

Grömitz. Es ist das Jahr 1965 - das Jahr, in dem sowjetische Kampfflugzeuge über West-Berlin düsten, sich die Spannung im innerdeutschen Konflikt weiter zuspitze und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) die Zensur verschärfte.
„Ich fühlte mich beengt durch die Zone. Ich wollte die Mauer durchbrechen und frei sein. Ich wollte wieder das Leben spüren und Abenteuer erleben“, erinnerte sich Gerhard Faust.
Inspiriert von einer Reportage, die die Zuschauer mit auf eine Reise von Alaska bis zum Feuerland mitnahm sowie von Erzählungen seines Freundes Peter Gromotka, der bereits vorher in Amerika gewesen war, wollte auch der gebürtige Ostpreuße die Welt entdecken. Vom Reisefieber gepackt, überredete er seinen Berliner Kumpel. „Das war damals ziemlich mutig von uns“, so der heute 80-Jährige. Nach knapp zwei Wochen Vorbereitung ging es für die beiden Studenten mit 20 Mark in der Tasche und einem selbst beschrifteten Schild per pedes gen Westen. „Wir haben uns planlos ins Abenteuer gestürzt und wollten eigentlich nur vier bis fünf Monate durch die USA und Kanada trampen. Daraus wurden zweieinhalb Jahre, in denen wir ein ganzes Jahr in Südamerika verbrachten“, erzählte der Grömitzer.
Dank ihrer guten körperlichen Verfassung, war es für sie keine Kunst, sich Kost und Logis zu verdienen. Ob Tellerwäscher, Apfelpflücker, Bühnenbildner, Koch oder Beleuchter - das West-Berliner Duo hatte jeden Job angenommen, um ihre Reise finanzieren zu können.
Funk und Fernsehen begannen über die Weltenbummler zu berichteten, die als Anhalter eine Weltreise unternahmen. Denn die beiden unterschieden sich deutlich von anderen Gleichgesinnten: „Wir bettelten nicht und waren sauber. Manchmal haben wir sogar in Flüssen gebadet und unsere Wäsche darin gewaschen“, schwelgte Gerhard Faust in Erinnerungen. Ihr Bekanntheitsgrad nahm weiter zu und es folgten Einladungen von der ehemaligen brasilianischen Fußballlegende Pelé, vom damaligen Bundesminister für Wirtschaft Kurt Schmücker, mit dem die Globetrotter im Deutschen Klub in Buenos Aires speisten sowie von der früheren Swinggröße Teddy Stauffer.
Nach gut zwei Jahren trennten sich schließlich in Montreal die Wege der beiden Freunde: „Peter lernte die Liebe seines Lebens kennen und blieb bei ihr. Ich setzte meine Reise für weitere fünf Jahre alleine fort, bis ich schließlich 1972 nach Deutschland zurückkehrte und in Paderborn als Bauingenieur arbeitete. Es war eine unbeschreibliche Zeit mit durchweg schönen Erinnerungen an unvergessliche Momente in beispielsweise Costa Rica, Chile, Texas, Alaska, Arizona, New Orleans, Argentinien, Brasilien, Karlifonien, Buenos Aires oder Guatemala, wo wir aufgrund von fehlenden Spanischkenntnissen versehentlich von einem alten Guatemalteken in ein Indianerdorf im tiefen Urwald mitgenommen wurden“, schmunzelte Gerhard Faust.
Der Weltenbummler legte rund 75.000 Kilometer zu Fuß zurück, lernte Englisch „auf der Straße“ und kam mit sozialen Kontrasten in Berührung. Reich an erlebten Abenteuern und gesammelten Erfahrungen möchte er nun Mut zum Aufbruch machen: „Wenn man noch jung und im Leben unabhängig ist, ist das Reisen eine gute Möglichkeit, um sich persönlich zu entfalten und Willenskraft zu entwickeln. Es ist wichtig immer in Bewegung zu bleiben - sowohl körperlich als geistig.“
Auch heute im gesetzten Alter sehnt er sich in die Ferne - China und Japan würde er gerne noch erkunden.
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