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Neue Eisenbahnbrücke: Bahn fordert Millionen von der Gemeinde Ratekau

Völliges Unverständnis herrscht bei Ratekaus Bürgermeister Thomas Keller und seiner 2. Stellvertreterin Corina Harnack. Die Gemeinde soll den Neubau der Eisenbahnbrücke zwischen Sereetz und Bad Schwartau zum Großteil zahlen.

Völliges Unverständnis herrscht bei Ratekaus Bürgermeister Thomas Keller und seiner 2. Stellvertreterin Corina Harnack. Die Gemeinde soll den Neubau der Eisenbahnbrücke zwischen Sereetz und Bad Schwartau zum Großteil zahlen.

Bild: Stefan Setje-Eilers

Ratekau. Als einzige Kommune im Kreis Ostholstein soll die Gemeinde Ratekau für den Neubau einer Eisenbahnbrücke im Zuge der Schienenhinterlandanbindung zur Festen Fehmarnbeltquerung zu einer erheblichen Kostenbeteiligung in Millionenhöhe herangezogen werden. Das teilte Ratekaus Bürgermeister Thomas Keller jetzt mit der 2. stellvertretenden Bürgermeisterin Corina Harnack und Bauamtsleiterin Karin John im Rahmen eines Pressegesprächs mit.

Konkret geht es um den Neubau der Eisenbahnbrücke in der Schwartauer Straße, eine Gemeindestraße, die die Orte Sereetz und Bad Schwartau verbindet. Die vorhandene Brücke wurde 1911 gebaut und entspricht daher auch den üblichen Maßen des frühen letzten Jahrhunderts. Die Brücke führt derzeit zwei Gleise der jeweils eingleisigen Strecken (1100: Lübeck-Puttgarden und 1110: Eutin-Bad Schwartau) und hat eine Durchfahrtsbreite von 4,25 Meter und eine Durchfahrtshöhe von 3,50 Meter.

„Mit dem Bau der Schienenhinterlandanbindung“, so Thomas Keller, „soll diese Eisenbahnbrücke abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden, der künftig wegen des zweigleisigen Ausbaus der Strecke nach Puttgarden drei anstatt der bisher zwei Gleise aufnehmen soll.“

Mit der Tieferlegung der Bahngleise im Bereich des Bahnhofes Bad Schwartau in einen 3.20 Meter tiefen Trog, muss im Streckenverlauf ebenfalls die Lage der Gleise angepasst werden. Im Bereich des Brückenbauwerkes soll die Trasse daher um zirka zwei Meter abgesenkt werden. „Und damit muss auch kostenintensiv in den Grundwasserspiegel eingegriffen werden“, so Ratekaus Verwaltungschef.

Ausschließlich durch die geplanten Maßnahmen der Bahn werden ein neues Brückenbauwerk und eine Absenkung der Straße zur Gewährleistung der Durchfahrt für den Straßenverkehr erforderlich. „Vor diesem Hintergrund ist es nahezu absurd, dass die Gemeinde Ratekau den überwiegenden Teil des Brückenbauwerkes zahlen soll“, sind sich die drei einig.

Nach aktueller Darstellung der Bahn wird das Brückenbauwerk rund 7,5 Millionen Euro kosten, davon entfallen 4,14 Millionen (55 Prozent) auf die Gemeinde Ratekau und 3,36 Millionen auf die Bahn (45 Prozent). Obwohl die Bahn mit der Umsetzung ihres Bauprojektes alleinige Verursacherin der Kosten ist, soll die Gemeinde mehr für den Brückenneubau zahlen als die Bahn selbst. Und zwar nur dafür, dass die Durchfahrtshöhe der Brücke auf ein zeitgemäßes Maß von 4,50 Meter erhöht wird.

An dieser Stelle verweist die Bahn auf die Regelung des § 12 Eisenbahnkreuzungsgesetz (EKrG) und eine dazu ergangene Verfügung des Eisenbahn-Bundesamtes, wonach bei einem neuen Kreuzungsbauwerk die gegenseitigen „Verlangen“ (der eine möchte dies, der andere möchte das) gegenüberzustellen sind. „Obwohl wir als Gemeinde keine formellen Forderungen an die Bahn gestellt haben, wird uns ein sogenanntes ,Verlangenmüssen‘ unterstellt“, erläutert Thomas Keller. Sprich: Nach der rechtlichen Einschätzung der Bahn ist die Gemeinde hier gezwungen, etwas zu wollen und daraus die Kosten zu tragen.

Der § 12 EKrG kommt hier zur Anwendung, weil es sich trotz Ausbaus um ein Teilstück der Bestandstrasse handelt, während im weiteren Verlauf bei Kreuzungsmaßnahmen § 13 EKrG (Neubau) zur Anwendung kommt, der die Kommunen von Kosten freigestellt.

Die Gemeinde Ratekau wehrt sich vor allem wegen der Unverhältnismäßigkeit gegen die Vorgehensweise der Bahn. „Letztlich steht hier ein transeuropäischer Schienenausbau in Milliardenhöhe – Nordeuropas größtes Infrastrukturprojekt – einer untergeordneten Gemeindestraße gegenüber. Auch das Verursacherprinzip wird durch die Kostenverteilung nahezu umgekehrt“, ärgert sich der Verwaltungschef.

Bislang habe sich die Gemeinde Ratekau stets kritisch, aber auch sehr konstruktiv an den langjährigen Planungsprozessen beteiligt und eine gute Zusammenarbeit mit der Bahn gepflegt. Das zeigt sich auch daran, dass Bürgermeister Keller seit über acht Jahren den Projektbeirat Feste Fehmarnbeltquerung leitet. Wenn aber die Planung, wie in diesem Fall, absurde und rückwärtsgewandte Züge trage und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde erheblich einschränke, könne es keine Kooperation geben, so der Rathauschef.

Karin John erinnerte in diesem Zusammenhang auch noch einmal daran, dass die Gemeinde Ratekau durch die Autobahnen, den Bau der 380kV-Trasse, die Windkraftanlagen und jetzt noch die Hinterlandanbindung ohnehin stark belastet werde.

Thomas Keller abschließend: „Noch setzen wir mit Unterstützung der Landesregierung darauf, dass die Bahn vor Beginn des Planfeststellungsverfahrens zu einer anderen Beurteilung der Sach- und Rechtslage kommt. Klar ist aber, dass wir auf dieser Grundlage freiwillig keine Kreuzungsvereinbarung abschließen und gegen eine entsprechende Anordnung rechtlich vorgehen werden.“ (SE)

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