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Timmendorfer Strand und Lübeck protestieren gegen das „Aus“ der Bäderbahn

Wenn das „Aus“ für die Bäderbahn kommt, wird auch der Bahnhof von Timmendorfer Strand abgehängt..

Wenn das „Aus“ für die Bäderbahn kommt, wird auch der Bahnhof von Timmendorfer Strand abgehängt..

Bild: René Kleinschmidt

Timmendorfer Strand/Lübeck. Die Eisenbahnverbindung von der Fehmarn-Belt-Querung bis Lübeck (sog. FBQ-Hinterlandanbindung) soll auf einer Neubaustrecke entlang der Autobahn geführt werden. Die entsprechende Planung der DB Netz sieht derzeit vor, dass die Bäderbahn zwischen Ratekau und Haffkrug stillgelegt wird, sobald die Neubaustrecke fertig ist. Damit wären die beiden Ostseebäder Timmendorfer Strand und Scharbeutz nicht mehr mit der Bahn erreichbar, so lautet es in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Die Gemeinde Timmendorfer Strand, die Hansestadt Lübeck und der Kreis Ostholstein lehnen diesen Plan ab und protestieren nunmehr lautstark gegen die Stilllegung der Bäderbahn.

In einer Presseerklärung und dazugehörigen Pressekonferenz, die am gestrigen Dienstag, dem 5. Dezember, in der Trinkkurhalle in Timmendorfer Strand stattfand, beziehen die Gemeinde Timmendorfer Strand und die Hansestadt Lübeck jetzt juristisch unterlegt Stellung: „Diese Planung der DB Netz ist rechtlich nicht haltbar und wirtschaftlich nicht nachvollziehbar. Die Neubaustrecke kann die Bäderbahn nicht ersetzen, weil ihre Haltepunkte zu weit von den beiden Bädern (sechs Kilometer von Timmendorfer Strand, drei Kilometer von Scharbeutz) entfernt sind. Die Behauptung der DB Netz, der Erhalt der Bäderbahn würde die Planung der Neubaustrecke verzögern, weil sie ihre Planunterlagen ändern müsste, ist unzutreffend. Die notwendigen Anpassungen der Planunterlagen sind geringfügig und würden zu keiner ernsthaften Zeitverzögerung führen.“

Ganz im Gegenteil, wie weiter erläutert wird: „Eine Planung der Neubaustrecke ohne die Anbindung an die bestehende Bäderbahn ist unzulässig, solange das Eisenbahn-Bundesamt die Stilllegung nicht genehmigt hat. Die Voraussetzungen einer solchen Genehmigung liegen aber nicht vor. Die Bäderbahn erfüllt mit insgesamt zirka 1,2 Millionen Fahrgästen pro Jahr eine wichtige Funktion im Schienenverkehr. Diese Funktion kann die Neubaustrecke nicht ersetzen. Von den Haltepunkten auf der Neubaustrecke wären die Bäder nur mit Bus oder Taxi erreichbar. Das ist bei einem Fahrgastaufkommen von mehr als 400.000 Fahrgästen alleine für Timmendorfer Strand auf der vorhandenen Straßeninfrastruktur nicht zu bewältigen. Auch deshalb gibt es konkretes Interesse Dritter daran, den Betrieb der Bäderbahn von der DB Netz zu übernehmen. Dieses Unternehmen hat grundsätzlich einen Anspruch auf Übernahme. Unter diesen Umständen kann eine Stilllegung der Bäderbahn nicht genehmigt werden.“

Zudem gehen Analysen davon aus, dass bei Stilllegung der Bäderbahn 50 Prozent der Fahrgäste verloren gehen, die dann wiederum auf den privaten Pkw ausweichen und die Verkehrsprobleme noch zusätzlich vergrößern und zwar nicht nur in den Bäderorten, sondern auch beim Pendeln von und nach Lübeck, heißt es weiter.

So hatte bereits 2018 die IHK zu Lübeck eine Studie in Auftrag gegeben, die bei einem „Aus“ der Bäderbahn die Gefahr einer möglichen Halbierung der Fahrgastzahlen aufzeigt, was ein schwerer Schlag für die Verkehrswende in der Region wäre.

