20 Jahre Ostereiertauchen in Kitzeberg Erstmals dänische Einsatztaucher mit von der Partie
Mönkeberg/Kitzeberg (mm). Seit zwanzig Jahren hat die Veranstaltung Tradition: das Ostereier-Tauchen in Kitzeberg. Die Aufgabe: Rund vierzig bemalte Ostereier müssen Einsatztaucher des Arbeiter Samariter Bundes auf dem Grund der Förde suchen. Dieses Jahr am Sonnabend, 30. März, von 10 Uhr an. Anlässlich des zwanzigjährigen Jubiläums wartet dieses Mal ein Überraschungsei auf sie. Doch ob das „Ü-Ei“ tatsächlich etwas mit einem Ei zu tun hat? „Das wird natürlich nicht verraten“, sagt Fachdienstleiter Martin Roos verschmitzt. „Soll ja spannend bleiben. Auf jeden Fall wird es eine interessante Überraschung“.
Doch noch ist es nicht so weit. Etliches ist vorzubereiten. Bei Familie Roos steht zurzeit regelmäßig Rührei auf dem Speiseplan. Mindestens 40 Eier wollen ausgeblasen, mit Gartenbaubeton gefüllt, bemalt und anschließend in der Förde bei Kitzeberg versenkt werden. Dort warten die präparierten Eier auf dem schlickigen Grund der Kieler Förde, die hier durchschnittlich vier Meter tief ist, verteilt auf einem Gebiet so groß wie zwei Fußballfelder. Zwölf aktive Einsatztaucher werden den Meeresboden absuchen. Unterdessen müssen die Eier meist nicht lange warten, bis sie gefunden werden. „Es kommt so gut wie nie vor, dass die Taucher ein Ei nicht entdecken“, erläutert Martin Roos. Doch wenn und falls tatsächlich mal eines der „Ostereier“ wider Erwarten liegen bliebe, dann wäre das ökologisch völlig unbedenklich, weiß er. Innerhalb weniger Tage löst sich die Schale auf und der kleine Betonklumpen wäre ein beliebter Ankerpunkt für Muscheln. „Für die Natur sogar eher nützlich, ganz im Gegensatz zu unzähligen Golfbällen, die ebenfalls vom Meeresgrund rausgefischt werden“.
Die Anfänge des „Ostereiertauchens“ reichen zurück ins Jahr 2002. Damals gestartet als kleines Spaß-Event für Freunde und Familie, „ohne die sonst so düsteren Vorzeichen bei Einsätzen“. Im Laufe der Jahre hat sich die Veranstaltung herumgesprochen, lockte stets mehr Zuschauer an. Irgendwann gesellten sich befreundete Rettungsdienste hinzu, etwa DLRG, Wasserwacht, DGzRS und Feuerwehr. Sogar befreundete Taucher aus Dänemark sind diesmal mit von der Partie. Inzwischen hat sich das Treffen zu einem Taucherfest mit interessantem Rahmenprogramm gemausert, etwa Fahrten für Kinder mit den Einsatzwagen und im Boot, Tauchtechnik kennenlernen, und mit erfahrenen Einsatztauchern Schnacken und Klönen, bei Kaffee und Kuchen. Und natürlich, ein Infostand über die Arbeit der Rettungsstaffel. Ein wenig Eigenwerbung muss sein. Denn Verstärkung ist erwünscht. 2001 gegründet, lautet die offizielle Bezeichnung: Taucher-Einsatzstaffel des ASB Regionalverband Kiel. 17 Leute versehen hier zurzeit ehrenamtlich Dienst. Einer von ihnen ist Marco Groß. Das Tauchen hat er von der Pike auf beim ASB gelernt. „Das ist schon etwas Besonderes“, erzählt Roos. Denn die meisten Aktiven hätten vor ihrem Dienst als Einsatztaucher bereits Taucherfahrung. „Der Altersdurchschnitt beträgt knapp über dreißig Jahre, Der Älteste ist 52. Etwa die Hälfte sind Frauen. „Auch das ist eher außergewöhnlich“, meint Roos. Denn meist bildeten Taucherstaffeln eine Spezialeinheit von Feuerwehren. „Und da arbeiten nach wie vor überwiegend Männer“. Apropos Feuerwehr. Seit die Berufsfeuerwehr Kiel 1999 ihre Taucherstaffel aus Kostengründen aufgeben musste, sind die Leute vom ASB die einzigen Einsatztaucher im Städtedreieck Husum, Kaltenkirchen und Eutin. Einsatzschwerpunkte sind der Nord-Ostsee-Kanal und die Kieler Förde. Dreißig Einsätze fahren sie durchschnittlich pro Jahr. Alarmiert wird durch eine Rettungsleitstelle, per Meldeempfänger und Smartphone. Selten vergehen mehr als 15 Minuten, bis etwa sieben oder acht Taucher und zwei Fahrzeuge ausrücken. „Das ist ziemlich schnell“, weiß Roos. Zumal sich die beiden Fahrzeuge an unterschiedlichen Standorten im Kieler Stadtgebiet befinden. „Wir sind da im Moment auf der Suche nach einer Liegenschaft, wo zwei Fahrzeuge und ein Boot Platz finden“. Sie führen genügend Ausrüstung mit, dass bis zu sieben Taucher gleichzeitig ins Wasser gehen können.
