

Als am 3. Mai 1945 britische Jagdbomber die vor Neustadt liegenden Schiffe „Cap Arcona“ und „Thielbek“ unter Beschuss nahmen, konnten sie nicht ahnen, dass sie damit eine der schlimmsten Katastrophen des vergangenen Jahrhunderts verursachten.
Neustadt. Die Piloten hielten die Schiffe für Truppentransporter mit deutschen Soldaten. Doch an Bord der Schiffe befanden sich tausende Insassen aus dem Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg, die von der SS auf den Schiffen zusammengepfercht waren. Was man mit den Häftlingen genau vorhatte, war ungewiss.
Die Bombardierung der „Cap Arcona“ und der „Thielbek“ war ein schrecklicher Irrtum in den letzten Tagen des Krieges. Nur rund 400 Menschen überlebten, über 7.000 Menschen aus 24 Ländern verbrannten, ertranken oder wurden erschossen.
In ihrer Rede zum 72. Jahrestag der Katastrophe vor Überlebenden, Angehörigen und Gästen erinnerte Bürgermeisterin Dr. Tordis Batscheider vergangenen Mittwoch am Ehrenmal zwischen Neustadt und Pelzerhaken daran, die Ereignisse nicht in Vergessenheit geraten zu lassen: „Die Ereignisse vom 3. Mai 1945 müssen uns ewige Mahnung bleiben. Nur dann können wir unsere Verantwortung dafür wahrnehmen, dass sich eine solche Tragödie nicht wiederholt.“ Zugleich erinnerte die Bürgermeisterin daran, dass es schon in wenigen Jahren keine Zeitzeugen mehr geben wird. Die Verantwortung für die Erinnerung werde dann gänzlich in den Händen von Angehörigen, Opferverbänden, Historikern und politischen Bildungseinrichtungen liegen: „Die Stadt Neustadt in Holstein stellt sich ihrer Verantwortung für die grauenvollen Ereignisse. Wir überlegen, wie man die Erinnerung auch Jahrzehnte später noch interessant gestalten kann - insbesondere für junge Menschen. Für sie gilt es, neue mediale Möglichkeiten einzusetzen“, sagte Dr. Tordis Batscheider.
Der Überlebende der Tragödie Jewgenij Malychin aus der Ukraine, der die Deportation nach Deutschland, Flucht, das KZ Neuengamme und den Untergang der Cap Arcona überstand, schilderte sorgenvoll seinen Blick in die Zukunft: „In der Welt herrscht Unruhe. An vielen Punkten der Welt brechen Terrorismus und Kriege aus. Damit der Brand eines neuen Weltkrieges verhindert wird, müssen wir alles Mögliche tun. Wir müssen die Bemühungen aller Staaten im Kampf gegen dieses Übel vereinigen. Für eine glückliche Zukunft und für das friedliche Leben unserer Nachkommen.“
Eine Lesung aus Berichten von Überlebenden des 3. Mai 1945 präsentierten vier Schülerinnen des Küstengymnasiums in Zusammenarbeit mit der AG Neuengamme. In einer Projektwoche hatten sich die Schülerinnen mit der Katastrophe befasst und gemeinsam bewegende Textstellen ausgewählt, um die Erinnerung wachzuhalten. (ab)