Gesche Muchow

Wie geht es „unserem“ eska-Kaufhaus?  - Interview: Jürgen Mohr über eine herausfordernde Zeit für den Einzelhandel

Jürgen Mohr.

Jürgen Mohr.

Bild: Gesche Muchow

Neustadt in Holstein. reporter-Redakteurin Gesche Muchow traf den geschäftsführenden Gesellschafter des eska-Kaufhauses und Mitglied des Gewerbevereinsvorstands Jürgen Mohr zum Interview.
In ihrem Gespräch ging es in erster Linie darum, wie das eska-Kaufhaus die turbulenten letzten Monate erlebt hat. Außerdem sprachen die beiden über den besonderen Zusammenhalt in der Kleinstadt und die generelle Situation des stationären Einzelhandels in Zeiten des erstarkenden Online-Handels.
 
 
Gesche Muchow: Lieber Herr Mohr, man hat das Gefühl, dass man seit dem Beginn der Coronazeit so langsam vorsichtig wieder aufatmen darf. Wie haben Sie bei eska diese letzten Monate erlebt?
 
Jürgen Mohr: Es war eine sehr große Herausforderung für das ganze Team. Zunächst die erste Zeit, in der wir gar nicht öffnen durften. Da standen wir zum einen vor dem Problem, dass natürlich auch weiterhin ständig Ware geliefert wurde, wir aber überhaupt nicht abschätzen konnten, wann wir wieder öffnen dürfen, zum anderen hieß es, den Kontakt zu den Kunden zu halten.
Inzwischen hat sich die Situation fast umgedreht. Hatten wir anfangs zu viel Ware, haben unsere Lieferanten derzeit große Probleme, pünktlich zu liefern. Denn jetzt spüren wir den Produktionsausfall, der auch in den produzierenden Ländern augrund der Corona-Pandemie stattgefunden hat, sodass wir jetzt vermehrt Probleme haben, bestimmte Artikel zu bekommen. Das führt leider einfach zu Lücken, die wir nicht gefüllt kriegen.
 
 
Gesche Muchow: Jetzt haben Sie schon länger wieder geöffnet. Ist denn alles wieder beim Alten oder gibt es noch Einschränkungen?
 
Jürgen Mohr: Leider gibt es immer noch Einschränkungen, vor allem für die Mitarbeiter. Ich habe die Mitarbeiter vorsorglich in zwei Teams eingeteilt, damit wir auch im Falle einer Infektion weiterhin geöffnet haben können. Das bedeutet aber gleichzeitig, dass derzeit lediglich 14 Verkäufer und Kundenberater im Kaufhaus zur Verfügung stehen, während sonst immer rund 21 Personen auf den gut 3.000 Quadratmetern Kaufhausfläche sind. Bei unserer Größenordnung ist das eigentlich auch das absolute Minimum, um unsere Ansprüche an eine top Kundenberatung zu erfüllen. Die Kunden spüren das sicherlich gar nicht so erheblich, aber die Mitarbeiter sind doch frustriert, weil sie in dieser kleineren Besetzung die Kunden nicht immer so bedienen können, wie sie es möchten.
 
 
Gesche Muchow: Mussten Sie Mitarbeiter entlassen?
 
Jürgen Mohr: Nein, ganz im Gegenteil, wir wollen neue Mitarbeiter einstellen, weil wir im nächsten Jahr altersbedingt einige Abgänge haben werden und wir außerdem die Mitarbeiter, die so toll und teils über das normale Maß hinaus gearbeitet haben, entlasten wollen.
Als Anerkennung dieser hervorragenden Leistung werden wir auch die uns gezahlte staatliche Soforthilfe komplett als Sonderprämie an die Mitarbeiter auszahlen. Gleichzeitig hoffen wir, dass wir damit auch ein Stück weit die finanziellen Einbußen abfedern können, die aufgrund der Kurzarbeit entstehen.
Wir sind in erster Linie froh, dass das eska-Kaufhaus so solide aufgestellt ist, denn dass das auch anders laufen kann, zeigen ja Beispiele wie Karstadt und das LMK-Kaufhaus in Eutin.
 
 
Gesche Muchow: Stichwort: Solide aufgestellt: Wie geht es dem eska-Kaufhaus wirtschaftlich betrachtet?
 