Zum Glück sei bei etlichen Einsätzen ihr Eingreifen nicht mehr erforderlich. Im vorigen Frühjahr etwa, als bei Meggerdorf ein Pkw in die Sorge gestürzt und untergegangen war. In den frühen Morgenstunden erreichte die Einsatztaucher der Notruf, dass ein Autofahrer ertrunken sei. Das Fahrzeug hatten die Taucher unter Wasser schnell gefunden, doch keine Person. Wo war sie? Womöglich ertrunken und abgetrieben? Stunden später erst die erlösende Nachricht. Der 18-jährige Fahrer hatte sich selbst retten können und saß bereits in der Berufsschule. Doch längst nicht immer geht es glimpflich aus. „Wir hoffen im Ernstfall zwar stets jemand lebend retten zu können, doch sowas ist leider eine sehr seltene Ausnahme. Dann ist unsere Aufgabe eine sehr traurige Pflicht“. So etwa bei einem Unglück, das kurz darauf passiert war. Die Kieler Polizei suchte einen 86-Jährigen Mann. Er und sein Auto wurden vermisst. Ein Angler hatte das Autokennzeichen im Wasser an der Mole des Marinearsenals auf dem Ostufer gesehen. Nicht aber das Auto. Die Wasserschutzpolizei kam zur Hilfe und sichtete unter Wasser einen silbernen Pkw und alarmierte die Taucherstaffel des ASB. Diese setzten zunächst eine Drohne ein. Sie brachte dann Gewissheit. Der Mann war in seinem Auto ertrunken. „Dieser Einsatz war eine traurige Pflicht“, wiederholt Roos. Da sind Fähigkeiten gefragt, die sich deutlich vom Sporttauchen unterscheiden. „Einsatztauchen ist vom Kopf her etwas ganz anderes“, sagt er. Routine dagegen sei, Elektroroller aus der Förde zu fischen. „Voriges Jahr waren es zwanzig Stück“. Doch auch dieser Job fordere heraus. Denn oft sei die Sicht extrem schlecht unter Wasser. „Selbst in Uferbereichen geht es da schon mal runter bis acht Meter unter dem Wasserspiegel, in der Fahrrinne sogar bis auf zwanzig Meter“. Noch schlimmer seien Bergungen in der Schwentinemündung. Da sehe man gar nichts mehr unter Wasser. „Manchmal gibt es hier echte Dreckstauchgänge“, erinnert sich Roos. Immerhin könne man seit zwei Jahren eine Unterwasser-Drohne einsetzen. „Damit lässt sich einiges an Tauchzeit sparen“.
Doch zurück zum Ostereiertauchen, zu der alle Interessierten, ob zum Zuschauen oder Mittauchen, eingeladen sind. Und auf der man sich viele spannende Geschichten von Einsätzen erzählen lassen kann. Oder mehr übers Sporttauchen erfahren. Mit etwas Training schafft es jeder, mindestens zweieineinhalb Minuten die Luft anzuhalten, 75 Meter weit oder 25 Meter tief zu tauchen. „Da ist keine Magie dahinter“, sagt der Mann, der auch Apnoe-Tauchlehrer ist.