Marlies Henke

Grömitz auf dem Weg zu mehr nachhaltiger Energie

Die Idee, den Großraumparkplatz in der Gildestraße mit einer PV-Anlage zu überdachen, fand bei den Bürgern großen Zuspruch. (Beispielbild)

Die Idee, den Großraumparkplatz in der Gildestraße mit einer PV-Anlage zu überdachen, fand bei den Bürgern großen Zuspruch. (Beispielbild)

Bild: AdobeStock

Grömitz. Bei der Einwohnerversammlung am Mittwoch vergangener Woche ging es um ein ganzes Bündel an Energiethemen, darunter Photovoltaik-Freiflächenanlagen und die Solarüberdachung des Großraumparkplatzes. Auch die Versorgung mit Fernwärme in der Gemeinde wurde erörtert. Rund 70 Grömitzer Bürgerinnen und Bürger nahmen an der Veranstaltung in der Strandhalle teil.


Potenzialanalyse als Grundlage für zukünftige Solarpark-Entscheidungen

Die Bundesregierung will die Entwicklung erneuerbarer Energien beschleunigen. Vor diesem Hintergrund muss auch die Gemeinde Grömitz geeignete Flächen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen ermitteln. Stadtplaner Andreas Nagel vom Planungsbüro Ostholstein präsentierte dazu die Ergebnisse der „Potenzialanalyse für Photovoltaik-Freiflächenanlagen“.


Bereits im Jahr 2009 ging in der Gemeinde der erste Solarpark im Bereich Kolauer Hof in Betrieb, 2010 gefolgt von einem zweiten in Suxdorf. Beide erstrecken sich über eine Gesamtfläche von 38 Hektar. „Die Gemeinde hat 2021 einem weiteren Solarparkprojekt in Rüting mit einer Fläche von etwa 50 Hektar zugestimmt. Inzwischen sind weitere Anfragen aus den Gebieten Guttau, Söhlen und Körnick eingegangen“, informierte Bürgervorsteher Matthias Dammer.


Die Ergebnisse der Analyse sollen der Gemeinde nun als Grundlage dienen, um festzustellen, welche Flächen den Anforderungen der Landes- und Regionalplanung entsprechen. Sie beruht auf rechtlichen Vorgaben, die zwischen harten und weichen Kriterien unterscheiden. Harte Kriterien schließen bestimmte Flächen von der Planung von Solarparks kategorisch aus, während weiche Kriterien von der Gemeinde abgewogen werden müssen. Andreas Nagel erklärte, dass Grömitz eine klare Struktur aufweist. So hat die Gemeinde auf der Fläche zwischen der Bundesstraße 501 und der Ostsee kaum Planungshoheit. Landseitig der B 501 gibt es zwar noch weiche Kriterien, die gegen Solarparks sprechen, jedoch können diese abgewogen werden. Nagel betonte: „Die Gemeinde ist nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet, alle Faktoren sorgfältig zu prüfen.“

Werden bei dieser Abwägung bestimmte weiche Kriterien, wie beispielsweise die Eignung für Landschaftsschutzgebiete, Biotopverbundflächen oder hochwertige Böden, entkräftet, ergeben sich potenzielle Flächen für Photovoltaik-Freiflächenanlagen. Diese Eignungsbereiche erstrecken sich in verschiedenen Gebieten über insgesamt 487 Hektar und machen etwa 10 Prozent der Gemeindefläche aus. Die detaillierte Analyse und eine Karte der Eignungsflächen sind unter www.groemitz.eu einsehbar.

Bürgerstimmen zu Solarparks in Grömitz

Bei der anschließenden Diskussionsrunde meldeten sich nur eine Handvoll der Besucherinnen und Besucher zu Wort. Ein Teilnehmer lobte die transparente Herangehensweise der Politik und Verwaltung und betonte, dass Landwirte Photovoltaik als eine wichtige Einkommensquelle sehen, da die Getreidepreise stagnieren.

