

Heikendorf/Möltenort (aj). Ein Sommertag im Hafen Möltenort. Gutgelaunte Sommergäste bewundern die Segelboote, bleiben beim Fischer stehen und schlendern über die breiten Holzstege. Ein Idyll. Für Außenstehende. Tatsächlich ist um den Fischerei- und Yachthafen ein Streit entbrannt, in dem ein Kompromiss kaum mehr möglich scheint. Auslöser ist die von den Gemeindewerken Heikendorf, die den Hafen betreiben, geplante Erweiterung und Umgestaltung des Hafens. Anstelle der hölzernen Steganlage sollen moderne Schwimmstege entstehen, 43 Liegeplätze mehr will man so schaffen, wie der Vorstand der Gemeindewerke Tim Lüdemann erklärt: „Die Nachfrage ist den letzten Jahren stark gestiegen, darauf wollen wir reagieren“, führt er aus. Seine Argumentation basiert auf der Wirtschaftlichkeit des Hafens. Zudem habe ein Guthaben ergeben, dass die Pfähle, die die hölzernen Stege tragen, zu einem großen Teil marode seien: „Durch einen Konstruktionsfehler konnte von oben Wasser in die Pfähle eindringen, die nun innen verfault sind“, so Lüdemann. Ein Gutachten zur Qualität der Stege kann indes auch der Verein Alter Möltenorter Fischerei- und Yachthafen e.V. vorlegen. Dessen Mitglieder haben sich in der Absicht organisiert, eine Modernisierung abzuwehren und den Hafen in seiner jetzigen Form zu bewahren. In ihrem Gutachten wird den Stegen eine Lebensdauer von noch 20 bis 40 Jahren bescheinigt: „Ein Abriss ist unnötig und zudem umweltschädlich“, betonen die Aktiven um den Vorsitzenden Wolfgang Merkel. Würden die Pfähle bewegt oder entfernt, würden Ablagerungen aus Zeiten, in denen Öl und andere Stoffe noch wenig umweltgerecht im Hafenbecken entsorgt wurden, aktiviert. Die Unterkonstruktion sei grundsätzlich bis auf wenige Traghölzer intakt und durch eine fachgerechte Sanierung für die Zukunft zu erhalten.
Neben Umwelt- und Finanzaspekten spielt das traditionelle Ortsbild eine große Rolle beim Nein! zur geplanten Steganlage der Gemeindewerke. „Da geht es viel um Emotion“, meint Tim Lüdemann und vielleicht ist das der einzige Punkt, an dem man sich einig ist. Denn dass sie die Hafenanlage als ein Stück der Heikendorfer Identität erhalten wollen, verhehlen die Vereinsmitglieder nicht: „Eine solche Steganlage finde Sie in keinem Hafen“, betont Wolfgang Merkel. Um diese zu bewahren, will Gerhard Grundl, Segler mit einem Schiff im Hafen Möltenort und Vereinsmitglied, nun ein Bürgerbegehren auf den Weg bringen. Die folgende Fragestellung sei bereits von der Kommunalaufsicht als zulässig bewertet worden: „Sind Sie dafür, dass die Gemeinde Heikendorf in der Unternehmens- und Organisationssatzung für das Kommunalunternehmen ‚Gemeindewerke Heikendorf - Anstalt öffentlichen Rechts“ den Paragraphen 2 Abs. 1b („der Betrieb des Möltenorter Hafens“) streicht und darüber hinaus die Übertragung des gesamten notwendigen Anlage- und Betriebsvermögens einschließlich der Grundstücke auf die Gemeinde Heikendorf sicherstellt, damit der Möltenorter Hafen künftig von der Gemeinde Heikendorf selber betrieben wird und diese die KFK-Brücke und die Tankerbrücke an den derzeitigen Standorten erhält sowie die Anordnung der Brücken und Stege unverändert lässt?“ Klingt kompliziert: „Eigentlich geht es einfach darum zu entscheiden, ob der Hafen so bleiben soll, wie er ist, von notwendigen Arbeiten abgesehen“, erklärt Gerhard Grundl. Das sieht Tim Lüdemann erwartungsgemäß anders: „Es geht auch darum, dass die Gemeinde Heikendorf als Defizitgemeinde den Hafen betreiben müsste“, sagt er. Diese Belastung könne in letzter Konsequenz dazu führen, dass der Hafen privatisiert werden könnte. „Ob das Ergebnis dann tatsächlich der Erhalt des Hafens wäre, ist fraglich“, so Lüdemann. Er sieht vorrangig die privaten Interessen einzelner Akteure als Grund für den Widerstand und argumentiert: „Es kann nicht sein, dass wir deshalb große Wasserflächen ungenutzt lassen.“ Aber auch die andere Seite ist um Argumente nicht verlegen und nennt die Sicherheit, den hohen Wellengang, der bei niedrigen Schwimmstegen zum Problem werden könne, und die Begehbarkeit mit Rollator oder Rollstuhl.
Die Kluft ist tief, die gegenseitigen Vorwürfe gewichtig. Der Verein fühlt sich nicht gehört, Lüdemann entgegnet, er habe viele Interessen einbezogen, daher gebe es viele angepasste Entwürfe. In den Aktivitäten des Vereins seiht er eine Blockade: „Wir könnten schon fertig sein, das kostet uns viel Geld und Zeit“, betont er. Der Verein wirbt nun seinerseits um Unterschriften, um eben diese Fertigstellung zu verhindern. Zirka 770 Stimmen sind notwendig für den nächsten Schritt im Bürgerbegehren. Dann wäre es an den Bürger*innen zu entscheiden. Beide Seite informieren über ihre Sichtweisen auf www.moeltenorter-fischereihafen.de beziehungsweise auf www.gwh.sh