Exlibris: Von der Besitzanzeige zum Kunstwerk
Eutin (vg). Exlibris sind eine besondere Form der Kleingrafik: Auf losen Einzelblättern wurden sie einst als künstlerisch gestaltete Besitzanzeige in den vorderen Innendeckel eines Buches eingeklebt. Heute sind die kleinen Kunstwerke begehrte Sammelobjekte – und in ihrer Vielfalt museumreif. Kein Wunder also, dass das Eutiner Ostholstein-Museum den Exlibris eine eigene Sonderausstellung widmet. Am Donnerstag, 6. März, um 18 Uhr wird die Schau „Exlibris – die Kunst der Kleingrafik“ im Dachgeschoss des Ausstellungshauses eröffnet.
Insgesamt erwartet die Besucher eine Zusammenstellung von über 380 einzelnen Exlibris und zahlreichen historischen Büchern. Im Mittelpunkt stehen Exponate aus der Sammlung von Michael Schalke. Der gebürtige Plöner, der seinen Ruhestand in Eutin genießt, hat in den vergangenen 35 Jahren über 4000 dieser Buchmarken zusammengetragen und den Ausstellungsmachern bei der Auswahl der Schaustücke völlig freie Hand gelassen. „Wir waren selbst von der Bandbreite und dem Alter der Exlibris überrascht und uns sofort einig, dass wir unseren Besuchern das zeigen müssen“, betonen Museumsleiterin Dr. Julia Hümme und ihre wissenschaftliche Mitarbeiterin Sophie Matuszczak.
Dazu haben beide 25 Aktenordner durchgesehen und die schönsten, schrägsten und aussagekräftigsten Exlibris herausgegriffen und verschiedenen Themengebieten zugeordnet. Ergänzt wurde die Ausstellung mit Leihgaben aus der Eutiner Landesbibliothek. „Exlibris haben eine bis ins Mittelalter reichende Tradition und wurden seit der Erfindung des Buchdrucks über die Jahrhunderte hinweg zum Kunstobjekt“, erläutert Sophie Matuszczak. Stand anfangs noch die Funktion – Kennzeichnung des Eigentümers – im Vordergrund, gewannen im Laufe der Zeit grafische Elemente, Landschaftsmotive oder Typografie die Oberhand. An den Exlibris lassen sich auch ganze Kunstepochen ablesen wie Jugendstil oder Expressionismus.
Mit Beginn des 20. Jahrhunderts erlebten die Exlibris einen regelrechten Aufschwung. „Künstler wie Max Klinger, Heinrich Vogeler, Heinrich Zille oder Willi Geiger trugen maßgeblich dazu bei, dass sich die Gattung des Exlibris in Künstlerkreisen und beim Publikum großer Beliebtheit erfreute“, so Julia Hümme. „Fast alle großen Künstler haben auch Exlibris gestaltet, und wenn sie es nur einmal oder für Freunde getan haben.“
Wichtig war den Buchbesitzern stets die Individualität. Die künstlerische Gestaltung bezog sich meistens nicht auf den Inhalt des Buches, sondern auf Aspekte des Eigentümers – ob auf seinen Beruf oder seine privaten Vorlieben. So zeigen Exlibris von Ärzten und Apothekern oft Totenschädel oder Skelette. Bis ins Frivole oder gar Pornografische konnten die Darstellung reichen. Weil die Bücher häufig ausgeliehen wurden, fanden sich außerdem nicht selten sogenannte Buchflüche in den Exemplaren – wie dieser: „Dies ist mein Buch, wer’s mir entführt, den treff‘ ein Fluch, wie es sich’s gebührt! Aus der Bücherei Mr. Marco Birnholz.“
In der Sammlung von Michael Schalke befinden sich auch Exlibris aus der Bibliothek berühmter Persönlichkeiten, dazu zählen Albert Einstein und Stefan Zweig. „Zwischen 2 Euro und einem hohen dreistelligen Betrag haben mich die Kleingrafiken gekostet“, erzählt der Sammler. Übrigens hat er noch nie eine Seite aus einem alten Buch herausgetrennt, um ans Exlibris zu kommen. „Die Einklebeblätter lassen sich gut mit Wasser lösen“, berichtet er.
Die Kleingrafiken bilden im Grunde das komplette Leben ab. Auch das macht den Reiz der neuen Sonderausstellung im Ostholstein-Museum aus. Wer sich davon sein eigenes Bild machen möchte – Lupen stehen vor Ort zur Verfügung, damit kein Detail übersehen wird –, kann die Schau bis zum 18. Mai dienstags bis sonntags sowie an Feiertagen zwischen 11 und 17 Uhr besuchen.