

Timmendorfer Strand. Das Bugenhagen Berufsbildungswerk (BBW) in Timmendorfer Strand ist eine Einrichtung für berufliche Rehabilitation für junge Menschen mit Teilhabeeinschränkungen und gehört zur Gruppe Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie (NGD).
„Vor allem junge Menschen mit psychischen Einschränkungen zählen zu unseren Kunden,“ berichtet BBW-Leiterin Inka Kielhorn, die Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) zu einem Gespräch ins BBW nach Timmendorfer Strand eingeladen hat. Der Grund für die Einladung ist, dass die Verantwortlichen des Berufsbildungwerkes negative Konsequenzen befürchten, die sich nach dem Wegfall der Bäderbahn für die Einrichtung und deren Auszubildenden und Mitarbeiter ergeben könnten. „Wir wissen, dass diese Entscheidung nicht revidiert wird, aber sind in der Erwartung, dass unsere Bedarfe bei künftigen verkehrstechnischen Planungen berücksichtigt werden,“ so Kielhorn in ihrem Einladungsschreiben an den Minister.
„Wir qualifizieren jährlich zirka 500 Jugendliche und junge Erwachsene beruflich, bilden Dreiviertel von ihnen in über 50 anerkannten Kammerberufen aus und vermitteln sie nach Berufsabschluss auf dem Arbeitsmarkt. Wir tragen mit unseren jährlich rund 100 ausgebildeten Fachkräften dazu bei, dass vor allem Betriebe aus der Region, mit denen wir bereits eng im Rahmen der Ausbildung kooperieren, gut ausgebildetes Personal erhalten,“ so Kielhorn weiter.
Die Rehabilitanden kommen aus dem gesamten Bundesgebiet: „Viele nutzen ihr Wunsch- und Wahlrecht und entscheiden sich aufgrund des fachlichen Angebotes bewusst für uns. Die meisten von ihnen sind in unserem Internat untergebracht.“ Hinzu kommen 240 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, damit zählt das BBW zu den größten Arbeitgebern am Ort und in der näheren Region.
Der öffentliche Personennahverkehr (kurz ÖPNV) spielt für das BBW eine entscheidende Rolle und man befürchtet, dass die Mobilität von Azubis und Ausbildern sowie die Erreichbarkeit der Einrichtung stark gefährdet ist, wenn die Bäderbahn ab voraussichtlich 2028 zwischen Ratekau und Neustadt stillgelegt wird. Dann wird auch der Bahnhof in Timmendorfer Strand stillgelegt und Zugreisende müssen den neuen Haltepunkt Timmendorfer Strand/Ratekau nahe der Autobahnabfahrt Ratekau nutzen. Mit „Bäderbussen“ sollen die Reisenden und Pendler dann nach Timmendorfer Strand gefahren werden.
Schon jetzt sei der Stress durch schlechte Verbindungen, Verspätungen und überfüllte Busse und Züge groß, wie die zwei BBW-Azubis Nicola Ganselweit und Raphael Seidemann dem Minister im Gespräch mitteilten.
„Gerade für junge Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen ist so etwas nur schwer auszuhalten,“ so BBW-Leiterin Inka Kielhorn. Neben einem Anstieg der Abbruchquoten durch zunehmende Belastung der Rehabilitanden bei erschwertem Fahrweg befürchtet man wirtschaftliche Einbußen, wenn man sich deswegen gegen das BBW entscheiden würde, aber auch den Wegfall von Arbeitsplätzen.
„Mit dem Wegfall der Bäderbahn kann Timmendorfer Strand sogar bessere ÖPNV-Anbindungen bekommen als bisher,“ hält Minister Buchholz dagegen. „Die Züge werden von Hamburg zukünftig im Halbstunden-Takt durchfahren, und zwar bis Neustadt, ohne ein Umsteigen in Lübeck“. Vom neuen Haltepunkt in Ratekau würden die Bäderbusse dann jedes Mal fahren, wenn ein Zug ankommt, „sogar bis vor die Tür des BBWs“. Die Kapazitäten können je nach Passagier-Aufkommen angepasst werden. Derzeit laufen auch die Überlegungen, den „Bäderbus“ auf der alten Trasse fahren zu lassen, um Staus in Hemmelsdorf zu vermeiden. „Ich möchte nicht alt, sondern modern denken,“ so Verkehrsminister Bernd Buchholz. „Auch autonomer Verkehr ist für mich denkbar.“
Einem möglichen Erhalt der Bäderbahn erteilte er aber eine klare Absage und verwies nochmals auf den entsprechenden „Letter of Intent“. Diese Absichtserklärung von Land und Deutscher Bahn wurde bereits 2014 unterschrieben. Darin steht, dass nach Fertigstellung der Fehmarnbelt-Querung auf der alten Strecke entlang der Bäderorte kein Schienenverkehr mehr fließen wird. Die Bäderorte haben damals gemeinsam und erfolgreich gegen die Schnell- und Güterzüge, die entlang der Ostseeküste fahren sollten, gekämpft. Damals war schon klar, dass die alte Bahntrasse stillgelegt wird, da eine neue Trasse das Ziel war.
Als „rückwärtsgewandte Aktion“ bezeichnet Minister Buchholz die Online-Petition für den Erhalt der Bäderbahn, die von der Aktivgruppe Handel & Gewerbe Timmendorfer Strand auf den Weg gebracht wurde. Hier würde man den Menschen falsche Hoffnungen machen.
„Ich bin als Minister ja auch für den Tourismus zuständig, und ich werde den Teufel tun, eine der besten und beliebtesten Tourismusdestinationen nicht mit dem ÖPNV zu verknüpfen,“ macht der Minister deutlich. „Ich möchte doch Timmendorfer Strand in Zukunft schneller, schöner und innovativer anbinden. Neue Technik und moderne Mobiliät macht auch viel Neues möglich,“ macht Buchholz Hoffnung. Die Herausforderung sei jetzt, „ab Ratekau die Kapazitäten der Bäderbusse flexibel zur Verfügung zu stellen.“
Zum Abschluss des fast zweistündigen Gespräches hat Bernd Buchholz das BBW dazu eingeladen, sich an Lösungen und Ideen zu beteiligen.