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Demokratie und Vielfalt als gemeinsamer Nenner

Eutin (aj). „Eutin ist bunt“ – das Motto des Organisationsteams aus Vereinen, Initiativen und Kirche schien gleichzeitig eine Hoffnung zu sein, dass sich genau dies mit der Menschenkette am 15. Februar bestätigen möge. Angesichts der 2.000 Menschen, die dem Aufruf gefolgt waren, eine Menschenkette für Demokratie und Vielfalt zu bilden, ist die Selbstvergewisserung eine Woche vor der Bundestagswahl geglückt. Denn die am vergangenen Sonnabendmittag im Stadtzentrum zusammenkamen, begegnen einander nicht täglich: Gruppen, Privatleute, Initiativen, Lehrkräfte und Erzieher*innen, Pastor*innen, Antifa, Parteien, Jung und Alt formierten sich zu einer Kette, die in der Peterstraße ihren Anfang nahm, sich am Wochenmarkt entlang durch die Königstraße und rund um die Kirche, über den Marktplatz am Rathaus vorbei bis zum Startpunkt schlängelte. Bunt war nicht nur die Mischung, bunt waren auch die Plakate und Regenschirme, die Buttons und Outfits, die eines gemeinsam hatten: Die Absicht nach außen zu tragen, dass Vielfalt und Toleranz ein wesentliches Merkmal der Stadtgesellschaft sein sollten. Es war der kleinste gemeinsame Nenner, für die, die dabei waren, aber wohl der wichtigste. Pastor Stefan Grützmacher, der auf der abschließenden Kundgebung auf der Schlosswiese sprach, fand dafür den Begriff vom „Kunstwerk der Demokratie“. Zuvor hatte er die Versammlung aufgerufen innezuhalten und „an die Menschen zu denken, die gestorben sind, die an Leib und Seele verletzt wurden, durch Islamisten, durch Rechtsextremisten, durch Terroristen, durch Leute, die sich der Gewalt und dem Fanatismus hingegeben haben. Wo das Leben nicht mehr geachtet wird, da wächst der Faschismus – ob mit Turban oder Pickelhaube“, so der Eutiner Pastor. Wulf Rohwedder erinnerte als Mitarbeiter der Tafel Eutin an das Gewicht der eigenen Stimme: „Die da oben machen, was sie wollen? – Stimmt, wenn wir sie lassen. Wählen zu gehen ist Privileg und Verpflichtung“, betonte er. Für die „Omas gegen Rechts“ griff Oma Nicolet zum Mikrofon und mahnte, nicht wegzuschauen und wegzuhören. Unsagbares sei wieder sagbar geworden, konstatierte sie. Es gebe keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme. Ihr Appell lautete: Gemeinsam mit Respekt an Problemlösungen arbeiten! Auch Pröpstin Christine Halisch, die sich jüngst gemeinsam mit ihrem Amtsbruder Propst Dirk Süssenbach in einem Offenen Brief positioniert hat, richtete einige Worte an die Menge. Die unantastbare Würde des Menschen sowie die Freiheit und Gleichheit aller Menschen sei der Dreiklang, der unabhängig von verschiedenen Parteiprogrammen gewahrt bleiben müsse: „Dieser Dreiklang ist auch die Grundlage der christlichen Ethik und ist für mich als Christin, als Pröpstin und Vertreterin der Kirche in Ostholstein nicht verhandelbar“, so Halisch. „Gehen Sie wählen, setzen Sie Ihr Kreuz für unsere Demokratie!“ gab sie den Demonstrierenden mit auf den Weg.
Wo die einen Worte fanden, hielt Ulrike Plötz das Geschehen in ihrem Skizzenbuch fest. Die Urban Sketcherin war aber nicht nur als Chronistin dabei, sondern um ihrerseits ein Zeichen zu setzen: „Und es hat mich umgehauen“, war ihr Kommentar angesichts der Menschenmenge. „Das hier ist so nötig gerade“, meint sie nachdrücklich mit Blick auf die Vielen. In der Menge waren zwischen Regenbögen und unterschiedlichen Parolen, Sprüchen und Forderungen auch die Schilder der „Brücke Lübeck und Ostholstein“ auszumachen: „Wir arbeiten mit allen Menschen, gleich welcher Herkunft, und wir wollen keine Spaltung“, sagte Iris Wolter und ihre Kollegin Claudia Schulz ergänzte: „Und wir sind heute auch für diejenigen hier, die zu krank sind, um selbst zu kommen!“

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