Mit Bildern von Max Grunwald kehrt ein Stück Zeitgeschichte zurück
Oldenburg. (eb) Schriftstücke, Bilder, Kunst und Erinnerungen – alles dies hilft uns und der Nachwelt, Erlebtes zu bewahren und sich der Vergangenheit zu vergegenwärtigen. So ist es nicht nur aus Sicht von Jörg Wehrend, dem Leiter des Arbeitskreises Stadtarchiv, ein großes Geschenk für die Stadt Oldenburg, dass mit dem ersten Teilankauf aus dem Nachlass des deutschen Soldaten und Malers Max Grunwald eine Bildersammlung in den Besitz der Stadt Oldenburg übergeht, in der die unmittelbare Nachkriegszeit im damaligen Kral bildlich mit einfachen Materialien wie Tusche, Papier und Pappe festgehalten wurde. „Die Bilder sind ein wichtiges Zeitzeugnis, gerade auch weil in unmittelbarer Nachkriegszeit um 1945 einige Lücken in unserem Stadtarchiv vorliegen“, äußerte sich Jörg Wehrend zur offiziellen Übergabe am 28. Oktober im Ratssaal des Oldenburger Rathauses dankbar und führte mit einigen Aussagen die damaligen Lebensumstände im britischen Sperrgebiet, in dem zwischen Kiel und Neustadt über 750.000 Soldaten als Kriegsgefangene und gut 250.000 Flüchtlinge lebten, vor Augen. Festgehalten hat Grunwald dabei während seiner Kriegsgefangenschaft in Putlos vor allem die Landschaft um Oldenburg und auch landwirtschaftliche Nutztiere wie Kühe auf der Weide. „Die Gegend war damals vorwiegend geprägt durch Landwirtschaft und Oldenburg ist auf vielen Bildern sehr gut als Hintergrundmotiv in seiner noch heute vorhandenen Struktur erkennbar“, beschrieb Heike Müller seitens der KulTour Oldenburg in Holstein gGmbH die Motivwahl der Bilder in ihrer Bedeutung für den Ankauf und auch Oldenburgs Bürgermeister zeigte sich erfreut über den gelungenen Übergang der Bilder aus dem Besitz einer Berliner Kirchengemeinde. „Als Stadt Oldenburg danken wir allen, die den Kauf angebahnt haben und an dessen Gelingen beteiligt waren. Ein besonderer Dank gilt hier der Unterstützung durch die Fielmann AG mit der es gelungen ist, einen Teil der Sammlung für die Stadt Oldenburg in Holstein anzukaufen und somit ein Stück Zeitgeschichte unserer Stadt zu sichern. Denn im Allgemeinen verfügt der städtische Haushalt nicht über Mittel zum Ankauf von Kunst. Dieses Stück Zeitgeschichte soll aber keinesfalls im Archiv verschlossen bleiben und so planen wir auch eine Ausstellung, wahrscheinlich in 2023“, führte Jörg Saba aus. Für die Firma Fielmann war Oldenburgs Niederlassungsleiterin Andrea Herkelmann vor Ort, die zur Entstehungszeit der Bilder auch noch ein paar persönliche Eindrücke beisteuern konnte. So war ihr Großvater als Kriegsgefangener im Kral untergebracht und fand als Knecht in Oldenburg eine Anstellung. Mit dem späteren wirtschaftlichen Aufschwung lockte dann eine besser bezahlte Anstellung in Frankfurt und so blieb für die Enkelin der Kontakt nach Oldenburg nur in Form von Urlauben bestehen, ebenso wie der Wunsch den Lebensmittelpunkt mit erfolgender Berufswahl wieder nach Ostholstein zu verlegen. Verwirklichen konnte Frau Herkelmann dieses Ziel mit ihrer Ausbildung in der Fielmann Filiale in Lütjenburg und ihrem späteren Wechsel nach Oldenburg, wo sie nunmehr seit vielen Jahren als Niederlassungsleiterin tätig ist. Ein herzlicher Dank wurde auch Herrn Ernst Wolfgang Nieschalk ausgesprochen, der als Geschäftsführer der Galerie Waidmannslust in Berlin mit dem Nachlass von Max Grunwald befasst ist. Dabei handelt es sich neben zahlreichen Bildern auch um private Briefwechsel mit Freunden und Familienmitgliedern, die aus Privatbesitz zum Evangelischen Landeskirchlichen Archiv in Berlin und von dort im November 2014 zum Landesarchiv Berlin wechselten. „Max Grunwald war ausgebildeter Bühnenmaler und als Künstler von Max Slevogt persönlich gefördert. Als gläubiger Christ gründete er 1934 zusammen mit anderen die Bekennende Kirche in Wittenau, um gegen die den Nazis ergebene offizielle Kirche zu protestieren. Damit einhergehend veranstaltete er während der NS-Zeit im Wohnzimmer seines Privathauses in Alt-Wittenau auch in kleinem Kreis Gottesdienste mit oppositionellen Christen. Diese Zeit, voller Gefahren und Ängste prägten schließlich auch seine Bilder und Darstellungen. Wegen seiner Altarmalerei und bizarren Figürlichkeit von Heiligendarstellungen wurde er gelegentlich in den religiösen Bereich gedrängt und Aktdarstellungen oder die Landschaftsmalerei wurden düsterer und melancholisch in Erinnerung an den 1. Weltkrieg und Vorahnung einer heraufziehenden Tragödie. Aber bereits zu Kriegsende keimt wieder Hoffnung, die Bilder wirken farbenfroh und lichtdurchflutet. Letztendlich bilden über 800 Werke einen Nachlass, den Max Grunwald mit seinem Tod am 19. Mai 1960 seiner Tochter Christiane hinterlässt“, informierte Wolfgang Nieschalk. Und dass sich diese positive Darstellung in den Werken, die nun wieder in Oldenburg sind durchaus spiegelt, bestätigte auch Mirko Franck, Geschäftsführer der Kultour Oldenburg in Holstein gGmbH.