Marco Grümmer

Schocknachricht für Lensahn: AWO schließt Haus am Mühlenteich - Auch "Essen auf Rädern" ist betroffen

Lensahn. Mitte der letzten Woche gab es eine wahre Schock-Nachricht für Lensahn. Denn sowohl die 80 Bewohnerinnen und Bewohner als auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des AWO Hauses am Mühlenteich wurden von der Mitteilung überrascht, dass die Betreiberin des Hauses, die AWO Pflege Schleswig-Holstein gGmbH, bereits zum 31. August 2025 die Schließung des Pflegeheims plant.

Auf Nachfrage des reporters hat die Geschäftsführerin der AWO Pflege Schleswig-Holstein, Ulrike Kömpe, die Hintergründe dieser Entscheidung erläutert, die nicht leichtfertig gefällt worden, sondern nach intensiver Prüfung und Abwägung verschiedener Optionen getroffen worden sei. Ausschlaggebend seien letztlich die gravierenden baulichen Mängel am Gebäude gewesen – insbesondere an der Bausubstanz, den Wasserleitungen und der Heizungsanlage, berichtete Ulrike Kömpe: „Eine Sanierung oder Modernisierung wäre nur durch einen vollständigen Abriss und anschließenden Neubau möglich gewesen. Angesichts der notwendigen hohen Investitionskosten und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen war dieses Vorhaben für uns nicht tragbar und die Schließung dadurch notwendig“, so die AWO-Geschäftsführerin. Die hohen Investitionskosten für einen Neubau seien unter anderem durch die erhebliche Belastung des Bodens mit Schwermetallen und Schwerölen in der Region begründet. Dies habe ein Gutachten der unteren Wasserschutzbehörde des Kreises Ostholstein ergeben, das Ende 2023 gemacht worden sei. Dadurch wäre bei einem Neubau eine aufwändige und damit teure Pfahlgründung notwendig geworden, die hinzu kommende rund 30 prozentige Baukostensteigerung seit dem Krieg in der Ukraine sei ein weiterer Aspekt.

Wie geht es für die Bewohner weiter?

„Aktuell arbeiten wir intensiv daran, dass unsere 80 Bewohnerinnen und Bewohner schnell wissen, wo sie zukünftig leben und betreut werden“, gab Kömpe an. Man sei daher bereits mit anderen Einrichtungen in der Region in Kontakt und schon ab Mitte April werden die ersten Betroffenen sukzessive in andere, passende Pflegeeinrichtungen umziehen. Die Kosten für die gesamte Organisation und die Umzüge übernimmt die AWO. Außerdem sei während dieser Phase bis zur Schließung des Hauses natürlich die weitere Versorgung der noch anwesenden Bewohner durch die AWO Pflege Schleswig-Holstein sichergestellt und auch die ambulante Versorgung werde wie gewohnt fortgesetzt. Um die Bewohner und Angehörigen während dieses Prozesses bestmöglich zu begleiten, stünden Informationsangebote wie etwa regelmäßige persönliche Sprechstunden zur Verfügung.

Wie geht es für die Mitarbeiter weiter?

Ebenfalls zum AWO Haus am Mühlenteich gehört das AWO Servicehaus mit der Bürgerbegegnungsstätte und 18 Wohnungen für Seniorinnen und Senioren. Hier werde ein separater Verkauf angestrebt, damit das Angebot durch einen neuen Betreiber fortgeführt werden könne. „Für das ‚Essen auf Rädern‘ sind wir auf der Suche nach einer alternativen Küche, da die Großküche im Haupthaus liegt, das geschlossen wird. In Lensahn beschäftigen wir aktuell 53 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die wir natürlich trotz der Schließung gute Lösungen schaffen möchten. Dies kann die Weiterbeschäftigung an einem anderen AWO-Standort sein, der Wechsel zu einem Mitbewerber in der Nähe oder auch ein vorgezogener Renteneintritt. Dazu führen wir aktuell individuelle Gespräche“, teilte Ulrike Kömpe mit.

Versorgung durch „Essen auf Rädern“ ab sofort nicht mehr sichergestellt

Auch für den AWO-Ortsverein, der sich unter anderem um das „Essen auf Rädern“ kümmert, kam die Nachricht in der vergangenen Woche überraschend. „Seit etwa 40 Jahren versorgt der AWO-Ortsverein Lensahn die Senioren im Amtsbezirk Lensahn mit ‚Essen auf Rädern‘. Die Speisen werden in der Küche des Hauses am Mühlenteich der AWO GmbH zubereitet und an den Ortsverein verkauft. Für die Verpackung hat der Ortsverein die nötigen Materialien und Geräte angeschafft, ebenso unterhält er die für die Verteilung notwendigen Fahrzeuge und beschäftigt die notwendigen Fahrer. Aktuell werden täglich zwischen 180 und 200 Essen verteilt“, berichtet der Ortsvereinsvorstand. Durch die überraschende Schließung habe man den Mitarbeitern empfehlen müssen, sich bereits jetzt um einen neuen Arbeitsplatz zu kümmern. Daraus resultiere jedoch, dass die Versorgung mit „Essen auf Rädern“ ab sofort nicht mehr sichergestellt ist. „Wir bedauern diese Entwicklung sehr, vor allem sind wir entsetzt über die Kurzfristigkeit dieser Maßnahme. Da wir selbst von dieser Entwicklung völlig überrascht wurden, können wir zurzeit über die Zukunft von ‚Essen auf Rädern‘ keinerlei Aussagen machen. Wir werden uns um Klärung bemühen“, versprach der AWO Ortsverein.

„Ein Pflegeheim ist für Lensahn unverzichtbar“

Auch Bürgermeister Michael Robien hätte sich eine rechtzeitigere Information seitens der Betreiberin gewünscht. „Wir müssen jetzt in Sachen Pflegeheim mit der AWO Pflege sprechen und mit möglichen Investoren Kontakt aufnehmen, da ein Pflegeheim in Lensahn, dem Zentrums Ostholsteins, unverzichtbar ist“, sagte er. Besonders schlimm sei die Schließung für die pflegebedürftigen Bewohnerinnen und Bewohner, da ihnen ihr Lebensmittelpunkt, Freundschaften und die entstandenen täglichen Kontakte zu vertrauten Personen genommen werden und auch für das Personal sei die Schließung aus heiterem Himmel eine sehr unerfreuliche Botschaft, bedauerte Robien.

Wie es mit dem „Essen auf Rädern“ und dem Mittagstisch für die Schülerinnen und Schüler der Grund- und Gemeinschaftsschule Lensahn weitergeht, konnte Bürgermeister Robien noch nicht sagen. „Der AWO Ortsverband Lensahn und wir sind aber intensiv auf der Suche nach Ersatz“, betonte er. (mg)


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