

Malawi. Die Neustädterin Svea Sela studiert seit fünf Jahren
Medizin in Gießen und hat sich während ihres Studiums viel mit
„Global-Health-Themen“ beschäftigt. Nachdem sie durch Auslandpraktika einen
Einblick in Gesundheitssysteme in Asien, Südamerika und der arabischen Welt
bekommen hat, ist sie nun nach Malawi gereist, um sich vor Ort einen Überblick
über die medizinische Versorgung in einem afrikanischen Land zu machen, in dem
fast die Hälfte der Bevölkerung von unter 1 US-Dollar pro Tag lebt, nicht jeder
medizinisch versorgt wird und Ärzte mit einem Krankheitsspektrum konfrontiert
werden, welchem sie nicht gewachsen sind.
„Nicht selten entdecke ich im Krankenhaus Gerätschaften und Materialien, die
mir sehr bekannt vorkommen: Sachspenden aus Europa, die das Krankenhaus dringend
gebrauchen kann. Es fehlen nicht nur Medikamente, sondern auch Handschuhe,
Desinfektionsmittel und OP-Materialien. Die Diagnostikmöglichkeiten sind
eingeschränkt. Labortest für Leberwerte? - „We don‘t have“. Labortest für
Urinuntersuchung? - „We don‘t have“. Bereits am ersten Tag höre ich auf zu
zählen, wie oft ich „lack of resources“ höre. OP-Tücher werden einfach zum
Trocknen auf die Wäscheleine gehängt, die OP-Säle in vielen Krankenhäusern haben
Fenster und nicht selten macht es sich ein Insekt auf den Gerätschaften
gemütlich. Glücklicherweise sind zumindest genügend Medikamente gegen Malaria
und für die antiretrovirale Therapie von HIV-positiven Patienten vorhanden. Doch
was sollen die Ärzte einem HIV-positiven Patienten geben, der bereits als
Komplikation an Tuberkulose erkrankt ist?
Ich merke schnell, dass ich hier mit der detaillierten Diagnostik nicht
weiterkomme und sich die Behandlung auf die Symptome beschränkt. Warum sollte
ein EKG gemacht werden, wenn die Ursache doch sowieso nicht behoben werden kann?
In Malawi gibt es weder einen Herzchirurgen noch ein Transplantationszentrum
oder andere Spezialzentren, die bei uns zur Normalität geworden sind. Den
Menschen wird das Leiden an ihren Symptomen genommen, doch die Ursache kann
selten bekämpft werden.
Die Lebenserwartung in Malawi liegt gerade einmal bei 50 Jahren: Dabei ist
die Kindersterblichkeit sehr hoch. Zudem sind viele junge Menschen in den
vergangenen Jahren an AIDS gestorben.
Im Krankenhaus gibt es unzählige Dinge, die fehlen, doch ist das wirklich das
einzige Problem? Würde alles glatt laufen, wenn es von allem genug gäbe?
Visite auf der „Männerstation“ beziehungsweise im Männersaal. Gestern wurde
ein sehr abgemagerter HIV-positiver Patient aufgenommen - sehr schwach, Husten
mit Auswurf. Bereits beim ersten Blick schrillten bei mir die Alarmglocken -
Tuberkulose. Wurde denn schon ein Test gemacht? Nein, aber das Röntgenbild sehe
sehr nach Tuberkulose aus. Und warum liegt der Patient dann noch hustend neben
30 anderen Patienten und ist nicht isoliert? „We will do it“ - bis dahin
vergingen jedoch noch einige Stunden.
Ein anderer Patient ist ein kleiner Junge, der vom Baobabbaum gefallen ist
und sich den Fuß gebrochen hat. Es zeigt sich eine ziemlich tiefe offene Wunde,
die versorgt werden muss. Die Kinder müssen hier sehr viel aushalten, denn
Betäubungsmittel wird nur selten verwendet. Die Schreie des Kindes werde ich
nicht vergessen ...“
Lesen Sie in der nächsten Woche mehr aus dem Reisetagebuch von Svea Sela.
Um die medizinische Versorgung in Malawi zu verbessern, haben Heidelberger
Medizinstudenten das Projekt „Malawi Med e.V.“ (www.malawimed.org) gegründet,
welches das Holy Family Mission Hospital unterstützt. Für finanzielle
Zuwendungen wurde bei der VR-Bank ein Spendenkonto mit der Kontonummer DE09 2139
0008 0170 0004 77 eingerichtet (red/inu).