

Eutin (ed). „Mein Papa sagt immer „gleich“ oder „später“, wenn er am Handy ist, obwohl ich ihm etwas erzählen möchte.“ steht in der Sprechblase eines sechsjährigen Jungen – zusammen mit vielen anderen Sprech- und Denkblasen hängt sie im Schaufenster der SonnenApotheke in Eutin. Gestaltet haben es dank der freundlichen Erlaubnis des Inhabers Joachim Aust Kinder der Eutiner Kindergärten im Rahmen der Aktion „Heute schon mit Ihrem Kind gesprochen?“ des Kreises Ostholstein und seiner Familienzentren.
„Als Koordinatorinnen der Aktionen sind wir auf die Kindergärten zugegangen, denn hier sind ja die Familien“, erklärt Süntje Schwarten vom Familienzentrum Eutin, „wir haben unsere Kampagne vorgestellt und bei den KiTas offene Türen eingerannt.“ Handys sind in der Lebenswelt schon sehr kleiner Kinder längst eine Selbstverständlichkeit – in den Händen ihrer Eltern oder als „Spielzeug“, das sie nicht sind. So wird das Fehlen der Geräte von den Kindern sofort bemerkt: Die Kinder des Montessori Kinderhauses stellen immer wieder erstaunt fest, dass hier das Smartphone gar nicht auf dem Tisch liegt beim Essen und die Erzieherinnen auch gar nicht damit spielen, erzählt KiTa-Leiterin Ulrike Schümann, „die Kinder beschweren sich dann, dass zuhause die Handys immer rumliegen oder sie warten müssen, bis ihre Eltern mit dem Handy fertig sind, bis sie ihnen was erzählen können.“
„Das ist ein sehr emotionales Thema“, so Christina Müller-Dreckmann, die Leiterin der AWO KiTa Anny Trapp, „das auch Einfluss auf den Kontakt zu den Eltern nimmt.“ Ein emotionales Thema, auf das, einmal angeregt, sofort Reaktionen kommen, wie auch Stephanie Achilles-West, die Leiterin des Fissauer Kindergartens Kinners op’m Barg, berichtet. „Die Kinder haben sofort nach den Plakaten gefragt und erzählt, dass sie auch schon ähnliche Erfahrungen gemacht haben.“ Und diese Erfahrungen erzählen sie nun in den Sprech- und Denkblasen im Schaufenster: „Wir wollen die Kinder zu Wort kommen lassen“, sagt Uta Steinkamp, die Leiterin der KiTa Kinderinsel. „Das Thema liegt uns allen am Herzen, aber die Kinder betrifft es sehr.“ Also wurden sie befragt und ihre Aussagen aufgeschrieben, laminiert und ins Schaufenster gehängt. „Die können doch mal was anderes machen. Zum Beispiel mir zuhören“ oder „Ich finde Handys voll doof. Meine Schwester schreibt da andauernd was rein“ oder „Mein Papa sagt immer, er kommt gleich in mein Zimmer zum Spielen, aber er kommt dann gar nicht, weil er am Handy spielt“. In der Mitte haben sich die Kinder selbst gemalt – fröhlich und bunt auf einer Blumenwiese. Wenn man draußen spielt, braucht man nämlich gar kein Handy. Natürlich finden viele Kinder das kleine Gerät, auf dem man so toll Filme gucken und spielen kann, super – aber doof finden sie es, wenn das Smartphone wichtiger ist als sie, wenn sie das Nachsehen haben.
Man habe mit dieser Kampagne wohl einen Nerv getroffen, seufzt Süntje Schwarten. Denn alle Eutiner KiTas haben das Thema sofort mit ihren Kindern aufgegriffen, sprechen darüber und haben sich eigene kleine Aktionen rund um den Umgang mit Smartphone und Co ausgedacht. Vier Wochen lang finden während der Dauer der Kampagne Spiel- und Vorlesenachmittage statt, bei denen Eltern und Kinder gemeinsam Zeit verbringen, spielen und Spaß haben. Und nahe legen, dass mit den Kindern verbrachte Zeit ohne Smartphone gute Zeit ist. Vorträge informieren über den Umgang mit den Medien und seine Folgen für die Kinder. So finden im Bujendorfer Kindernest Elternabende zum Thema statt und stoßen auf positive Resonanz, wie KiTa Leiterin Barbara Stosik erzählt. „Sie fühlen sich nicht angegriffen“, freut sie sich über die Reaktionen der Eltern, „sie gehen vielmehr achtsamer mit dem Smartphone um.“ Die Eltern überlegen jetzt, ob sie wirklich immer sofort auf das Gerät reagieren, umgehend antworten müssen auf jede Nachricht, die piept – oder lieber ihren Kindern zuhören. Oder das Handy auch einfach mal klingeln zu lassen und mit ihren Kindern auf den Spielplatz zu gehen. Ohne Smartphone. Lieber selbst etwas vorzulesen, als Alexa das übernehmen zu lassen, beim Spielen mit den Kindern das Smartphone wegzulegen – und beim Abholen aus der KiTa erstmal zu fragen, wie der KindergartenTag war. „Wir wollen dabei nicht den Zeigefinger heben“, sagt Christiane Hoyer, die Leiterin der KiTa Schatzkiste, „aber wir wollen Alternativen bieten.“