Kurz nachgefragt: Strengere Regelungen am Totensonntag?
Ostholstein. Am 24. November war Totensonntag – der letzte Sonntag im Kirchenjahr und ein sogenannter „stiller Feiertag“. An diesem Tag sind größere Veranstaltungen nur eingeschränkt oder gar nicht erlaubt. Das ist keine Neuigkeit, trotzdem tauchten in der vergangenen Woche einige Fragen von unseren Leserinnen und Lesern auf. So sorgte die kurzfristige Schließung der „Eiswelt Scharbeutz“ am Totensonntag für Verwirrung, hatte die Veranstaltung in den Jahren zuvor doch in eingeschränktem Rahmen ohne Musik und Zusatzangebote stattgefunden. Warum war das in diesem Jahr anders? Auch der ursprünglich für zwei Tage geplante „Martinsmarkt“ auf dem Museumshof Lensahn musste auf Anordnung des Kreises am Sonntag abgesagt werden – und das nur wenige Tage vorher. Was war passiert? Der reporter hat mal wieder „kurz nachgefragt“.
Kreis Ostholstein: Klare gesetzliche Vorgaben
Annika Sommerfeld, Sprecherin des Kreises Ostholstein, erklärte, dass der Kreis kurz vor dem Totensonntag einige Anfragen aus der Bevölkerung erhalten hatte. „Als Fachaufsicht über die örtlichen Ordnungsbehörden hat der Kreis am 21. November alle zuständigen Behörden noch einmal auf die seit Jahren unverändert geltenden gesetzlichen Bestimmungen für Verkaufsstellen, Veranstaltungen und Versammlungen am Totensonntag hingewiesen“, so Sommerfeld. Daraufhin hätten die örtlichen Ordnungsbehörden wie Gemeinden, Städte und Ämter die angemeldeten Veranstaltungen erneut geprüft und entsprechende Maßnahmen eingeleitet. Laut dem Sonn- und Feiertagsgesetz müssen an Feiertagen alle öffentlich bemerkbaren Handlungen ruhen, die den Feiertagscharakter stören könnten. Am Totensonntag gilt ein erweiterter Schutz. Von 6 bis 20 Uhr sind öffentliche Veranstaltungen untersagt, die dem ernsten Gedenken an die Verstorbenen widersprechen. Ob eine Veranstaltung dem Totensonntag entspricht, werde von den örtlichen Ordnungsbehörden geprüft, so Sommerfeld weiter. Dabei würden Faktoren wie der Ort, Musik und das Programm eine Rolle spielen. Nur in Ausnahmefällen, „bei Vorliegen eines dringlichen Bedürfnisses“, könne eine Veranstaltung genehmigt werden.
Nach flexiblerer Handhabung: Rückkehr zu den Regeln
„Fröhliche und laute Veranstaltungen sind an Totensonntag seit jeher untersagt“, erklärte auch Bettina Schäfer, Bürgermeisterin der Gemeinde Scharbeutz, auf Anfrage. Sie betonte, dass die Feiertage in den letzten Jahren zunehmend ihre ursprüngliche Bedeutung verloren hätten. „So hat sich über die Jahre eine etwas flexiblere Ansicht ohne detaillierte Rechtsprüfung vielleicht entwickelt, und Veranstaltungen wurden zum Teil mit Respekt und ohne laute Musik auch an diesem Tag weitergeführt“, so die Verwaltungschefin. Die weltweiten Krisen hätten dazu geführt, dass der Totensonntag heute eine neue Bedeutung erhalten habe. „Die Zeiten haben sich geändert. Viele Menschen auf der Welt verlieren durch Krieg und Gewalt ihre Liebsten, ihr Zuhause, einfach alles, und so rücken auch diese besonderen Gedenktage wieder in den Fokus, um uns noch einmal mehr bewusst zu machen, wie wichtig Demokratie, Freiheit und Frieden doch sind. Auch das haben viele heute von uns vergessen. Frieden ist nicht mehr selbstverständlich!“ Bettina Schäfer vermutet, dass es in diesem Zusammenhang Anfragen beim Kreis gegeben habe, die zu der Rückkehr zu einer strikteren Auslegung der gesetzlichen Vorgaben geführt hätten. „Der Kreis ist vermutlich auch in Absprache mit dem Ministerium zu dieser gesetzesnahen Auslegung zurückgekehrt und hat kurzfristig die Ämter informiert“, so Schäfer. Sie räumt ein: „Für die Veranstalter ist das in dem Moment bestimmt ein bisschen ärgerlich, aber auch nicht neu.“
Ein Tag der Besinnung und des Respekts
Auf die Frage, warum es aus christlicher Sicht so wichtig ist, den Totensonntag als Tag der Besinnung und des Gedenkens zu wahren und welche Bedeutung der respektvolle Umgang mit diesem Tag für die Gemeinschaft hat, erklärte Pastorin Sarah Lotzkat: „Unsere Welt ist laut und turbulent, sowohl global als auch im Alltag. Inmitten all dessen sind stille Tage für mich wichtig. Unser Leben ist voller Gegensätze: Schönes und Schweres, Leben und Tod. Beide Seiten haben ihren Raum und ihre Berechtigung. Unsere Seele braucht neben den Zeiten des Feierns auch Momente des Innehaltens und Trauerns. Der Totensonntag bietet eine Gelegenheit, innezuhalten, an die Verstorbenen zu denken und sich der eigenen Endlichkeit bewusst zu werden. Solche stillen Zeiten sind wichtig, nicht nur im respektvollen Umgang mit anderen, sondern auch als Wertschätzung für uns selbst.“ (he)