400 Frauen machen Strecke
Malente/Eutin (aj). Was für ein Morgen! Die Sonne wärmt schon, als um 9.50 Uhr zwei Wanderinnen am Kirsten-Bruhn-Bad in Eutin um die Ecke biegen. Auf dem Vorplatz der Schwimmhalle werden sie bereits erwartet – sie und weit mehr als 300 anderen Frauen, die im Laufe der nächsten Stunde an der Versorgungsstation ankommen. Neun Kilometer haben die gut 400 Teilnehmerinnen der „Frauenpower“-Wanderung an diesem Punkt schon hinter sich gelassen. Jetzt gibt es Brötchen, Kaffee, Obst und Naschereien, um den Akku aufzuladen für den nächsten Abschnitt der Tour. Zum ersten Mal hat der Veranstalter „Marsch zum Meer“ das „Frauenpower“-Event nur für Frauen angeboten und der Zuspruch könnte nicht besser sein. Zu denen, die in die Wanderschuhe geschlüpft sind, gehört Susanne Handt. Die Eutinerin ist regelmäßig unterwegs und hat schon etliche Kilometer auf der Uhr. Sie mag die Bewegung und die Menschen, die man unterwegs treffen kann. Beim Plön-Lauf im letzten Jahr hat sie Petra Löhr kennengelernt und die Verabredung „Nächstes Mal ziehen wir gemeinsam los!“ wird an diesem Frauentag eingelöst. Freundin Tanja Erbs macht das Trio komplett: „Laufen macht frei und verbindet“, sagt Petra Löhr strahlend. Für die besondere Wanderung haben sie sich in Schale geworfen: Pink leuchten ihre T-Shirts mit der Aufschrift „Wanderwoman“, sie tragen Sternenkette und Armbänder.
Die große Runde wollen sie wuppen; 27,5 Kilometer schaffen. Keine Selbstverständlichkeit, erst recht nicht, wenn man eine Krebserkrankung im Gepäck hat. Im Juli 2023 hat Tanja Erbs die Diagnose erhalten und seitdem stemmt sie sich mit aller Kraft dagegen: „Man denkt immer, Krebs ist gleichbedeutend mit Tod. Für mich war das keine Option“, erzählt sie mit offenem Blick. Gegen die Schmerzen, das hat sie bald erfahren, hilft eines am besten: „Bewegung, Bewegung, Bewegung!“ Mittlerweile ist sie im Therapiezentrum in Malente verantwortlich für die Sportgruppe für an Krebs Erkrankte. Gab es eine Extra-Vorbereitung für die Frauentagswanderung? Die Drei schütteln den Kopf: „Ich habe einen Hund und laufe ohnehin viel“, meint Tanja Erbs und Petra Löhr verrät: „Ich habe mir die Füße gepudert.“ Sie lachen. Gelacht wird ohnehin viel und auch der Gesprächsstoff geht nicht aus: „Aber manchmal verbindet man sich auch mit der Natur und läuft in Stille“, schildert Petra Löhr. Die Natur ist der Star auf der Strecke. Gestartet in Malente wartet der Kurs mit allem auf, was die Holsteinische Schweiz zu bieten hat. Und das begeistert alle: „Die Stimmung ist einfach toll“, erzählt Susanne Handt und ein Blick auf die vielen Frauen, die sich an der Schwimmhalle stärken, bestätigt sie. Entspannte Gesichter, Jung und Alt in regem Austausch, an einem Rucksack wartet ein offensichtlich wandergeübter Hund friedlich darauf, dass es weitergeht. Kläffen tut hier niemand: „Es ist so schön, ich habe das Gefühl, dass wir Frauen hier alle im Gleichschritt unterwegs sind“, meint Petra Löhr. Vielleicht kommt das daher, dass alle in ihrem eigenen Tempo unterwegs sein können. Das wissen auch Manon, Ines und Julia zu schätzen. Sie sind aus Flensburg und Schleswig angereist und die Freude am Wandern teilen sie buchstäblich mit den anderen Frauen: „Wir haben Motivationsbändchen mit Komplimenten dabei“, sagen und sie strecken einen Beutel aus: „Du bist einzigartig!“ ist auf dem Bändchen zu lesen. Das verleiht Schwung, erst recht in Verbindung mit dem herzlichen Lachen, das es dazu gibt.
Für Susanne Handt und ihre Wanderwomen geht es nun weiter. Vorher hat die Wanderbegeisterte sich aber einen Stempel bei Dörte Kornelsen abgeholt, die zum Helferinnen-Team gehört. Sie kommt aus Schleswig und die schöne Strecke wollte auch sie sich nicht entgehen lassen: „Ich bin gestern allein die 18 Kilometer der Macherinnen-Runde gegangen, schließlich wollte ich mir die Medaille nicht entgehen lassen“, berichtet sie. Dreieinhalb Stunden hat sie gebraucht.
Tanja Erbs, Susanne Handt und Petra Löhr sind am frühen Nachmittag im Ziel. Sechs fröhliche Stunden haben sie für die Kämpferinnen-Runde gebraucht. Und die Gewissheit, dass dieser „Titel“ keine Selbstverständlichkeit ist, trägt jede für sich mit in ihren Alltag.