So ist der Blick auf die kritische Infrastruktur in Plön und Umgebung
Plön (los). Was braucht es für den Schutz sogenannter kritischer Infrastruktur? Über das komplexe Thema tauschte sich Innenministerin Dr. Sabine Sütterlin-Waack in Plön mit Vertretern der Versorgungsbetriebe für Trink- und Abwasser aus. Zu dem Informationsabend hatte der CDU-Kreisverband eingeladen. Am Ende nahm die Ministerin wichtige Anregungen mit nach Kiel.
Die Ereignisse häufen sich: Spionage-Drohnenflüge, durchtrennte Seekabel und Hackerangriffe auf IT-Bereiche zeigen, welche Anstrengungen feindliche Mächte in Sachen Sabotage und Auslotung von Schwachpunkten unternehmen. Daraus resultiert der Bundes-Gesetzentwurf für einen stärkeren Schutz kritischer Infrastrukturen. Er bildet den Hintergrund des Plöner Gesprächsabends am 7. Januar ab, der nicht zufällig im Klärwerk Tweelhörsten stattfand. Denn auch die Aspekte der Frischwasserver- und Abwasserentsorgung sind in die Auseinandersetzung mit den schlimmsten Szenarien eingebunden. Das Gesetz definiert die wichtigsten Sektoren der kritischen Infrastrukturen. Es regelt die Schutzstandards, Risikoanalysen und ein Störungsmonitoring. Diese Definition sei ein wesentlicher Punkt des Gesetzes, verdeutlichte Sabine Sütterlin-Waack, „und da ist Abwasser mit dabei.“ Zudem gehe es darum, „wer Zugang zu Kraftstoff hat“.
Ein sicheres Stromnetz: essenziell. Wechselseitige Abhängigkeiten bestehen in alle Richtungen. Die Erforschung eines möglichen Ausfalls größerer Ausmaße und die Auswirkungen eines solchen „Blackouts“ ist in vollem Gange. „Alles bricht dann zusammen“, erinnerte Sabine Sütterlin-Waack an die Katastrophe im Ahrtal im Sommer 2021. Dabei sei „Kommunikation ist das A und O“, unterstrich sie, ebenso die dezentrale Wasserversorgung. Die Stromspeicher würden erforscht, „aber da ist ja noch Luft nach oben“, fügte sie hinzu.
Luft nach oben gibt es aber auch hinsichtlich der Eigenvorsorge, wurde bei dem Infoabend deutlich. „Ein bisschen Wasservorrat sollte man zuhause haben“, erklärte die Innenministerin. Ebenso vorausschauend müsse jeder Bürger seinen Vorrat an Lebensmitteln und Medikamenten überdenken. Wichtig sei zudem die Frage, wo sich, „wenn Strom wegbleibt, ganz wichtige Punkte“ befänden, die zu versorgen wären. Ein weiterer Aspekt: Die Alarmierung sowie der Ort, „wo sich die Menschen dann zusammenfinden müssen“.
Plöns Bürgermeisterin Mira Radünzel griff den Punkt auf und informierte in diesem Zusammenhang über die Erarbeitung eines Notfallinformationsbogens. Das „NIB System“ werde im Kreis Plön derzeit aufgebaut und sei bereits weit fortgeschritten, sagte sie.
„Mit Chance kann man geplante Terroranschläge vereiteln“, erweiterte Sandra Carstensen das Thema und sprach auch aus dem Blickwinkel des Hamburger Flughafenbetriebs, in dem sie früher arbeitete. Angesichts der Bedrohung durch Terrorakte stelle das Ziel der Aufrechterhaltung der kritischen Infrastruktur eine riesige Herausforderung dar, machte die CDU-Kandidatin deutlich.
