Petra Remshardt

Schiffstaufe des ersten Müllsammelschiffs „Seekuh“ weltweit

Kiel. Am Sonntag, dem 25. September um 14 Uhr ist es endlich soweit: Das erste spezialisierte und DNV/GL-zertifizierte Müllsammelschiff der Welt, die „Seekuh“ der Münchner Umweltorganisation One Earth - One Ocean e.V., feiert im Rahmen des 35. Deutschen Seeschifffahrtstages in Kiel ihre Schiffstaufe. Der von Günther Bonin, dem Gründer der Organisation, entwickelte Spezialkatamaran hat eine Größe von etwa 12 x 10 Metern (L x B) und wiegt knapp sechs Tonnen. Das Schiff ist zerlegbar und kann per Frachtcontainer zu Einsätzen an jeden Ort der Welt gebracht werden. Für den vollständig durch Spenden finanzierten Bau der „Seekuh“, wurden Mittel in Höhe von etwa einer viertel Million Euro gesammelt. Hauptsponsor ist die Mannheimer Röchling Stiftung. Das Forschungs-, Reinigungs- und Aufklärungsschiff, das auf der Werft von Lübeck Yacht Trave Schiff GmbH gebaut wurde und als Arbeitsschiff DNV/GL-zugelassen ist (praktisch der TÜV für Schiffe), wird nach einem Stopp am Ausrüstungskai in Lübeck in den nächsten 12 Monaten an der Ostseeküste und in Hongkong eingesetzt, wo es neben dem Müllsammeln auch Wasseranalysen vornimmt.
 
Nach einer aktuellen Studie der MacArthur Foundation sollen bis zum Jahre 2050 mehr Plastikteile als Fische in den weltweiten Meeren schwimmen. Bereits heute befinden sich mehr als 140 Millionen Tonnen Plastik in den Ozeanen und jedes Jahr gelangen mindestens weitere 8 Millionen Tonnen hinzu. Plastikmüll hat eine Lebensdauer von bis zu 450 Jahren und gelangt letztlich als Mikroplastik (kleinste Teilchen) durch die Nahrungsaufnahme der Fische auch in unsere Nahrungskette. Damit schadet Plastik in den Ozeanen nicht nur dem fragilen Ökosystem, sondern insbesondere auch uns Menschen.
 
Um dieses drängende Menschheitsproblem zumindest ansatzweise zu bekämpfen, hat Günther Bonin vor fünf Jahren das Konzept der ?maritimen Müllabfuhr“, entwickelt, bei dem der Plastikmüll von Spezialschiffen aus dem Meer gefischt und wiederverwertet wird. Die „Seekuh“, die für den Einsatz in küstennahen Regionen und Flussmündungen konzipiert ist, ist nun das erste seetaugliche Forschungs-, Reinigungs- und Aufklärungsschiff des Konzepts.
 
Die Katamaranform ermöglicht es bei einem Tiefgang von nur 60 Zentimetern, zwischen den beiden Rümpfen eine Netzkonstruktion ins Wasser abzusenken, mit der der Plastikmüll bis in eine Tiefe von zwei Metern herausgefischt wird. Damit sich keine Lebewesen in den Netzen verfangen, fährt die durch zwei Außenbordmotore à 63 PS angetriebene „Seekuh“ in Schrittgeschwindigkeit. So können Fische rechtzeitig ausweichen. Die zwei Außenborder ermöglichen aber auch eine gute Manövrierfähigkeit des bei voller Beladung mit Müll bis zu 11 Tonnen schweren Schiffs in Häfen. Die erste „Seekuh“ ist für küstennahe Regionen und Flussmündungen konzipiert und hat alle nötigen Zertifikationen als Arbeitsschiff wie DNV/GL, Berufsgenossenschaft See, BSH etc.
 
In Ländern mit hohem Müllaufkommen im Wasser kann sie mit ihren Netzen täglich mehrmals 2 bis 3 Tonnen sammeln oder bei hohen Verunreinigungen am Strand den Müll nach dem Baggerprinzip direkt an Land schieben. Später sollen „Hochseekühe“ - autark durch Wind- und Sonnenenergie angetrieben - auf hoher See selbstständig Plastikmüll einsammeln.
 
Mit der Taufe der „Seekuh“ am 25. September in Kiel wird der erste wichtige Schritt getan, doch das System wird in Zukunft weiter ausgebaut und perfektioniert. Erstmals zu besichtigen ist die „Seekuh“ wie gesagt in Kiel im Rahmen des 35. Deutschen Seeschifffahrtstages auf dem diesjährigen „Fest am Meer“ am 24. und 25. September. Informationen unter http://www.deutscher-seeschifffahrtstag-kiel.de/de/programm.html. Interessierte sind herzlich eingeladen, wenn die Taufe am Sonntag um 14 Uhr an der Campusbühne stattfindet. „Ich bin sehr stolz, nach fünf Jahren der Überzeugungsarbeit nun endlich die „Seekuh“ fertig und im Wasser zu haben, um die Öffentlichkeit auf das dringende Problem des Plastikmülls und des Marine Littering hinzuweisen“, erklärt Günther Bonin, Gründer und Entrepreneur des Vereins One Earth - One Ocean e.V.. „Mein großer Dank gilt all jenen, die mich und meine Idee über Jahre begleitet, unermüdlich geholfen und nicht zuletzt Geld bezahlt haben, um diese Projekt Wirklichkeit werden zu lassen.“ (red)


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