Dahmer Fischer
Die Geschichte der Gemeinde Dahme, der sich der reporter einmal im Monat widmet, ist nicht nur äußerst interessant, sondern auch spannend und informativ. Der heutige Text stammt aus der Feder von Jürgen B. Landschoof und ist auf der Internetseite www.wirliebendahme.de veröffentlicht, die vom Heimatforscher Dr. Jürgen Möller betreut und gepflegt wird.
Der Fischfang war schon seit alters her die Haupternährungsquelle an der Küste. Es wird berichtet, dass schon 1335 Heinrich von Dahmeshöved das Privileg zum Aalfang in Dahme besaß. 1594 werden im Einwohnerverzeichnis von Dahme vier Fischer namentlich genannt.
Die Fischerei ist ein harter Beruf, der auch von den Dahmer Fischern ihren Tribut forderte. Nicht alle kamen vom Fischfang zurück. Die Jahrhundertsturmflut vom 13. November 1872 wurde für die Dahmer Fischer zur Katastrophe. Sie verloren fast alle Fischereifahrzeuge, mit den Reusen, Netzen und den übrigen Fischereigeräten. Am schlimmsten traf es die, die auch noch ihre Wohnhäuser verloren, sie waren völlig ruiniert.
1910 fuhren ca. 60 Fischer mit ihren Booten zum Fischfang von Dahme auf die Ostsee hinaus. Am 29. Dezember 1913 wurde der Fischerverein für Dahme gegründet. Erster Vorsitzender wurde Julius Gammelin.
Die Fischerei, die in den früheren Jahren eine der wichtigsten Erwerbsquellen des Ortes bildete, ist seit dem ersten Weltkrieg immer weiter zurück gegangen. 1914 fuhren von Dahme aus noch 50-60 Mann in 20 Booten auf Fischfang, darunter vier große Fischkutter, sogenannte Quatschen, die mit ihren Fanggeräten weiter auf die Ostsee hinaus, bis zu den Fischgründen um Bornholm zum Fischfang fuhren und ihre Fänge in Kiel oder Travemünde selbst an den Markt brachten. 1930 waren es nur noch 25 Mann in 10 Booten, 1934 gab es nur noch 20 Fischer. Die Erträge waren so gering, dass Familien davon nicht leben konnten. Während der Badesaison wurde der gefangene Fisch im Dorf verkauft. Im Winter wurden die Fänge meistens zum Altonaer Fischmarkt gesandt. Vom Fang zurück gekehrt wurden die Boote mit dem Windenbock auf Boothöltern auf den Strand gezogen. An den Netzstützen am Strand wurden nach jedem Fang die Netze zum trocknen, reinigen und zur Reparatur aufgehängt.
Im Sommer fuhren Dampfer von Lübeck nach Fehmarn, vor Dahme wurden Gäste mit Fischerbooten ausgebootet. So konnten die Fischer ihr karges Einkommen etwas aufbessern. Der Spruch der Fischer lautete: „Dat Fischen is keen Speelkram un keen Dansmusik, Fischen dat is schwoare Arbeid un Not un Sorgen. Bit nuher hett sick noch keen Fischersmann soveel up‘n Dutt kleit, dat he de letzten tein Joahr von lewen kunn.“
Die im Mai 1945 einrückenden britischen Truppen zogen mit einer Zugmaschine die am Strand liegenden noch fahrbereiten Fischerboote zusammen übergossen sie mit Benzin und zündeten sie an. So manchem, der auf dem Deich stand und zuschaute, kamen die Tränen.
Ein schwerer Neubeginn für die Fischer begann in einer Zeit der absoluten Not. Da hier keine Arbeit zu finden war, fuhren 1948 wieder 40 Fischer zum Fang hinaus. Die Fischer ließen ihre bis zu 8 m langen Boote zu einem großen Teil in Dahme bauen. Das letzte große Fischereimotorboot wurde 1949 von Heinrich Landschoof gebaut, dem langjährigen Vorsitzenden des Fischervereins. Ein kleines altes Fischerhaus steht heute noch am Stinkbütelsgang. Es ist an die 200 Jahre alt, gehörte einmal dem Fischer Karl Kitzerau (1874) und steht heute unter Denkmalschutz.
Am 3. Oktober 1997 wurde in Dahme ein neues Wahrzeichen eingeweiht, das Fischerdenkmal vor dem Haus des Gastes. Es soll an die Dahmer Fischer erinnern.
Jürgen B. Landschoof, Dahme 1999
Heute gibt es keine Fischer mehr in Dahme. Der Fischerverein feiert aber noch jährlich seinen Fischerbudentreff.