Wie riesig diese ist, davon konnte sich Hauke Hansen (CDU) kurz vor Weihnachten selbst ein Bild machen. Als Schatzmeister im Verein „Teestube David–Unsere Hilfe zum Leben nach Tschernobyl“ begleitete er eine der vierteljährlichen Lieferungen von Medikamenten. Den Besuch habe er genutzt, um sich dort Krankenhäuser anzusehen, Einrichtungen, die wegen des Angriffs Russlands die dreifache Bettenzahl benötigten. „Die Ukrainer bauen in großer Geschwindigkeit Bunkeranlagen, um ihre Patienten versorgen zu können“, so Hansen. Davon sei ableitbar, dass auch hier eine dreifache Patientenanzahl versorgt werden müsste. Er rege an, „gewisse Dinge mitzudenken“, etwa wo und wie zusätzliche Betten schnell verfügbar wären und Apotheken entsprechend bevorratet seien. Die Ukraine zeige auch, wie schnell räumliche Lösungen für das Aufstellen von Containern nötig würden. „Das braucht eine grundsätzliche Planung“ Auch sei der Schutz wichtiger Geräte der Kliniken von großer Bedeutung.
„Unsere Kern-DNA ist unsere Versorgungssicherheit“, stellte Marc Mißling, Geschäftsführung Stadtwerke Eutin GmbH, den Schutz vor dem Eindringen von Hackern in die Systeme heraus. Das geschieht auf hohem Niveau: Alle, die im Bereich Strom, Gas, Wasserversorgung zuständig sind, seien durch ein „IT-Sicherheitsmanagementsystem“ zertifiziert.
Die Vertreter von Holsteiner Wasser GmbH, Carlos Marques und André Herrmann, Betriebsleiter Plöner Wasserwerk verwiesen auf den breiten Schutzradius um die Schacht-Baukörper. Deren Alarmanlagen würden an den Bereitschaftsgänger sofort Signale geben, sollte es ein Sabotage-Problem in der Wasserversorgung geben. Zudem werde die Wasserqualität durch regelmäßige Messung überwacht.
Man solle aber nicht nur auf das Thema IT sehen, sondern auch auf den Katastrophenschutz, warf Andreas Laatsch vom Vorstand Stadtwerke Plön AöR, zuständig für den Abwasserbereich, ein. Auch das Klärwerk Tweelhörsten funktioniert nur mit Strom. Fiele dieser aus, käme vor Ort ein Stromerzeuger zum Einsatz, erläuterte Laatsch. Das Problem der Notstromerzeugung: „Wir brauchen dafür auch den Kraftstoff.“ Diesel sei jedoch nur für maximal 36 Stunden vorrätig und „der Tank ist ja nicht immer voll“, gab Laatsch zu bedenken. Bisher sei der Kraftstoff jedoch vor allem für Behörden wie die Polizei vorgesehen. 49 Pumpwerke gebe es im Plöner Hoheitsbereich, die das Abwasser nach Tweelhörsten beförderten. „Kleine Stromerzeuger gibt es da nicht“, erläuterte Laatsch. Gäbe es Stromausfälle größerer Ausmaße, „kriegen wir nichts mehr hin“.
Hier werde es demnach wichtig, „den Transport von Kraftstoffen auch für andere Bereiche zu öffnen“, stellte die Innenministerin fest. Und auch die „Kommunikationsfähigkeit über die Grenzen der verschiedenen Ebenen hinweg beziehungsweise der Stabsorganisationen untereinander nehme ich heute mit auf den Weg“, so Sütterlin-Waack.
Mit „Fall X“ befasse sich die Abteilung Bevölkerungsschutz. Die Bedrohung durch Cyberangriffe habe in den vergangenen Jahren „massiv“ zugenommen, führte die Innenministerin weiter aus, die Unternehmen würden im Landeskriminalamt beraten. Und die Drohnenflüge von Brunsbüttel seien nicht die einzigen dieser Art, Ähnliches sei auch in Niedersachsen passiert, so Sütterlin-Waack, „wir haben uns deshalb mit den anderen Bundesländern zusammengeschlossen.“
In dem ChemCoast Park Brunsbüttel sind Öl- und Gasunternehmen ansässig. Es wird wegen Verdachts der Sabotage ermittelt. Im Fokus: Die Zivilschifffahrt vor der Küste. Denn die Drohnen als „echte Hightechgeräte“ mit hoher Reichweite und Geschwindigkeit könnten zum Beispiel draußen auf See von Deck aus gestartet worden sein, so die Innenministerin. Der Schutz der kritischen Infrastruktur sei schwierig: „Es muss hier um eine gemeinsame Beschaffung gehen und dann müssen wir über die Rolle der Bundeswehr reden“, resümierte Sütterlin-Waack, „die können ganz viel, aber innenpolitisch dürfen sie nicht so furchtbar viel machen.“