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„Wohin soll das führen?“

Eutin (aj). Analog 6.8 – das steht in Eutin seit der Gründung des Wohnprojektes in der Albert-Mahlstedt-Straße 6-8 für einen neuen Blick auf Wohnen und Leben in Gemeinschaft: Weltoffen, engagiert und zukunftsgerichtet, umweltbewusst und unkonventionell – so beschreiben die Aktiven des Projektes, das zum Verbund des Mietshäuser Syndikats gehört, ihre Haltung. Und dies tun sie auch nach außen kund: Mit Veranstaltungen, mit Präsenz bei der Gestaltung des öffentlichen Lebens und mit sichtbaren Zeichen wie den zwei Fahnen, die gut lesbar die Überzeugung der Bewohner*innen bekundeten. „Kein Mensch ist illegal“ hing neben gleich neben der Regenbogenfahne: „Im Frühsommer hatten wir an einem unserer Balkone in der Albert-Mahlstedt-Straße zwei Fahnen angebracht, mit denen wir unsere Haltung für Vielfalt und Menschenwürde zum Ausdruck bringen wollten“, berichtet Christian Bielke. Am 12. Juni, nur wenige Wochen nachdem man sie angebracht hatte, waren sie nicht mehr da. Der Diebstahl wurde zur Anzeige gebracht und innerhalb des Analog 6.8-Netzwerkes kundgetan. Und natürlich wurde Ersatz beschafft: „Viel Solidarität und eine Spende der Omas gegen Rechts halfen, schnell neue Fahnen besorgen. Sie sollten leider nur wenige Tage hängen“, teilt Bielke mit.
„Damit wurde Analog 6.8 innerhalb weniger Wochen nunmehr zum zweiten Mal zum Ort eines offensichtlich politisch motivierten Übergriffs“, schlussfolgern die Bewohner*innen. Hatte man beim ersten „Verschwinden“ auf eine Pressemitteilung verzichtet –„Um den Tätern nicht die Aufmerksamkeit zu bieten, die sie offensichtlich brauchen, um ihre demokratiefeindliche Denke zu verbreiten“, wie die Gemeinschaft erklärt – geht man nun bewusst an die Öffentlichkeit: „Jetzt wollen wir es nicht mehr hinnehmen und die Öffentlichkeit informieren, in welchem Maße die neue Rechte in Eutin nicht nur mit an Wände geschmierten Nazi-Parolen für zwiespältige Aufmerksamkeit sorgt“, heißt es in einer Presseerklärung mit Bezug auf eine deutliche Häufung rechter Schmierereien, Symbole und Zahlenkombinationen, die für Hetze wie „Deutschland den Deutschen“ stehen. Aktive Jugendliche berichten zudem regelmäßig über Sticker mit rechten Parolen im Stadtgebiet, zum Beispiel in der Plöner Straße.


Die Fahnen am Analog 6.8 standen demgegenüber „für ein klares Bekenntnis zur im Grundgesetz verankerten diskriminierungsfreien offenen Gesellschaft und zum Grundrecht auf Asyl“, betont die Wohngemeinschaft und ergänzt: „Insofern stellt die Entwendung der Fahnen für uns auch einen Angriff auf eben diese Werte dar. Und sie offenbart, dass die Täter eindeutig verfassungsfeindliche Ziele verfolgen.“ Neben der Empörung über die Dreistigkeit der Diebe steht die Sorge: „Wohin wird das noch führen?“


Die Antwort aber ist genauso klar: „Wir lassen uns nicht einschüchtern, bald hängen wieder neue Fahnen!“ Und eine Ermunterung, ebenfalls Farbe zu bekennen, liefern die Gruppe aus dem Analog 6.8 gleich mit: „Fahnen gibt es im Netz unter anderem bei eBay, flaggenmeer.de, Etsy und vielen mehr!“


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