

Timmendorfer Strand/Niendorf. „Im nächsten Jahr wird es keinen Edeka-Markt in
Niendorf/Ostsee geben,“ lautet das Fazit von Reimer Jens, geschäftsführender
Gesellschafter der Jens Markt GmbH & Co KG. Das ist auch das Ergebnis der
jüngsten Bauausschuss-Sitzung am vergangenen Donnerstag, da die Mitglieder des
Bauausschusses der Gemeinde Timmendorfer Strand in einer turbulenten Sitzung
ihren eigenen Beschluss zu einem Parkdeck auf dem Supermarkt-Dach kippten und
nun den Bau einer Tiefgarage fordern. Investor Reimer Jens hatte bereits einen
Bauantrag beim Kreis gestellt. Ein Baubeginn war für September 2016 vorgesehen,
die Eröffnung des neuen Supermarktes, als Vollversorger für Niendorf/Ostsee, war
zu Ostern 2017 geplant.
Jetzt ist mit einer weiteren Verzögerung von mindestens einem Jahr zu
rechnen. Auch der fünfstellige Betrag für die Kosten des Bauantrages sind nun
umsonst gezahlt worden. Die Jens GmbH & Co KG mit Sitz auf Fehmarn betreibt
insgesamt acht Edeka-Supermärkte, darunter auch den Frischemarkt Jens in
Niendorf/Ostsee. Im Jahr 2006 hat die familiengeführte GmbH den damaligen
Einkaufsmarkt in der Strandstrasse übernommen. „Die Gemeinde Timmendorfer Strand
war damals bemüht einen Nachfolger zu bekommen, um das Geschäft vor der
Schließung zu bewahren,“ berichtet Geschäftsführer Reimer Jens jr. Auf rund 300
m² Verkaufsfläche kann aber derzeit nur ein eingeschränktes Sortiment angeboten
werden. „Bei der Übernahme haben wir mit der Gemeinde einen Vertrag geschlossen,
in dem festgehalten wurde, dass wir den Erstzugriff erhalten, sollte es durch
eine B-Plan-Änderung zu einer Möglichkeit für einen Neubau kommen.“ In einer
Bauausschuss-Sitzung im September 2015 wurde der Weg im dritten Anlauf frei
gemacht, nachdem die Änderung des B-Plans beschlossen wurde. Die
Ausschuss-Mitglieder stimmten für ein Parkdeck, das für Mitarbeiter und
Parkplatz-Dauermieter vorgesehen ist - anstelle der Ursprungsplanungen mit
Gründach und einer Tiefgarage (mit einer Gegenstimme der Grünen).
Mit einem Baubeginn im Herbst 2016 hätte der neue Einkaufsmarkt mit einer
Verkaufsfläche von 1.200 m² im Frühjahr 2017 hinter dem jetzigen Markt an der
Strandstraße - westlich der Sydowstraße - eröffnet werden können. Doch daraus
wird nun nichts mehr. Inzwischen baut die Gemeinde eine Erschließungsstraße von
der B 76 zum künftigen Supermarkt und neuen Großparkplatz Ost. Bei den Kosten
für die Anbindung an die Bundesstraße muss sich die Firma Jens ebenfalls mit
einer größeren Summe beteiligen. Der alte „Sdyowstraße-Parkplatz“ wurde von der
Gemeinde ausgebaut und bietet mit 160 Stellplätzen direkt an der B 76 jetzt mehr
Parkraum als zuvor („der reporter“ berichtete). Dieser neue Großparkplatz soll
bereits am 17. Juni - zwei Wochen früher als geplant – freigegeben werden und
ist dann von der Bundesstrasse anfahrbar.
