

Eutin (ed). Sie stehen alle auf der Bühne, die damals Rang und Namen hatten: Michelangelo ist da, Gutenberg, Kolumbus, der Papst natürlich, der sich nicht unbedingt mit Ruhm bekleckerte – und Martin Luther, der Revoluzzer der Kirche, die damals noch nicht in evangelisch und katholisch unterteilt war, der Wegbereiter der Reformation, vogelfrei und einfach unerhört. Er spielt natürlich die Hauptrolle in “Einmal Fegefeuer und zurück”, dem Musical, das die Musical-AG der Voß-Schule morgen und übermorgen auf die Bühne ihrer Aula bringt. Es erzählt die Geschichte Luthers neu und mitreißend. 75 Schüler von der 6. bis zur 9. Klasse sind daran beteiligt. Sie spielen, singen, tanzen sogar – eigens für dieses Musical wurde zum allerersten Mal eine Tanz-AG gegründet. Sie haben die Bühnenbilder gestaltet und das Stück, das ihre Lehrerinnen Ilona Lehmann, Silke Weißenfels und Jannika Peters für sie geschrieben haben – “wir waren auf der Suche nach einem Stück, das zum 450jährigen Jubiläum unserer Schule passt”, erzählt Ilona Lehmann, “und sind so kurz vor dem 500. Geburtstag von Luthers Thesenanschlag natürlich auf Luthers Geschichte gekommen.” Da sich aber kein passendes Stück gefunden habe, “haben wir uns eben zusammengesetzt und eines geschrieben.” Das war im letzten Sommer – gleich im Herbst dann begannen die Proben mit so vielen Schülern wie nie zuvor. Die finden die Geschichte ihres Musicals super, denn es erzählt von Mut und Liebe und ist echt ziemlich cool inszeniert. “Martin Luther hatte einfach genug davon, dass die Kirche das Sagen hatte”, erzählt Alina, die den Kumpel von Luther spielt, “und dass es eigentlich nur ums Geld ging. Also ist er zum Papst und hat sich beschwert, der aber wollte gar nicht davon hören und wurde böse.” “Der hat ihn für vogelfrei erklärt”, sagt Klara empört. “Aber Kurfürst Friedrich hat ihn entführt, bevor die Räuber das konnten, um das Geld für ihn zu bekommen.”Und von langweilig oder gar verstaubt kann hier keine Rede sein, sind die jungen Schauspieler sich einig – “die Thesen haben viel verändert in der Welt”, sagt Johanna Gebhardt, die Martin Luther spielt, “und das wirkt sich auch noch auf uns heute aus.” Und Luthers Geschichte sei für uns auch heute noch wichtig, einfach um zu wissen, wie gut wir es haben”, findet Yasmina, “aber sie zeigt auch, dass es sich lohnt, sich dafür einzusetzen, woran man glaubt, mutig zu sein.” Denn mutig war Luther – nicht nur, weil er sich Papst und Kirche widersetzte sondern weil er als allererster die Bibel übersetzte. Die nämlich war zuvor auf Latein geschrieben und nur für die Kirchenoberen zu verstehen – “das steht da drin?” staunt dann auch Kurfürst Albrecht (Malin Voigt), als Luther ihm eine Passage übersetzt. Und plötzlich konnte jeder das Wort Gottes verstehen und niemand musste sich mehr von hinterhältigen Ablassverkäufern wie Tetzel (grandios fies: Celine Marie Block und Kira Ohnesorge) in Angst und Schrecken versetzen lassen. Kein Wort von Fegefeuer oder ewigem Leid steht in der Bibel. Und natürlich steht auch das Fegefeuer auf der Bühne, mit all den gequälten Seelen, die keinen Ablassbrief gekauft haben und jetzt auf ewig in dieser Vorhölle schmoren müssen. Das zumindest behauptet – auf höchst hypnotische und wunderbar fiese Weise – Tetzel der Ablassverkäufer – “eine historisch verbürgte Figur”, sagt Ilona Lehmann, “genauso wie viele andere Größen, die hier ihren Platz haben.” Und trotzdem sei das Musical kein historisches Lehrstück sondern unterhaltsam – das stimmt: Spannend, lustig und doch auch lehrreich. “Es war sehr interessant, sich mit dieser Zeit zu beschäftigen”, so die Lehrerin, “denn das war auch die Anfangszeit unserer Schule.” Diskutiert wurde damals, ob die Welt nun Kugel oder Scheibe sei, woher die Pest kommt und was nach dem Tod passiert – und mit dieser Angst vor dem Tod spielt die Kirche. Entstanden ist ein großartiges und mitreißendes Musical, das in Luthers Zeit entführt und die Geschichte so erzählt, wie sie (ungefähr) passiert sein könnte. Wie Martin seine Katharina (gespielt von Liska Schuhmacher) erobert hat, wie er dann doch kein Mönch mehr war und das Fegefeuer keine Rolle mehr spielte, das ist morgen, am Donnerstag, dem 10. und am Freitag, dem 11. November jeweils um 18 Uhr in der Aula der Voß-Schule zu erleben. Eintrittskarten können unter fegefeuer-voss@arcor.de vorbestellt werden.