Eine besondere Auszeichnung
Kiel/ Laboe (los). Jan Steffen vom Laboer Lachmöwen-Theater hat das Bundesverdienstkreuz erhalten. Mit dieser besonderen Auszeichnung am 1. April im Kieler Landeshaus wurden die Verdienste um die Plattdeutsche Sprache gewürdigt.
Der Bühnenleiter gehört seit über 30 Jahren zum Ensemble und ist in der Familie Steffen bereits der zweite Träger: Auch seine Mutter wurde 2017 geehrt. Durch sie hatte Jan Steffen die ersten Berührungspunkte mit Theaterspielen op Platt, wie er gerne erzählt.
Im Laufe der Zeit entwickelte das Lachmöwen-Team aus einem abgewickelten Kindergarten ihr Theater immer weiter. Heute strahlt es als Hotspot weit in die Kulturlandschaft Schleswig-Holsteins und darüber hinaus aus.
Als immer noch spielendes Gründungsmitglied ist Jan Steffen „Dienstältester“ bei den Laboer Lachmöwen, die im Ursprung auf den AWO Ortsverein zurückgehen. 1986 bis 1996 gab es die AWO-Bühne, bei der Steffen 1992 mitzuspielen begann, dann „haben wir uns mit dem Theater als Verein selbstständig gemacht“, blickt Steffen auf die Anfänge zurück. Dieser Schritt habe den gestalterischen Freiraum für die Weiterentwicklung des Theaters bedeutet.
Den Spaß am Spiel und witzigen Aufführungen schreibt Steffen allerdings auch und insbesondere der Freiwilligen Feuerwehr seinerzeit zu, die ihre Kameradschaftsabende mit Pfiff zu gestalten pflegte: „Der Wehrführer hatte damals gern Sketche geschrieben – eine Gruppe der Feuerwehr hat diese dann gespielt“, erzählt Steffen, der als Jugendlicher in das Feuerwehrensemble eingebunden war. „Das war Klamauk“, sagt er, „aber lustig“. Diese kreativen Einlagen erfüllten zudem ihren Zweck: „Die Leute sollten nach dem Essen nicht so träge werden, der Wehrführer wollte, dass Leben in die Bude kommt!“
Zeitgleich sei seine Mutter bereits auf der AWO-Bühne aktiv gewesen. Als ein Schauspieler des AWO Teams 1992 ausfiel, dachte Traute Steffen gleich an ihren Sohn, der die Rolle dann übernahm, diese allerdings auch im Turbo-Gang lernen musste. „Es war eine kleine Rolle und machbar“, sagt Steffen bescheiden, „Texte lernen konnte ich schon immer ganz gut.“ Seine Methode: „Einmal täglich Hausaufgaben“ in Verbindung mit dem, „was man bei der Probe lernt“. Gemeint sind die Aktionen und Bewegungen auf der Bühne. So gelinge es, dass der Text mit der Zeit passgenau zur Handlung im Kopf abgerufen werden kann und automatisch über die Lippen kommt. 51 Rollen hat Steffen in den 33 Jahren bei den Lachmöwen gespielt.
An seine erste Rolle in dem Stück „Frikadellen“ erinnert er sich genau: Damals agierte Steffen in grüner Polizeiuniform als Wachtmeister Schuldt. Inhaltlich ging es deftig zur Sache, erinnert er sich: Ein Hauswirt gibt seinen Gästen „abgelaufene Frikadellen“ zu essen, ein Arzt verschreibt im Zuge der Verwicklungen Rizinusöl, von dem ein Betroffener gleich die ganze Flasche leert...
Die Spielstätte damals: Die Schulaula, die 2003 jedoch abgerissen wurde. Aber der inzwischen gegründete Lachmöwenverein hatte Glück: „Der Kindergarten der Deutschen Inlandsmission im Katzbek 4 wurde aufgelöst.“ Die Eigentümerin der Immobilie – damals wie heute die Gemeinde Laboe – vermietete an die Lachmöwen.