Ab Herbst werden 80 weitere Parkplätze von der Gemeinde vor dem geplanten
Markt gebaut. Nachdem in den letzten zwei Ausschuss-Sitzungen Überlegungen zum
Stellplatz-Nachweis angestellt wurden und die Grünen und direkte Anwohner erneut
ein Gründach ins Gespräch brachten, ist der geplante Edeka-Markt wieder zum
Thema in den politischen Gremien geworden. Die Firma Jens müsste für den neuen
Markt 87 Stellplätze auf dem eigenen Grundstück nachweisen und somit auf dem
Parkdeck. Das Angebot von Jens, statt vermieteter Stellflächen kostenlose
Parkplätze für Tagesgäste zur Verfügung zu stellen, wurde von den
Ausschussmitgliedern nicht angenommen. Durch das Parkdeck befürchten Anwohner
mit Lärmemissionen belastet zu werden, hieß es, und das obwohl ein
Schallschutzgutachten vorlag und vorgegebene Werte nicht überschritten werden.
Die Forderungen, den Markt jetzt doch mit einer Tiefgarage zu bauen, wurden
lauter. Außerdem befürchteten direkte Anwohner, dass der Bau mit Parkdeck zu
hoch werden würde. Das stellte aber Martin Jellinghaus, technischer Berater der
Jens GmbH & Co KG, richtig: „Mit einer Tiefgarage wird der Bau sogar um 50
Zentimeter höher.“ Weiter sagte er: „Ein Jahr ist verloren, denn im B-Plan ist
das Parkdeck enthalten, wie es im September 2015 von Ihnen beschlossen wurde.
Wird dies jetzt rückgängig gemacht, dann müsste auch der B-Plan erneut
geändert werden.“ Bürgermeisterin Hatice Kara sagte: „Es ist im Interesse der
Gemeinde, dass der Markt jetzt kommt.“ Des Weiteren sprach sie das Beitragsrecht
an und dass bereits Ablöseverträge verteilt worden. Reimer Jens jr. machte
keinen Hehl daraus, dass der Bau einer Tiefgarage 500.000 Euro Mehrkosten
verursachen würde. „Das Niendorfer Projekt ist schon jetzt mit 50 Prozent
Mehrkosten teurer als zuvor geplant,“ so Jens. Während einer längeren Diskussion
wurde auch die Zahlung einer Ablöse für gemeindeeigene Parkplätze in Betracht
gezogen. Und da kein Fahrstuhl zum Parkdeck geplant sei, wäre eine
Barrierefreiheit nicht gegeben. „Rollstuhlfahrer oder Eltern mit Kindern parken
direkt vor der Tür auf den ausgewiesenen Parkplätzen,“ berichtete Reimer Jens
junior.
Nach einer Sitzungsunterbrechung unterbreitete Jens den Vorschlag, auf das
Parkdeck eine Begrünung zu schaffen und für zusätzlichen Schallschutz zu sorgen,
dies wurde nicht angenommen. Auf den Vorschlag von Gudula Bauer (CDU), eine
Sondersitzung einzuberufen und sich zuvor in den Fraktionen zu beratschlagen,
während die Gemeindeverwaltung Gespräche mit der Firma Jens führen sollte,
antwortete Reimer Jens: „Wenn wir jetzt weiter verschieben, wird es nächstes
Jahr keinen Jens Markt in Niendorf geben. Wir brauchen heute eine Entscheidung!“
Mit den Stimmen von CDU (Rainer Steen, Gudula Bauer, Ingo Muuß, Holger Ahrens),
WUB (Andreas Müller, Mirko Spiess, Martin Pannewig), Grünen (Jan Karthäuser) und
Neue Perspektive (Frank Theunissen) wurde schließlich die „6. Änderung des
Bebauungsplanes Nr. 20 mit Festsetzung einer Tiefgarage“ beschlossen. Die beiden
SPD-Vertreter (Peter Ninnemann, Christian Härtel) enthielten sich. Reimer Jens
jr. bedauert nach der Sitzung die Entscheidung der Politik und ist sichtlich
enttäuscht: „Jetzt konzentrieren wir uns erst einmal auf das Sommergeschäft in
unseren bestehenden Filialen und dann schauen wir, wie es weitergeht. Wir müssen
das gesamte Vorhaben grundsätzlich neu durchrechnen. Trotzdem halte ich derzeit
an dem Projekt fest.“ R.K.