Demokratie lebt vom Austausch
Eutin (cb). Wenn 140 Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen des Kreises Ostholstein vor der nächsten Bundestagswahl am 23. Februar mit ganz viel Engagement eine fundierte Diskussionsrunde mit den Vertretern der 5 führenden Parteien initiieren, zeugt das von großem politischen Interesse, „Wir wollen uns durch gezielte Fragen an die Politiker, die von den hier anwesenden Schülerinnen und Schülern formuliert wurden, vor dem Wahltermin eine eigene Meinung zu unserem Wahlverhalten bilden. Es ist gerade in dieser politischen Lage, die momentan in Deutschland herrscht, wichtiger denn je, mit den Politikern vor Ort ins Gespräch zu kommen“, erläuterte Luana (20 Jahre) vom Beruflichen Gymnasium Bad Schwartau., die zusammen mit ihrer Mitschülerin Beeke (18 Jahre) und der 19-jährigen Johanna aus Eutin die Organisation und Moderation der Veranstaltung übernommen hatte.
Bei der Frage nach der Unterstützung der kleinen und mittleren Wirtschaftsbetriebe in Ostholstein herrschte bei den Politikern Einigkeit darüber, dass der Arbeitskräftemangel ein großes Problem sei. Selbst Volker Schurrbusch von der AfD vertrat die Auffassung, dass die Betriebe dabei auch dringend auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sind. Im Übrigen ist er der Meinung, dass eine funktionierende Wirtschaft keine staatliche Förderung brauche. Sebastian Schmidt (CDU) möchte ein Wirtschaftswachstum durch Steuersenkunken erreichen Und genau wie Niclas Dürbroock (SPD), Tom Schröder (FDP) und Marcel Beutel (Bündns 90/Die Grünen) möchte der Christdemokrat die Wirtschaft durch Steuersenkungen fördern und die Sozialabgaben auf 40 Prozent deckeln.
Alle fünf politischen Vertreter waren der Meinung, dass es viel zu viele bürokratische Vorgaben gibt, die es abzubauen gilt. „Vor einer Wahl wollen immer alle die Bürokratie abbauen“, gab Dürbrook zu bedenken und ergänzte, dass danach dann meistens irgendwas verordnet wird, das wiederum mit viel Bürokratie einhergeht.
Tom Schröder schlug vor, den 1991 eingeführten Solidaritätszuschlag abzuschaffen und die Mehrwertsteuer in der Gastronomie auf 7 Prozent zu begrenzen. „Das hilft nicht nur den Betrieben, sondern auch euch. Dann könnt ihr mit euren Familien für deutlich weniger Geld essen gehen“, meinte der FDP-Politiker. Marcel Beutel forderte, die gesetzlich verordnete Schuldenbremse wieder abzuschaffen, um die defizitären Kassen vom Bund, Land und von den Kommunen zu entlasten und dadurch notwendige Investitionen zu ermöglichen.
Selbstverständlich gingen die Schülerinnen und Schüler auch auf das brisante Wahlkampfthema ein und stellten die Frage: „Stellt die Einwanderung eine Gefahr dar?“ „Natürlich müssen Migrantinnen und Migranten Regeln und Gesetze einhalten, die wir in Deutschland haben. Aber Einwanderung ist für unser Land unabdingbar, um die Wirtschaft in Schwung zu halten, um gute Pflege gewährleisten zu können und vieles mehr“, sagte Niclas Dürbrook und wies darauf hin, dass die derzeitige Regierung dazu ein gutes Einwanderungsgesetz beschlossen habe. „Die allermeisten Menschen, die zu uns kommen, haben einen guten Grund dafür“, stellte der Grünen-Politiker Beutel fest und forderte die Gesellschaft auf, nicht alle Migrantinnen und Migranten unter Generalverdacht zu stellen. Auch Schmidt war der Meinung, dass eine Integration der Flüchtlinge eine Chance für unser Land darstellt: „Sie müssen sich mit der deutschen Sprache vertraut machen, schnell in Arbeit kommen dürfen und dabei Gesetze einhalten und unsere Kultur respektieren.“ Tom Schröder sah in der jetzigen Migrationspolitik eine Gefahr. „68 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass wir eine viel zu große Zuwanderung in Deutschland haben.“ Aber auch er meinte, dass eine gezielte Migration gut für den Arbeitsmarkt ist. AfD-Kandidat Schurrbusch war zwar auch der Ansicht, dass der Zuzug eine Möglichkeit bietet, verteidigt aber auch die Migrationspolitik seiner Partei. „Nur wenig Asylsuchende kommen zu uns und wollen hier arbeiten“, äußerte er.
Die weitere Finanzierung des Deutschland-Tickets hielten alle fünf Politiker für sehr wichtig. Sie waren unisono der Meinung, dass der Ausbau des ÖPNV gerade auch im ländlichen Raum unbedingt notwendig ist.
Zum Abschluss konnten die Politiker in verschiedenen Gruppen das Programm ihrer Partei näherbringen. Bemerkenswert dabei war die Aussage des CDU-Kandidaten Sebastian Schmidt zur Rentenvorsorge. Er legte den Schülerinnen und Schülern nahe, so früh wie möglich eine private Vorsorge zu schaffen. „Damit dafür eine Basis geschaffen wird, ist von meiner Partei geplant, jedem Kind zwischen dem sechsten und 18. Lebensjahr einen monatlichen Zuschuss von 10 Euro für eine kapitalgedeckte private Vorsorge zu geben: Dafür müssen mehr Bürgergeldempfänger in Arbeit kommen. Dann ist das gut finanzierbar.“
Nur wenige Tage sind es noch bis zur Bundestagswahl. Am 23. Februar wird nicht nur über die Sitzverteilung im deutschen Bundestag abgestimmt, sondern auch über die Demokratie an sich in unserem Land. Veranstaltungen wie diese sind gerade auch für junge Menschen wichtig, um weichgespülten oder gar falschen Aussagen von Vertretern der Parteien auf die Schliche zu kommen.