Jürgen Mohr: Wir haben in den letzten Jahren sehr gut gearbeitet, sodass wir jetzt ein gewisses Polster hatten, um diese Krise zu überstehen. Natürlich kamen da auch staatliche Hilfen dazu, sonst hätten wir diesen immensen Umsatzverlust auch nicht so einfach weggesteckt, aber durch einen KfW-Kredit konnten wir diese Liquiditätslücke gut schließen. Das bedeutet zwar auch, dass wir in den nächsten Jahren leider in Sachen Renovierung nicht den großen Wurf machen können, aber das macht nichts, denn das Haus sieht im Großen und Ganzen gut aus.
 
 
Gesche Muchow: Heute wollen Sie vor allem ein Lob loswerden. An wen richtet sich denn dieses Lob?
 
Jürgen Mohr: In erster Linie an unsere tollen Mitarbeiter. Alle sind sehr motiviert und leisten eine hervorragende Arbeit.
Aber auch an Neustadt und die Neustädter. Ich habe das Gefühl, dass der Schulterschluss zwischen den Unternehmen, aber auch den Neustädtern generell sehr groß ist. Alle halten zusammen und setzen sich füreinander ein.
Nicht zuletzt gilt mein Lob und Dank aber auch unseren Kunden, die so viel Verständnis mitbringen und sich immer wieder ganz klar für „buy local“ entscheiden.
 
 
Gesche Muchow: Ist der Online-Handel eine große Konkurrenz für Sie beziehungsweise werden Sie gegebenenfalls auch den Bereich Online-Handel für das eska-Kaufhaus erschließen oder ausweiten?
 
Jürgen Mohr: Online-Handel machen wir eigentlich nicht, in der Corona-Krise haben wir aber gemeinsam mit dem Online-Shop vom reporter erste gute Erfahrungen gesammelt. Allerdings liegt unser Schwerpunkt auf der persönlichen Ansprache und Beratung, die wir online einfach nicht so gut umsetzen können.
Auch höre ich viel häufiger als vorher von unseren Kunden den Satz: „Nein, wir kaufen vor Ort“. Bei vielen Menschen, gerade in der Kleinstadt, ist das Bewusstsein und die Wertschätzung der ansässigen Geschäfte und Unternehmen meiner Meinung nach sehr ausgeprägt.
Ich sehe auch für den stationären Einzelhandel das „Schreckgespenst“ Online-Handel gar nicht so sehr. Denn man darf nicht vergessen, dass erstens Konkurrenz das Geschäft belebt und zweitens es auch früher schon den sogenannten Distanzhandel gegeben hat.
Früher in Form der Katalog-Bestellhäuser und heute eben in Form des Online-Handels. Ich denke, dass der Online-Handel als Ergänzung gesehen werden muss und nicht automatisch den Tod des stationären Einzelhandels bedeutet.
 
 
Gesche Muchow: Wie sieht es bei den anderen Gewerbetreibenden und Einzelhändlern in Neustadt aus? Haben Sie da etwas gehört?
 
Jürgen Mohr: Da muss man branchenweit unterscheiden, beispielsweise hat der Lebensmittelhandel in den letzten Monaten sehr gut verdient, hinzu kommt die sehr gute Buchungslage bei uns an der Ostsee. Uns Einzelhändlern spielt natürlich auch das eher verhaltene Sommerwetter in den letzten Wochen in die Karten, da die Leute dann lieber bummeln gehen und nicht unbedingt am Strand liegen.
Ein spezielles Problem bei uns und anderen Kollegen aus dem Textilbereich ist natürlich auch die Maskenpflicht. Da macht es einfach nicht so viel Spaß, etwas anzuprobieren.
 
 
Gesche Muchow: Können sich die Kunden über besondere Aktionen in nächster Zeit freuen?
 
Jürgen Mohr: Generell kann man sagen, dass es momentan überall wirklich sehr sehr gute Schnäppchen und Rabatte gibt. Bei uns im eska-Kaufhaus gibt es die natürlich auch. Außerdem können Besitzer der Neustadt Card seit Juni 2020 bis zum Jahresende im eska-Kaufhaus doppelt punkten. (gm)


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