte der Präses fest.
Auf der Tagesordnung stand außerdem die Wahl zweier neuer stellvertretender Vorsitzenden, nachdem Pastor Hans Kilian in den Ruhestand gegangen ist und Angelika Zimmer am Neujahrstag 2021 verstorben war. Die Synode wählte - bei zwei Enthaltungen - Katja Elstner aus Bad Schwartau-Rensefeld als Nachfolgerin von Angelika Zimmer. Die 49-jährige Kirchenkreissynodale ist Mitglied im Diakonieausschuss, arbeitet auf Kirchenkreisebene im Frauenbeirat mit und gehört in ihrer Kirchengemeinde seit 2006 dem Kirchengemeinderat an. Beruflich ist die Mutter von vier Kindern im Bereich Soziale Sicherung bei der Hansestadt Lübeck tätig.
Bei drei Enthaltungen wurde außerdem Pastor Christopher Noll zum Nachfolger von Pastor Kilian gewählt. Der 52-jährige Familienvater ist Pastor für Notfall- und Katastrophenseelsorge und war zuvor fast 15 Jahre als „Dorfpastor“ im Lauenburgischen tätig. Im Kirchenkreis ist er außerdem für die Begleitung der Prädikantinnen und Prädikanten zuständig.
Eine gute Nachricht für die Kirchengemeinden: Sie können ihren Haushalt für 2022 auf dem Niveau von 2021 aufstellen, weil sich die Befürchtung wohl nicht bewahrheiten wird, dass die Kirchensteuereinnahmen erneut deutlich einbrechen. Ein Eckdatenbeschluss sieht deshalb vor, den Haushalt für 2022 auf der Grundlage der Einnahmen für 2021 - da werden unterm Strich etwa 13 Prozent weniger Kirchensteuereinnahmen erwartet - zu kalkulieren. Dabei wird für 2022 von knapp 8,9 Millionen Euro Verteilmasse ausgegangen.
Mit Auflagen gebilligt wurde der Rechnungsprüfungsbericht 2019, der - bei einem Haushaltsvolumen von mehr als 33 Millionen Euro für Kirchenkreis und Kirchengemeinden - mit mehr als einer halben Million Euro (522.606 Euro) Mehreinnahmen als erwartet abgeschlossen wurde, die nach dem Willen der Synode in die freie Rücklage des Kirchenkreises fließen sollen. (red)


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