Naturpädagogik in der Praxis erleben
Preetz (tg). Eine japanische Studiengruppe von der GIFU Akademie für Fortwissenschaft und Kultur hat in Preetz „Die Wühlmäuse“ besucht. Drei Tage machten sich Professor Yusaku Hagiwara und seine dreiköpfige Studierendengruppe mit dem naturpädagogischen Konzept der „Wühlmäuse“ und der Umsetzung in den einzelnen Gruppen vertraut.
„Raus in die Natur – Rein ins Leben“, ist das Motto der „Wühlmäuse“, das in den Kindergartengruppen, bei den Tagesmüttern und auch in der „Natur am Nachmittag“ von den Kindern und Jugendlichen und ihrem Betreuerteam gelebt wird. Treffpunkt war an diesem Montagnachmittag der Postsee.
Rund dreißig Kinder setzten sich mit ihren Betreuern und der japanischen Studiengruppe in Richtung „Kieskuhle“ in Bewegung. Kaum hatte sich alle zum Anfangskreis zusammengesetzt und ihr Wissen über Japan untereinander ausgetauscht, stoben die Kinder auch schon wieder auseinander und widmeten sich den verschiedensten Aktivitäten: Baden, Feuer machen, Ton modellieren, Sägen, Basteln, Fischen und vielen anderen Dingen. Die japanischen Studierenden mischten sich interessiert unter das Spiel der Kinder.
„Die Wühlmäuse sind ein gutes Beispiel, für einen Naturkindergarten und Naturpädagogik“, erklärt Professor Hagiwara, den alle nur bei seinem Spitznamen „Nava“ rufen. Aus seinen Beobachtungen von Reisen in der ganzen Welt kann er berichten, dass Kinder in modernen Gesellschaften oftmals den für sie wichtigen Kontakt zur Natur verloren haben. Die Spiel- und Entdeckungsmöglichkeiten bei den „Wühlmäuse“ am Postsee sind für ein perfektes Umfeld, um diesen Kontakt wiederherzustellen.
„Kinder müssen Gefahren einschätzen lernen und sich gegebenenfalls auch einmal leicht verletzen dürfen“, betont Professor Hagiwara. In Japan haben Schüler oft bis in den Nachmittag hinein Unterricht, da bleibe wenig Zeit für das Spiel, vor allem in der Natur. „Das ist aber für die kindliche Entwicklung wichtig“, weiß Professor Yusaku Hagiwara. Er berichtet, dass japanische Eltern oft Angst haben und das Risiko vermieden, Kinder mit einer Säge, einem Messer oder Feuer in Kontakt kommen zu lassen. Auch das Schwimmen in einem Gewässer werde oft als zu gefährlich angesehen.
Diese Dinge konnten die japanischen Studierenden an diesem Nachmittag ausgiebig bei den Lütten der Gruppe „Natur am Nachmittag“ beobachten und auch selbst ausprobieren: Es wurde Feuer angezündet, um Popcorn zu machen; es wurde gehämmert, gesägt und mit Ton gebastelt. Und auch der Sprung in den Postsee wurde an diesem schönen Spätsommertag von einigen Kindern gewagt.
„Die Wühlmäuse in Preetz sind die größte und vielseitigste naturpädagogische Organisation in Deutschland“, berichtet die Vereinsvorsitzende Irmela Will. „Besonders der große Nachmittagsbereich, mit den vielen Gruppen in der Natur am Nachmittag ist einzigartig.“
Der Kontakt zur japanischen GIFU Akademie besteht schon sein 15 Jahren. Dieser kam seinerzeit über die deutsch-japanische Gesellschaft und eine japanische Studentin aus Münster zustande, die unter anderem in Preetz für ihre Diplomarbeit über ein naturpädagogisches Konzept geforscht hatte. Seitdem gibt es einen engen Kontakt und auch persönlichen Austausch, zwischen den Preetzer „Wühlmäusen“ und Prof. Hagiwara aus Japan.
Besonderes Interesse der japanischen Studierenden galt an diesem Tag dem freien selbstbestimmten Spiel der Kinder in der Natur. „Dies kennt man in der Form, als feste Freizeitaktivität im Grundschulalter und in solch einer große Gruppe, in Japan noch nicht“ berichtet Irmela Will.
Das wird sich sicherlich ändern. Professor Yusaku Hagiwara und seine Gruppe haben in den Tagen in Preetz sehr viele Ideen und Erfahrungen mitgenommen, um sie in Japan umzusetzen. Der enge Austausch mit den „Wühlmäusen“ wird weiter bestehen bleiben. Auch Irmela Will plant wieder einen Besuch in Japan.