Treckerdemos durch Ostholstein für bessere Bedingungen in der Landwirtschaft
Ostholstein. Der vergangene Montag bedeutete für viele Ostholsteiner Familien nach den Weihnachtsferien wieder in den beruflichen und schulischen Alltag zu starten. Dieser war jedoch bereits am Morgen durch erhebliche Verzögerungen im Straßenverkehr geprägt. Die Ostholsteiner Bauern hatten sich mit ihren Traktoren in der gesamten Region auf die Straßen begeben, um in Konvois und Sternfahrten den Verkehr zu beeinträchtigen. Im Gegensatz zur letzten Demonstration wurden auch etliche Nebenstraßen befahren. Mit reichlich Lärm durch Hupen und Motorengeräusche machten die Demonstranten auf sich aufmerksam und bekamen von vielen Bürgerinnen und Bürgern bereits im Vorfeld großen Zuspruch. Einige standen am Straßenrand und winkten den Fahrzeugen zu. Die an den Treckern angebrachten Schilder zeigten Aussprüche wie „Nur mit Diesel im Tank (...) gibt‘s Brot im Land“ oder „Ohne Bauern keine Zukunft“ und „Ohne Landwirtschaft wärst du hungrig, nackt und nüchtern“.
Grund für die erneute bundesweite Protestaktion waren die Beschlüsse zum Bundeshaushalt 2024, die eine Streichung des sogenannten Agrardiesels und der Kfz-Steuerbefreiung vorsehen (der reporter berichtete). Bereits am letzten Schultag vor den Weihnachtsferien hatten die Ostholsteiner Bauern mit einer Sternfahrt demonstriert und angekündigt auch weitere Demofahrten zu organisieren, sollte sich an den geplanten Haushaltsbeschlüssen nichts ändern.
Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Dr. Robert Habeck und Bundesfinanzminister Christian Lindner haben sich inzwischen auf Änderungen zur Aufstellung des Bundeshaushalts verständigt. Auf die Abschaffung der Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft wird verzichtet. Grund dafür sei laut Bundesregierung, das man den zum Teil erheblichen bürokratischen Aufwand für die betroffenen Unternehmen vermeiden wolle.
Auch die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll nicht in einem Schritt vollzogen werden. Stattdessen erfolgt eine schrittweise Reduzierung der Begünstigung, um den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben. Im Jahr 2024 erfolgt eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 Prozent. In den Jahren 2025 und 2026 wird jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, sodass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolgen soll. Ende Januar soll nach diesen Planungen der Bundeshaushalt beschlossen werden. Der Bundesrat könnte in seiner Sitzung am 2. Februar das Gesetzgebungsverfahren dann abschließen.
Landwirt Hendrik Weidemann, der zusammen mit Max de la Motte und Philipp Clausen die lokalen Protestfahrten organisierte, sagte hierzu: „Es gibt noch zig andere Punkte, die uns auf dem Herzen liegen, wie zum Beispiel die verschärfte Düngeverordnung, strengere Pflanzenschutzanwendungen, Kürzungen der Flächenprämie oder die Zwangsstilllegung von Ackerflächen. Hinzu kommen Streichung der Investitionsförderung, Änderung des Pauschalsteuersatzes, neue Regeln bei der Herkunftsbezeichnung, Lieferkettengesetze und fehlende Marktrahmenbedingungen. Wir können nicht mehr. All diese Dinge prasseln auf uns ein.“ Auf die Frage, ob mit weiteren Demonstrationen zu rechnen sei, antwortete er: „Es muss eine Kehrtwende geben. Und dafür gehen wir auf die Straße und werden wahrscheinlich auch noch länger auf die Straße gehen.“
Verlauf der Demonstrationen im Norden
Die Landespolizei in Schleswig-Holstein war auf die Demonstrationen gut vorbereitet und begleitete landesweit mit viel Aufwand und Personal das komplexe Einsatzgeschehen um die Proteste der Bauernschaft. Die Routen führten von Eutin über Ahrensbök bis nach Stockelsdorf, von Gnissau bis nach Scharbeutz, von Pönitz bis nach Ratekau und jeweils zurück. Vor allem aber rund um Neustadt und bis Großenbrode wurden immer wieder verschiedene Routen gefahren. Vereinzelt kam es im Zuge des Berufsverkehrs zu kurzzeitigen Blockaden von Autobahnzufahrten. Seine letzte Runde drehte ein etwa 30 Fahrzeuge umfassender Konvoi am Montag gegen 16.30 Uhr von Neustadt über Süsel und Sierksdorf bis nach Merkendorf.
Konvoi auf der A1
Gegen 6 Uhr wurde am Montag ein circa 100 Fahrzeuge umfassender Konvoi auf der Autobahn A1 festgestellt. Nach einem Kooperationsgespräch beendeten die Landwirte ihre Spontanversammlung und verließen eigeninitiativ die Autobahn.
Staus am Fehmarnsund
Ab etwa 12.30 Uhr fuhren rund 15 Traktoren von Großenbrode in Richtung Fehmarn, um über die Brücke zu gelangen. Auf der Insel wartete eine in etwa gleiche Anzahl an Fahrzeugen, die danach auf das Festland fahren wollte. Nachdem die erste Kolonne auf der Insel eintraf, blieb eines der Fahrzeuge stehen, sodass es zu einem massiven Rückstau bis weit auf das Festland kam. Anschließend fuhren die Traktoren im Wechsel über die Brücke, sodass der Verkehr weiter ins Stocken geriet. Gegen 15 Uhr war diese Aktion beendet und ein fließender Verkehr hergestellt.
Bilanz der Polizei
Die Teilnehmenden verhielten sich laut Polizei überwiegend diszipliniert, kooperativ und angemessen. Auch die übrigen Bürger und Verkehrsteilnehmer zeigten Verständnis und vor allem viel Geduld. Nur in einem Fall kam es wegen einer angeblich blockierten Einmündung zu einer Anzeige durch eine Verkehrsteilnehmerin. (ko/red)