reporter Neustadt

Sozialpraktikum in Nepal

Ostholstein/Nepal. Jedes Jahr absolviert die 11. Klasse der Waldorfschule in Ostholstein ein Sozialpraktikum. In diesem Praktikum leisten die Jugendlichen nicht nur einen sozialen Beitrag innerhalb der Gesellschaft, sondern erfahren auch, wie bedeutsam sich diese Hinwendung im Leben anderer Menschen auswirkt. Sie erkennen sich als Teil eines sozialen Ganzen und entwickeln so zunehmend mehr Bewusstsein für soziale Prozesse. Während des Sozialpraktikums können die Schülerinnen und Schüler Mitgefühl, Hilfsbereitschaft und Mut weiterentwickeln. Sie werden für gesellschaftliche Probleme sensibilisiert und denken über wichtige Fragen nach, die das Menschsein betrifft.

 

Lia (17 aus Lensahn) und Felix (17 aus Neustadt) entschieden sich dafür ihr Praktikum in Nepal zu leisten, bei dem Projekt „Shanti Sewa Griha“. Durch Besuche der Gründerin Marianne Großpietsch, die die Organisation 1992 gründete, hatten sie die letzten zwei Jahre schon Informationen über Shanti erhalten und ihren sozialen Arbeitstag für Shanti absolviert.

 

Die Shanti Lepra Hilfe in Kathmandu besteht aus einem Krankenhaus, einem Hospiz, einer Schule und einem Kindergarten, Reha-Werkstätten für Schneidern, Schreinern und Schmuck, einer Werkstatt für Papierarbeiten und einer Farm, auf der Landwirtschaft betrieben wird, um mit den Lebensmitteln täglich zusätzlich 1.200 Essen für Bedürftige kochen zu können.

Shanti kümmert sich um Leprakranke, Unfallopfer, aufgrund von Kinderlähmung in ihrer Beweglichkeit beeinträchtigte Kinder und Erwachsene, Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung, chronisch Kranke, verstoßene Frauen, Waisenkinder, Blinde, Taube oder Menschen, die alt und gebrechlich sind. All diese haben in der nepalesischen Kasten-Gesellschaft keinen Status, der ihnen ein menschenwürdiges Leben ermöglicht. Zwar ist das Kastenwesen offiziell abgeschafft, das gesellschaftliche Leben ist aber immer noch von diesem Denken geprägt.

 

An diesen Ort in Nepals Hauptstadt Kathmandu flogen Lia und Felix am 4. Januar, um vor Ort vier Wochen wirksam zu sein. Die Volontäre aus aller Herren Länder und die Praktikanten entscheiden selbst, was sie vor Ort tun möchten, sie sollen von Anfang an selbstbestimmt arbeiten und ihren Weg finden. Beide halfen sehr gerne im Kindergarten und viele Kinder gewannen Lia und Felix so lieb, dass sie auch nach Feierabend noch mit ihnen spielen wollten. Es war schön zu sehen, wie die Kinder mit wenig Spielzeug kreativ spielen können und ihre kindliche Fröhlichkeit, durch die Sicherheit, die Shanti ihnen bietet, stets ihren Tag bestimmt.

Felix arbeite am Nachmittag viel in der Holzwerkstatt und gemeinsam mit anderen Volontären wurde für die Schulkinder eine große farbige Karte von Nepal und seinen Distrikten erstellt. Lia ging gerne in die Papierwerkstatt, um dort Friedenstauben zu gestalten und den künstlerisch begabten Kumar bei seiner Arbeit zu unterstützen. Jeder in Shanti, egal welche Behinderungen oder Erkrankungen er mitbringt, hat eine Aufgabe, jeder kann sein Talent ausüben und trägt seinen Teil bei. Das war erstaunlich anzusehen für die beiden Praktikanten. Sie halfen auch in der Schule und in der Küche und bei der Krankengymnastik.

 

Shanti ist ein wunderbarer Ort, aber auch außerhalb von Shanti hört die Unterstützung nicht auf, so fuhren Lia und Felix mit zu den Armenspeisungen, wenn die gekochten Essen abends in die Slums gebracht werden und sie nahmen an einem Health Camp teil. Unterstützt von nepalesischen und europäischen Ärzten fährt ein Konvoi in eine Gegend in Nepal, um Impfungen und Untersuchungen durchzuführen. Mehrere Hundert Menschen pro Tag werden so versorgt, nicht selten geht es Kindern oder Familien so schlecht, das sie mit nach Shanti genommen werden müssen, um sie medizinisch zu versorgen.

In Kathmadu erfuhren Lia und Felix eine unglaubliche Freundlichkeit und Offenheit der Menschen. Auf den Straßen bedankte man sich bei ihnen, dass sie ins Land gekommen sind.

Natürlich hatten sie an ihren freien Tagen Zeit die Stadt kennenzulernen, zu wandern, Tempel und Märkte zu besuchen. Sie wurden sogar zu einem Fußballspiel einer nepalesischen Mannschaft eingeladen und nach dem Spiel aufs Feld geführt, um Spieler und Präsidenten kennenzulernen.

 

Nach vier Wochen fühlten Lia und Felix sich als ein Teil der Shanti Familie und der Abschied fiel schwer, hatte man doch ein ganz anderes Miteinander kennengelernt, hatte man doch eine Veränderung bei sich selbst wahrgenommen. Auf einmal war es gar kein Problem, kaum Wasserdruck zu haben, wenig heißes Wasser, gerne mal Stromausfall, ein leichtes Erdbeben, keine Waschmaschine, keine Heizung - mit Wärmflasche und Alpakasocken ins Bett zu gehen, tagsüber aber 19 Grad und Sonnenschein zu haben. Es macht Sinn und wird eine unersetzbare Erfahrung sein, seine Komfortzone zu verlassen und ein ganz anderes Leben kennenzulernen. Es war besonders zu erleben, dass die Armen bereit sind alles zu teilen, dass alles was kaputt geht, repariert wird oder einfach einem anderen Zweck zugeführt wird und, dass es möglich ist, dass jeder Mensch sich wirksam fühlen kann.

Lia und Felix überlegen, nach Ende ihrer Schulzeit noch mal zu Shanti zurückzukehren, definitiv auch weiterhin Shanti zu unterstützen, denn sie haben erlebt, was dort geleistet wird.

Shanti hat eine wunderbare Website und auch auf You Tube kann man die Arbeit und die Menschen von Shanti erleben. https://shanti-leprahilfe.de/de/verein/spenden


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