Die Ehrenamtler richteten sich neu ein, wenn auch provisorisch und mit viel Eigeninitiative: Bühne und Utensilien aus der alten Schule zogen um, die Freiwillige Feuerwehr und der DRK Ortsverein stifteten überzählige „alte Stühle, die nicht mehr gebraucht wurden“, und die sanitären Anlagen der Kinder wurden in Eigenregie „und mit Hilfe von Freunden“ auf Erwachsenenformat umgebaut. „Alles zusammengeschusterte Sachen“, sagt Jan Steffen. Aber man behalf sich zweckmäßig. „Dann wurden noch Podeste gekauft, damit die Leute höher sitzen konnten.“ Auch das war ein Provisorium, die Lachmöwen hielten Maß bei ihren Investitionen: „Das lag daran, dass wir ja keinen langfristigen Mietvertrag gekriegt haben“, erklärt Steffen die Umstände. Den habe der Verein erst „um 2005/6“ erhalten. „Ab da haben wir richtig Gas gegeben.“
So erhielt der kontaktfreudige und gut vernetzte Verein 2011 Stühle aus dem Hamburger Ohnesorg-Theater. Und nicht nur das: „2012 haben wir dann auch noch die Bühne von Ohnesorg bekommen“, berichtet Steffen. In diesem Zuge sei ein großer Umbau bereits im Vorwege nötig gewesen. Das heutige Lachmöwentheater atmet seitdem auch ein wenig Ohnesorg-Geschichte, nicht zuletzt durch den einen oder anderen Gastauftritt verstärkt, wie zuletzt mit Heidi Mahler 2023, die in der Paraderolle des Klassikers „Tratsch im Treppenhaus“ für Begeisterung sorgte.
Dank finanzieller Förderung durch die AktivRegion konnten 2017/18 schließlich noch Küche und Toiletten bedarfsgerecht modernisiert werden.
Noch wichtiger wurden dann die „Neustart Kultur“-Bundesmittel im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Im Zuge dieser Förderung in einer Notzeit habe der Verein das Haus Dorfstraße 8, die ehemalige Polizei, hinzunehmen können, um dort unter anderem das Büro und Probenräume einzurichten. Trotz aller Hindernisse brachten es die kreativen Lachmöwen damals fertig, unter den strengen Hygieneauflagen dennoch Ein- oder Zweipersonenstücke auf die Bühne zu bringen, bei notwendigerweise auf Abstand platziertem Publikum, versteht sich.
Es sei schwierig gewesen, den Theaterbetrieb später wieder anfahren zu lassen, sagt Jan Steffen, und eine Herausforderung, das Niveau der Auslastung aus der Zeit vor Corona zu erreichen. Zum Gelingen trug auch Heidi Mahler bei: „Ein Zugpferd“, sagt Steffen, „die Leute kamen von Gott weiß woher.“ Auch nutzte das Ohnesorg-Theater die Bühne der Lachmöwen in der Corona-Zeit für seine Premieren. „Denn in Hamburg durften sie nicht so viel machen – und wir hatten unser Stück gerade durch gehabt.“ Das passte.
Nach wie vor werde zu Ohnesorg enger Kontakt gepflegt, „wir gucken ab und zu rein“, als Zuschauer. Auch umgekehrt. „Ein Austausch findet immer statt“, sagt Jan Steffen. Das Engagement binde viel Zeit. „Wir spielen so achtzig Mal im Jahr“, schätzt er, und peilt die Vorbereitungszeit auf rund 30 Probenabende pro Stück, abhängig von Rolle und Textumfang. Ein gutes Team sei dabei unerlässlich, unterstreicht er. „Das Zwischenmenschliche muss stimmen.“ Nur deshalb habe alles funktionieren könnnen: „Das ging alles nur Dank guter Leute, die alle bereit waren, die gleiche Disziplin an den Tag zu legen und alles Organisatorische mitzubringen“. So rückte die Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am 1. April auch das Team ein Stück ins Rampenlicht.