

Malawi. „Welcome to Malawi“ - ein kleines Land in Afrika,
umringt von Tansania, Mosambique und Sambia. Es gilt als eines der ärmsten
Länder der Welt. Hier leben 17 Millionen Menschen, doch jährlich steigt die Zahl
rasant: Jede Frau bekommt durchschnittlich 5,5 Kinder. Doch das schnelle
Bevölkerungswachstum ist nicht die einzige Herausforderung, die sich dem Land
der warmen Herzen stellt ...
Was wird mich in den nächsten Wochen erwarten?
Der Flughafen der zweitgrößten Stadt des Landes lässt mich schmunzeln -
dagegen ist sogar der Lübecker Flughafen groß. Mit einem alten Bus geht es
weiter nach Phalombe, einem Distrikt im Süden von Malawi, wo 1999 das Holy
Family Mission Hospital gebaut wurde. Hier werde ich die nächsten vier Wochen
verbringen. Auf dem Weg umgibt uns Dunkelheit, hin und wieder kommt uns ein Auto
entgegen - mal rechts, mal links. Eigentlich ist hier Linksverkehr, doch
aufgrund der vielen Schlaglöcher und der u¨berschwemmten Straßenabschnitte muss
man sich seinen Weg suchen. Wir fahren vorbei an Maisfeldern und dunklen Hütten
- alle unbeleuchtet, aber bewohnt. Auf dem Land gibt es keine Elektrizität. Hin
und wieder ein Dorf, doch von einer „Stadt“ konnte ich bislang nirgends etwas
erkennen. Es wird immer ländlicher ...
Noch ahne ich nicht, dass der Hahn am nächsten Morgen ab 5 Uhr im
5-Minuten-Takt krähen wird und mein erster Eindruck von schwarzer Dunkelheit in
Malawi in ein saftiges Gru¨n verwandelt wird. Und dieses frische Gru¨n, dazu der
rote staubige Boden, neben hohen palmenartigen Bäumen, herrlichen Bäumen mit
bunten Blumen, wird mich von nun an jeden Morgen von Neuem staunen lassen ...
Ich bin in Neustadt in Holstein aufgewachsen, studiere seit fünf Jahren
Medizin in Gießen und habe mich während meines Studiums viel mit
„Global-Health-Themen“ beschäftigt. Nachdem ich bereits durch Praktika im
Ausland einen Einblick in Gesundheitssysteme in Asien, Südamerika und der
arabischen Welt bekommen habe, bin ich nun nach Malawi gereist, um mir vor Ort
einen Überblick über die medizinische Versorgung in einem afrikanischen Land zu
machen, in dem fast die Hälfte der Bevölkerung von unter 1 US-Dollar pro Tag
lebt, es nicht selbstverständlich ist, dass jeder medizinisch versorgt wird und
Ärzte mit einem Krankheitsspektrum konfrontiert werden, welches sich von
Deutschland unterscheidet.
Mein erster Tag im Krankenhaus
Ich begegne vielen Patienten mit Krankheiten, die ich bislang nur aus Büchern
kannte: Unterernährte Kinder, Tuberkulose-Patienten, einen Leprakranken, dem der
Fuß amputiert werden muss, Menschen mit Verbrennungen und Patienten mit
Komplikationen, die bei einer frühen Erkennung der Krankheit hätten vermieden
werden können.
Auf den Stationen stehen 40 Betten dicht nebeneinander. „Voll belegt“ gibt es
hier nicht, denn sollten die „Betten“, die lediglich aus einem
Metall-Bettgestell und einer durchlöcherten Matratze bestehen, aus der der
Schaumstoff hervorquillt, nicht reichen, wird eine Matratze auf den Boden
gelegt. Doch als ob 40 Menschen in einem Saal noch nicht genug wären: Jeder
Patient hat mindestens einen „Guardian“, der für ihn sorgt. Essen und Pflege der
Patienten liegt in der Hand der Angehörigen, die „Nurses“ sind lediglich für das
Medizinische wie Medikamente verteilen zuständig. So herrscht zu jeder Tages-
und Nachtzeit ein buntes Treiben in dem Saal mit teilweise 60 Menschen. Die
Guardians schlafen meistens unter dem Bett der Patienten, denn der Weg in die
umliegenden Dörfer ist für manche zu weit.
Ein Tag auf der Kinderstation
Ein kleiner Junge mit Fieber, Husten, Erbrechen seit drei Tagen: Sofort wird
er zum Malariatest geschickt, denn Einweisungsdiagnose Nummer eins bei Kindern
ist hier Malaria. Neben Patienten mit Atemwegserkrankungen, Meningitis, Sepsis
und den Folgen von Unterernährung haben auch einige Kinder einen Gips. Der
kleine Allen ist seit vier Wochen hier. Bei einem Fahrradunfall hat er sich das
Bein gebrochen, welches jetzt auf einer Schiene liegt und ruht. Sein Bein wird
von zwei Gewichten, die über der Bettkante hängen, lang gezogen. Wofür es in
Deutschland speziell angefertigte Vorrichtungen gibt, behelfen sich die Ärzte
hier mit dem, was vorhanden ist. Es wird viel improvisiert. Auf der
Kinderstation gibt es weder Spiele noch andere Beschäftigungsmöglichkeiten. So
starrt der 10-jährige Junge also 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche die
Wände an.
Der Guardian ist meist da, doch scheinbar ist es hier nicht u¨blich, dass
sich die Angehörigen mit den Kindern beschäftigen. Daher ist es mittlerweile
fu¨r ihn ein Highlight, wenn ich ihm einen Handschuh zum Aufpusten in die Hand
drücke und anschließend noch ein Gesicht darauf malen lasse. Und sobald der
„Ball“ fertig ist, spielen sogar die umstehenden Guardians gerne mit und es wird
gelacht. Es hat lange gedauert, bis der kleine Patient das erste Mal gelächelt
und zurückgewunken hat, doch umso schöner ist es, jetzt die Freude in seinem
Gesicht zu sehen.
Erfahren Sie in der nächsten Mittwochausgabe mehr aus dem
Reisetagebuch von Svea Sela.
„Ich habe in Malawi ein Projekt von Heidelberger Medizinstudierenden
kennengelernt, bei dem ich weiß, wohin das Geld fließt“, so die
Medizinstudentin, die sehr kritisch ist, was Spenden für Entwicklungsländer
angeht. „Malawi Med e.V.“ (www.malawimed.org) ist ein Projekt, welches das Holy
Family Mission Hospital unterstützt. Mit gutem Gewissen sagt Svea Sela, dass das
Geld für sinnvolle Projekte und für die Verbesserung der medizinischen
Versorgung in Malawi verwendet wird. Bei der VR-Bank ist ein Spendenkonto mit
der Kontonummer DE09 2139 0008 00170 0004 77 eingerichtet.
(red/inu)