Ein Kritiker merkte an, dass Solarprojekte nicht von den Landwirten selbst, sondern von großen Investoren vorangetrieben werden, die so ihre CO2-Bilanz kompensieren wollen. Er betonte, dass die Region aufgrund ihres Küstengürtels einzigartig sei, und die meisten verbleibenden Potenzialflächen auf den besten landwirtschaftlichen Gebieten liegen. Im Kernort Grömitz gäbe es jedoch erhebliches Solarpotenzial auf den Dächern, sowohl bei gemeindlichen Liegenschaften als auch anderen Gebäuden.

Ein weiterer Bürger regte an, neben dem Potenzial auch den Bedarf und die Zeiten der Energieerzeugung zu berücksichtigen. Ein anderer unterstrich die Dringlichkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien, aber auch auf die Notwendigkeit einer ausgewogenen Herangehensweise. Er wies darauf hin, dass Solaranlagen in der Regel gut in die Umgebung integriert sind.


Innovative Idee für Großparkplatz zur Eigenstromversorgung

Auf positive Resonanz stieß im Anschluss eine Idee, die Dirk Weber-Klüver, Abteilungsleiter Technik und Bau vom Tourismus-Service Grömitz, präsentierte: die Überdachung des Großparkplatzes in der Gildestraße mit einer Photovoltaikanlage. Auf einer Gesamtfläche von 3.570 Quadratmetern sollen dabei insgesamt 1.830 PV-Module installiert werden. Laut der Konzeptstudie wird erwartet, dass diese Anlage eine Spitzenleistung von 732 kW-Peak erzielt. Die geschätzten Gesamtkosten belaufen sich auf etwa 3 Millionen Euro. Der erzeugte Strom soll für die Liegenschaften der Gemeinde wie die Schulen, der „Welle“ sowie potenziell neu zu installierenden Pkw-Ladestationen genutzt werden.

Dirk Weber-Klüver stellte die jährlichen Verbrauchszahlen vor: Die Grundschule benötigt 30.000 kWh, der Bauhof 14.000 kWh, die Gemeinschaftsschule 25.000 kWh, die Gildehalle 25.000 kWh und die „Welle“ 300.000 kWh. „Hier zeigt sich das erhebliche Potenzial dieses Solarparks“, betonte Weber-Klüver.

Das nächste Gremium, das zu diesem Thema tagt, ist der Ausschuss für Klimaschutz und Nachhaltigkeit am Donnerstag, dem 23. November. Bürgermeister Sebastian Rieke unterstrich: „Unser Ziel ist es nicht, private Haushalte zu versorgen. Wenn das Projekt umgesetzt wird, werden ausschließlich unsere eigenen Liegenschaften davon profitieren können.“


Realistischer Blick in die Fernwärme-Zukunft

In jüngster Zeit haben viele Hausbesitzer bei der Verwaltung angefragt, ob sie in das örtliche Fernwärmenetz eingebunden werden können. Doch die Antwort fällt nüchtern aus: Nicht jeder wird in den Genuss von Fernwärme kommen können.

Die flächendeckende Versorgung von Grömitz mit Fernwärme steht zum einen vor finanziellen Hürden beim Bau notwendiger Kraftwerke. Sebastian Rieke erklärte: „Derzeit befindet sich die Gemeinde in der Phase der Wärmeplanung, um grob zu ermitteln, wo Fernwärme überhaupt realisierbar ist. Dieser Prozess wird voraussichtlich zwei Jahre in Anspruch nehmen.“

Zum anderen wird selbst nach Abschluss dieser Planung nicht jeder Bürger von Fernwärme profitieren können. Überwiegend liegt das am Standort der jeweiligen Gebäude. Neue Leitungen sind wirtschaftlich nur für größere Wohnkomplexe umsetzbar. Für Anwohner in der Nähe bestehender Fernwärmeleitungen besteht die Möglichkeit, sich bei HanseWerk Natur nach einem Anschluss zu erkundigen. „Aber insbesondere in den Außenbezirken werden die Bewohner individuelle Lösungen finden müssen“, betonte Rieke. Im Gespräch mit dem reporter richtete er klare Worte nach Berlin: „Die Bundesregierung treibt eigentlich wöchentlich eine neue Sau durchs Dorf und weckt falsche Erwartungen in Sachen Fernwärme, und wir als Bürgermeister müssen den Bürgern dann erklären, dass es in der Praxis gar nicht so umzusetzen ist.“ (he)


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