Reporter Eutin

Ein ferner Blick auf die Welt

Eutin (aj). Um den Wert dieser Anschaffung zu bemessen, muss man sich auf einen gedanklichen Zeitensprung einlassen. Denn um 1525, als die älteste der drei neuen Landkarten im Bestand der Eutiner Landesbibliothek gefertigt wurde, war ein solches Stück Wissenträger, praktisches Instrument, Kunstwerk und Statussymbol zugleich. Wer die drei Karten von 1525, 1692 und 1730 also heute betrachtet, bewegt sich fasziniert auf dem weiten Feld einer universalen Weltsicht. Entsprechend freudig präsentierten Bibliotheksleiter Prof. Dr. Axel E. Walter und Susanne Hatscher als Kartenexpertin der Eutiner Landesbibliothek (ELB) die neuerworbenen Schätze. Rund 6000 Stücke zählt die Kartensammlung des Hauses. Asien ist dabei zahlenmäßig eher wenig vertreten und so suchte Hatscher konzentriert, was der Markt für diesen Raum bot, und wurde fündig: Die Karte aus dem Jahr 1525 stammt von Sebastian Münster und zeigt das damals bekannte Asien, die beiden anderen Karten betreffen ebenfalls Asien beziehungsweise Japan.

 

Zu finden ist das Eine, zu kaufen das Andere: Dass die Anschaffung möglich war, verdankt sich (wieder einmal) dem Engagement der Fielmann AG, die mit einem Kultur-Jahresetat von bis 500 000 Euro allein in Schleswig-Holstein 100 kulturelle und wissenschaftliche Institutionen unterstützt: „Fielmann ist ein ganz wunderbarer Partner für uns“, betonte Axel Walter dann auch bei der offiziellen Übergabe der Schmuckstücke. Der Termin im Seminarraum bot nicht nur die Gelegenheit für ein gewohnt gutgelauntes Wiedersehen mit dem Fielmann-Kunstexperten Jürgen Ostwald, es war auch der Einstand der neuen Kunstbeauftragten der Fielmann AG, Dr. Constanze Köster, die derzeit eine Partneradresse nach der anderen kennenlernt.

 

So beugten sich viele begeisterte Köpfe über die handkolorierten Karten, deren Faszination indes keine Frage des fachlichen Hintergrundwissens ist. Gleichwohl sprudeln beim Betrachten die Fragen und in der ELB gibt es die Antworten. Susanne Hatscher lenkt den Blick auf die Details in der Darstellung von Flora und Fauna, sie gibt erste Hinweise zur Herstellung: Während das älteste Exemplar als Holzschnitt gearbeitet wurde, sind die beiden anderen Karten Kuperstiche. Der betriebene Aufwand in der Herstellung wird vorstellbar, wenn man bedenkt, dass Karte und Schrift auf die Platte aufgebracht werden mussten. Bis zu 4000 Druckexemplare gab eine Kupferplatte her. Die Farbgebung erfolgte von Hand: „Jede ist Karte ist demnach ein Unikat“, so Walter.

 

Diese Kunstfertigkeit hatte ihren Preis: „Jeder Fürst besaß eine Kartensammlung“, führte der Bibliotheksleiter aus. Spannend ist das genaue Augenmerk auf den jeweiligen Wissensstand. Anhand der von ihr besonders geschätzten Japan-Karte aus dem Jahr 1730 kann Susanne Hatscher erklären, worin eine besondere Schwierigkeit in der Kartographie bestand: „Es war eine Herausforderung, die Längengrade zu bestimmen“, erörtert sie und ergänzt: „Man bediente sich dabei unterschiedlicher Methoden, zum Beispiel der Orientierung an den Jupitermonden, wie sie Galilei nutzte. Oder man bestimmte die Monddistanzen.

 

Beides war sehr schwierig und unterlag vielen Fehlerquellen.“ Dass im Ergebnis der japanische Küstenverlauf zwar korrekt abgebildet ist, die Darstellung der japanischen Inseln als Block aber nicht der Wirklichkeit entspricht, tut der Anziehungskraft der Karten keinen Abbruch. Tatsächlich haben die Karten bis heute eine Wirkung, die die Abbildung von Realität wenn nicht aufwiegt, dann doch unverzichtbar ergänzt. Susanne Hatscher formuliert das so: „Wenn ich vor einer Karte aus dem Jahr 1525 stehe, werde ich ganz ehrfürchtig. Dann bin ich ein ganz kleiner Mensch.“ Wer mehr über die Karten und andere Schätze der ELB erfahren möchte, findet auf der Internetseite www.lb-eutin.de Informationen zu Öffnungszeiten, Beständen und Ansprechpartner*innen.


Weitere Nachrichten aus Eutin am Mittwoch

UNTERNEHMEN DER REGION

Meistgelesen