Auch eine ganz aktuelle Vergleichsrechnung im neuen Verkehrsmodell der Hansestadt Lübeck, bei der das Szenario einer Regio-S-Bahn nach Neustadt i. H. mit Führung über die Neubaustrecke mit einer Regio-S-Bahn mit Führung über die Bestands­trasse der Bäderbahn verglichen wurde, kommt zu einem ähnlichen Ergebnis: „Bei einem direkten linienhaften Vergleich gibt es für den jeweils am stärksten ausgelasteten Streckenabschnitt eine Halbierung der Fahrgastzahlen bei der Führung der Regio-S-Bahn über die Neubaustrecke mir ihren ortsfernen Stationen.“

Die Hansestadt Lübeck sieht daher die Problematik nicht wie häufig dargestellt, ausschließlich als Timmendorfer Problematik, sondern als Problem für die ganze Region, wenn mit der Bäderbahn ausgerechnet der potentialreichste Ast der Regio-S-Bahn Lübeck von Seiten des Landes abgeschnitten werden soll.

Der Lübecker Bürgermeister Jan Lindenau wurde auch per Videoschalte zur Pressekonferenz zugeschaltet, um seine Sichtweise zu erläutern.
Die Region bedauert ausdrücklich die Haltung des Wirtschaftsministeriums des Landes Schleswig-Holstein, die DB Netz bei ihrem Stilllegungsvorhaben zu unterstützen. Insbesondere die Ankündigung, man werde Schienennahverkehr nur noch auf der Neubaustrecke bestellen, geht am Mobilitätsbedürfnis vorbei. „Das ist ökonomisch und ökologisch nicht sinnvoll.“

Alle Betroffenen - ob Kommunen, Vereine, Unternehmen, Pendler oder Touristen - werden alles daransetzen, die Bahn und das Land noch zu überzeugen, diese langfristige und nicht nachhaltige Entscheidung zu revidieren und sich stattdessen für die Bäderbahn zu engagieren.

Noch während die groß angelegte Pressekonferenz in der Trinkkurhalle stattfand, hat das Wirtschaftsministerium eine Pressemitteilung herausgeschickt, aus der hervorgeht, dass das Land die Entscheidung zum Ende „Bäderbahn“ ab 2029 bekräftigt. „Die von der Gemeinde Timmendorfer Strand und der Stadt Lübeck vorgebrachten Argumente sind uns und der Deutschen Bahn gut bekannt, ändern aber an der Entscheidungslage nichts“, sagte Verkehrsstaatssekretär Tobias von der Heide in Kiel. Dass neben dem Güterverkehr ab 2029 auch der Personenverkehr auf der neuen Schienentrasse entlang der A 1 abgewickelt werden solle, sei – mit ausdrücklicher Zustimmung von Lübeck und Timmendorfer Strand – bereits 2014 in einem breit angelegten Raumordnungsverfahren entschieden worden. „Wir tun das, was 2014 in der Region zugunsten der Belttrasse beschlossen wurde.“

Wie von der Heide weiter sagte, würde ein Weiterbetrieb der Bäderbahn eine zeitraubende und damit für die Fertigstellung der Beltquerung gefährliche Anpassung der Planungen erfordern. „Die mit einem Weiterbetrieb der Bäderbahn verbundenen Auswirkungen auf die planfeststellungsrechtlich relevanten Belange wie Umwelt, Lärm oder die Inanspruchnahme von Flächen müssten neu gutachterlich untersucht und bewertet werden“, so der Staatssekretär. Anschließend müssten die Planfeststellungsunterlagen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Aus diesem Grund bekräftige das Land einmal mehr den „Letter of Intent“ aus 2014 und halte daran fest, nach der Fertigstellung der Belttrasse auf der Bäderbahn keine Nahverkehre mehr zu bestellen. Aktuell sei zudem gerade in Abstimmung mit dem Kreis Ostholstein und den Gemeinden Timmendorfer Strand, Scharbeutz und Ratekau eine Machbarkeitsstudie zur Entwicklung alternativer Verkehrskonzepte im Bereich der Bäderbahn in Arbeit.

Einen weiteren Bericht über alle Ausführungen, die die Betroffenen und Referenten bei der Pressekonferenz in Timmendorfer Strand getätigt haben, lesen Sie in der nächsten Ausgabe des „reporters“ am 13. Dezember. (rk)

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