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Gunter Demnig verlegt ersten Stolperstein in der Gemeinde Ratekau

Ratekau/Kreuzkamp. Die Veranstalter waren überwältigt von dem Zuspruch der vielen interessierten Menschen, die sich vor Kurzem in Kreuzkamp zur ersten Stolpersteinverlegung in der Gemeinde Ratekau eingefunden hatten. Trotz etwas widrigen Wetterbedingungen hatten sich deutlich mehr als 50 Personen vor dem ehemaligen Wohnhaus von Heinrich Johann Friedrich Wilhelm Prehn eingefunden. Zahlreiche Angehörige der Familie Prehn aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik hatten sich auf den Weg nach Kreuzkamp gemacht – darunter die noch zwei lebenden Kinder von Heinrich Prehn, Elli Aguado und Siegfried Prehn, und viele Enkel und Urenkel. Andreas Prehn aus Warnsdorf hatte das nicht einfache Familientreffen organisiert. Dazu kamen etliche Bewohner der umliegenden Ortschaften.

Die stellvertretende Bürgervorsteherin Gaby Spiller eröffnete die Gedenkfeier mit Grußworten der Gemeinde Ratekau. Sie hob dabei hervor, dass Ratekau mit der Verlegung des Stolpersteins auch Teil der weltweit größten dezentralen Gedenkstätte wird. Als solche werden die Stolpersteine bezeichnet, die vor dem letzten selbstgewählten Wohnort der Opfer des Nationalsozialismus verlegt sind.

Der Künstler Gunter Demnig erinnert an die Opfer der NS-Zeit, indem er Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen Stolpersteine in mehr als 1.300 Kommunen Deutschlands und in dreißig Ländern Europas, insgesamt mehr als 100.000 Stolpersteine.

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, zitiert Gunter Demnig den Talmud. Mit den Steinen vor den Häusern wird die Erinnerung an die Menschen lebendig, die einst hier wohnten. Auf den Steinen steht geschrieben: HIER WOHNTE... Ein Stein. Ein Name. Ein Mensch.

Der pensionierte Geschichtslehrer Günter Knebel hatte den „Fall Prehn“ recherchiert und das komprimierte Ergebnis den aufmerksamen Zuhörern vorgetragen. Knebel hatte in mehrmonatiger Arbeit zahlreiche Unterlagen aus den Archiven der Konzentrationslager Sachsenhausen und Buchenwald, dem Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde und dem Landesarchiv Schleswig zusammengetragen, die den Leidensweg von Heinrich Prehn und den Kampf seiner Frau Rosa Prehn um eine Entschädigung dokumentieren.

Eine von ihm im März 2022 eingereichte Petition an den schleswig-holsteinischen Landtag mit dem Ziel einer nachträglichen Anerkennung und Würdigung von Heinrich Prehn als Opfer des Nationalsozialismus, war leider erfolglos. Der Petitionsausschuss sah sich nicht dazu in der Lage, die damalige Entscheidung der Entschädigungskammer zu revidieren, obwohl heute der Fall anders zu beurteilen ist als vor 60 Jahren. Heinrich Prehn war wegen „staatsfeindlicher Äußerungen“ als politischer Häftling im KZ Buchenwald gestorben. Andreas Prehn, ein Enkel von Heinrich Prehn aus Warnsdorf, sprach zum Abschluss bewegende Worte über seinen Großvater, den er nie kennenlernen durfte. Das einzige, was der Enkelgeneration erzählt wurde, war, dass „der Opa im Krieg abgeholt wurde“.

Musikalisch wurde die kleine Gedenkfeier von Volker Schauer aus Lübeck mit Liedern aus dem Widerstand umrahmt. „Mein Vater wird gesucht“, „Die Moorsoldaten“ und „Sich fügen heißt lügen“ boten viele Anknüpfungspunkte zu Heinrich Prehn, der nach der Haft im Polizeigefängnis Lübeck-Lohmühle, KZ Sachsenhausen und 13 Tage vor der Befreiung des KZ Buchenwald am 29. März 1945 dort verstarb.

Gunter Demnig hatte sich auf Grund der vielen Staus auf der Autobahn von Langeoog nach Kreuzkamp etwas verspätet. Fast alle Teilnehmer der Gedenkfeier harrten aber bis zu seiner Ankunft aus und verfolgten gespannt die Verlegung des Stolpersteins für Heinrich Prehn. Vielleicht bietet der Stolperstein den Familienangehörigen in der Zukunft öfters Gelegenheit, zur Erinnerung an Heinrich Prehn nach Kreuzkamp zu kommen.

(von Günter Knebel)

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